Das Schwarze Auge 111: Eiswolf, Linda Budinger (Buch)

Das Schwarze Auge 111
Eiswolf
Linda Budinger
Titelillustration von Alan Lathwell
Karte von Ralf Hlawatsch
FanPro, 2009, Taschenbuch, 346 Seiten, 9,00 EUR, ISBN 978-3-89064-248-2

Christel Scheja

Linda Budinger ist für die regelmäßigen Leser der „DSA“-Reihe mit Romanen aus Aventurien, der Welt des Schwarzen Auges, keine Unbekannte mehr. Bereits in ihren Romanen „Der Geisterwolf“ und „Goldener Wolf“ besuchte sie den eisigen Norden der Rollenspielwelt. Auch „Eiswolf“, ihr dritter Roman, ist wieder an der Grenze zum und im Ewigen Eis angesiedelt, hat allerdings keine Verbindung mehr zu ihren beiden ersten Werken.

Tjulf Resken ist ein Wundarzt, der sich mehr schlecht als recht in Paavi durchschlägt und nach einer Geburt, bei der er zwar das Kind retten kann, nicht aber die Mutter, wieder einmal am Boden zerstört ist und sich fragt, wie er hier eigentlich weitermachen kann und soll. Da kommt es ihm gerade recht, dass ihm die Hesinde-Geweihte Jettjala anbietet, ihre Expedition in die Klirrfrostwüste als Medicus zu begleiten. Dort will sie ein lange verschollenes schwarzes Auge aufspüren, damit es nicht den Dienern des Bösen in die Hände fällt. Da der junge Mann ohnehin keine Bindungen hat, nimmt er an und findet sich schon bald an Bord der Firunswoge wieder, wo er auch die anderen Angehörigen der Gruppe besser kennen lernt: den Magier Magus Estikan, Nurmjo, einen weitgereisten Nivesen, der als Führer durch die Eisöde dienen wird, weitere Jäger und Söldner. Zunächst scheint alles glatt zu gehen, denn die Reise auf dem offenen Meer verläuft ohne nennenswerte Zwischenfälle. Erst als man anlanden will, geschieht das Unglück: Das Schiff wird zerstört, und nur wenige Überlebende, unter ihnen die Expeditionsteilnehmer, können sich an Land retten. Trotz dieses düsteren Omens lässt sich die Hesinde-Geweihte nicht beirren. Jettjala will das Auge um jeden Preis finden und beginnt die Reise in die Klirrfrostwüste. Doch dann verlieren immer wieder Angehörige der Schicksalsgemeinschaft ihr Leben durch unerklärliche Zwischenfälle. Misstrauen und Argwohn machen sich breit und spalten die Expedition. Schließlich gerät Tjulf in den Verdacht, Schuld an allem zu sein. Der junge Medicus fällt aus allen Wolken und beteuert seine Unschuld, aber vergebens. Er wird schließlich zum Sterben in die Klirrfrostwüste vertrieben ...

In ihrem dritten „DSA“-Roman bleibt Linda Budinger erneut dem Norden verbunden, wenngleich auch diesmal nicht die Mythologie und Kultur der Nivesen ein zentrales Thema der Geschichte ist sondern die Geheimnisse, die die eisigen Einöden noch bergen. Dabei geht es weniger um die magischen Hinterlassenschaften, die nur das Ziel sind, als den alltäglichen Kampf ums Überleben, den auch Polarforscher auf sich nehmen. Man merkt zwar, dass die Autorin dafür sehr aufmerksam recherchiert hat, sie vergisst aber auch nicht, darüber eine spannende Geschichte zu erzählen und macht deshalb Abstriche in den Details der Bedrohungen durch Kälte und Entbehrungen. Die Handlung ist sehr abwechslungsreich gestaltet. Immer wieder lernt man die Helden durch kleine Begebenheiten besser kennen, so dass man an ihrem Schicksal Anteil nimmt. Es geht die meiste Zeit nicht gerade magisch sondern eher abenteuerlich zu, aber die Mischung ist dennoch ausgewogen genug, um auch die zu fesseln, denen es nicht so ganz um Action geht.

Interessant ist auch die in Zwischenkapiteln eingeflochtene „Firnelfennovelle“. Man ahnt, dass sie ebenfalls eine Bedeutung für die Geschehnisse hat – welche enthüllt sich aber erst, als die Autorin die Fäden zusammenführt und damit eine plausible Erklärung für das liefert, was in der Gegenwart passiert ist. Das gibt der Geschichte ein rundes Ende, das keine Fragen offen und den Leser zufrieden zurück lässt.

Wie immer ist der Roman auch ohne Kenntnis des Rollenspiels gut lesbar, denn die für die Handlung wichtigen Details werden in dieser erklärt oder bieten einfach nur stimmungsvolles Ambiente. „DSA“-Fans kommen aber auch nicht zu kurz, da immer wieder kleine Hinweise und Andeutungen eingeflochten werden.

Alles in allem ist „Eiswolf“ einer der guten Romane der Reihe, der nicht nur Spieler des „Schwarzen Auges“ anspricht, sondern auch alle normalen Fantasy-Leser, die Spaß an einer abenteuerlichen Geschichte vor exotischer Kulisse haben, in der sich Action, Charakterentwicklung und stimmungsvolle Beschreibungen die Waage halten.