Alexandra Tischel: Affen wie wir – Was die Literatur über uns und unsere nächsten Verwandten erzählt (Buch)

Alexandra Tischel
Affen wie wir – Was die Literatur über uns und unsere nächsten Verwandten erzählt
Metzler, 2018, Hardcover, 218 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-476-04599-7 (incl. eBook)

Rezension von Irene Salzmann

Auch wenn immer noch der Spruch „Der Mensch stammt vom Affen ab“ gern bemüht wird, weiß doch jeder durch die Darwinsche Evolutionstheorie, dass es zwar einen gemeinsamen Stamm gibt, sich aber die diversen Affenarten und der Mensch unterschiedlich entwickelt haben.

Je nach Ära und persönlicher Einstellung wurde der Affe entweder als Zerrbild des Menschen und als böse, verschlagene Bestie erachtet oder als der natürliche, zivilisatorisch unverdorbene und daher bessere Mensch. Unabhängig von dieser Sichtweise wird der Frage nachgegangen, was den Mensch über den Affen und andere Tiere erhebt, was genau den Mensch zum Mensch macht.

 

Alexandra Tischel sucht nach Antworten in der Literatur, wartet mit verschiedenen Beispielen auf, überlässt es jedoch dem Leser, anhand dieser eigene Schlussfolgerungen anzustellen. Sie zitiert mehr oder minder bekannte Autoren, die den Affen entweder als eine ‚Veräffung‘ des Menschen betrachten oder als Spiegelbild für die menschliche Verderbtheit, die dem Affen fremd ist. Die Zusammenfassungen wirklich grundverschiedener Bücher und Dokumentationen lesen sich interessant bis schaurig, und die jeweiligen Autoren liefern teilweise Begründungen für ihre Ansichten, die überlegenswert sind.

So zieht zum Beispiel der schottische Schriftsteller James Boswell im 18. Jahrhundert eine Linie zwischen Mensch und Tier durch den Umstand, dass Letztere nicht kochen können. Allerdings sind Affen fähig, durch Nachahmung gewisse Fertigkeiten zu erlernen und Werkzeuge zu benutzen, was der Maler Abraham Hondius 1670 in seinem Bild „Der Affe und die Katze“ thematisiert, ein Motiv, auf das sich der Spruch „die Kastanien aus dem Feuer holen“ bezieht.

Der Philosoph und Schriftsteller Voltaire beschreibt 1759 in seinem Roman „Candide“ die Erlebnisse eines jungen Mannes, der zwei junge Frauen vor aggressiven Affen retten will und danach erfährt, dass diese die Beschützer und Liebhaber der beiden waren. Der Däne Peter Høeg erzählt 1996 in „Die Frau und der Affe“ ebenfalls von der Liebe, die sich zwischen den Titelfiguren entwickelt, wobei jedoch das ungewöhnliche und intelligente Tier vermenschlicht wird, mit Anspielungen auf diverse Romane inklusive.

Es gibt noch zahlreiche weitere Autoren wie Wilhelm Raabe, E. T. A. Hoffmann und Edgar Allen Poe, die zitiert werden, ferner wissenschaftliche Dokumentationen, die Kreuzungsversuche belegen, um herauszufinden, wie nahe Mensch und Affe tatsächlich verwandt sind, oder als Grundlage für einen Spannungsroman über die Verhaltensforschung dienen.

Diese Aufzählung ließe sich weiter fortsetzen, doch soll den Lesern noch die eine oder andere Überraschung erhalten bleiben.


In dem Band geht es nicht darum, wissenschaftliche Erkenntnisse zu untermauern, sondern das Bild des Menschen und des Affen im Vergleich wiederzugeben, wie es mehr oder minder namhafte Autoren seit der Antike schriftlich festgehalten haben. Die Texte stellen auch nicht Sodomie, Horror-Phantasien, (sozial-) darwinistische Theorien oder was auch immer in den Mittelpunkt, sondern greifen den künstlerischen Aspekt und die vielfältigen Meinungen und Deutungen auf, die wohl jedem in diesem Umfang bislang unbekannt waren. Letztendlich werden keinem Leser dieses Buchs die eigenen Ansichten zu dem Thema in Abrede gestellt.