Domino 1 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 07. April 2019 11:34
Gail Simone
Domino 1
Domino (2018) 1-6, 2018)
Übersetzung: Carolin Hidalgo
Titelbild: Greg Land
Zeichnungen: David Baldeón, Anthony Piper u.a.
Panini, 2019, Paperback, 140 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7416-1187-2
Rezension von Irene Salzmann
Domino alias Neena Thurman wurde von Fabian Nicieza und Rob Liefeld erschaffen. Sie tauchte zum ersten Mal in „New Mutants“ 98 (1991) auf, allerdings verkörpert von der Gestaltwandlerin Copycat alias Vanessa Carlysle, bevor sie 1992 in „X-Force“ 8 (Cameo-/Kurzauftritt) beziehungsweise „X-Force“ 11 persönlich in Erscheinung trat.
Ähnlich wie bei Wolverine, Maverick, Deadpool, Rogue und einigen anderen macht man ein großes Geheimnis um ihren wahren Namen und ihre Herkunft. Was man zu wissen glaubt, wird immer wieder infrage gestellt oder/und durch neue Informationen egalisiert. Sicher scheint zu sein, dass eine Organisation Neena bereits im Kindesalter als Mutantin identifizierte und ihre Fähigkeit trainieren wollte, um sie später für ihre Zwecke als Waffe zu benutzen.
Sie schaffte es, die Torturen zu überleben und ihren Peinigern zu entkommen. Später verdingte sie sich als Söldnerin, war zeitweilig Mitglied von X-Force, X-Men, Six Pack und anderen Gruppen. Sie ist eine trainierte Kämpferin, die sich mit und ohne Waffen zu verteidigen weiß und Scharfschützin. Als Mutantin ist sie in der Lage, die Wahrscheinlichkeiten zu beeinflussen, wenn auch unkontrolliert, so dass sie für Außenstehende unglaubliches Glück zu haben scheint. Nur wenige wissen, dass der Preis dafür mit Verletzungen oder Kollateralschäden bezahlt wird (hier erkennt man eine weitere Parallel zu Rogue, die sich das Wissen und die Gaben anderer durch Hautkontakt aneignet, aber nicht [mehr] beeinflussen kann, ob und wie viel sie davon absorbiert).
Aktuell lässt sich Domino wieder als Söldnerin anheuern, wobei ihr Outlaw alias Inez Temple und Diamondbach alias Rachel Leighton zur Seite stehen. Die drei nennen sich ‚The Posse‘. Diamondback hatte ihren ersten Auftritt in „Captain America“ 310 (1985) als Mitglied der Serpent Society. Als sie sich in Captain America verliebte, wechselte sie die Seiten, arbeitete unter anderem für S.H.I.E.L.D., kam aber auch wieder auf Abwegen, bis sie sich The Posse anschloss. Outlaw war das erste Mal in „Deadpool“ 65 (2002) zu sehen und gehörte nach „M-Day“ zu den 198 Mutanten, die ihre Kräfte nicht verloren hatten und im Xavier-Institut Schutz suchten. Sie hatte eine kurze Beziehung mit Deadpool und ist mit Magma befreundet.
Nach einem Auftrag, bei dem Einiges schiefging, wird die unnahbare und kühle Domino von ihren Freundinnen Diamondback und Outlaw mit einer Geburtstagsparty überrascht, zu der so ziemlich jeder erschienen ist, der sie kennt (und noch lebt), eine Beziehung zu ihr hatte oder es aus anderen Gründen schaffte, auf ihrer Quasi-Freunde-Liste zu landen.
Die Feier wird jäh unterbrochen als zwei nicht geladene Gäste erscheinen und Domino aus dem Fenster ihrer in einem Hochhaus befindlichen Wohnung in San Francisco werfen - nachdem ihre Mutantenkraft ausgeschaltet worden war. Während sich Dominos Freunde der Eindringlinge annehmen, die sich prompt in Sicherheit teleportieren, kehrt das Glück zurück, weil man sie offenbar noch braucht, und Spider-Man fängt den Sturz ab.
Das Leben geht somit weiter, und ein neuer Auftrag wird an The Posse und zwei Freunde, Adelbert und Amadeus Cho alias Hulk, herangetragen. Auch diese Mission läuft nicht so wie geplant, und wieder tauchen Topaz und ein verjüngter Prototype auf, die durchblicken lassen, dass sie es auf Domino abgesehen haben und ihr schaden wollen, indem sie die Menschen töten, die ihr wichtig sind, denn immer wenn es ihr schlecht geht, geht es Prototype umso besser. Gleich darauf explodiert das kleine Boot, in dem Dominos Kameraden auf sie warten.
Zwar kommen alle noch einmal davon, aber Domino ahnt, dass sich ein Maulwurf in ihren kleinen Kreis eingeschlichen hat, denn es gab praktisch niemanden, der über ihre Aufträge informiert war. Infolgedessen beschließt sie, alleine Hilfe zu suchen, um ein Mittel zu finden, dass Topaz ihre Kräfte nicht länger manipulieren kann. Unterstützung findet sie bei Shang-Chi, und zwischen beiden knistert es gewaltig, doch der Flirt wird von den Feinden des Kung-Fu-Masters gestört, die auf Domino angesetzt wurden.
Derweil recherchieren Diamondback und Outlaw auf eigene Faust, sehr wohl wissend, warum sie von ihrer Freundin zurückgelassen wurden. Die Begegnung mit Topaz und Prototype ist verheerend, aber sie fügen den beiden ebenfalls erheblichen Schaden zu, so dass schließlich der ganze Hass von Topaz über Domino hereinbricht, die sich nun auch um Shang-Chi sorgen muss.
Schon wenn man das Backcover sieht, spätestens aber beim Analysieren der Figuren-onstellation, denkt man bei dieser „Domino“-Reihe (es gab bereits einige Mini-Serien) sofort an J. Scott Campbells und Andy Hartnells „Danger Girl“ (1998). Domino ist die zentrale Figur mit besonderen Fähigkeiten, die die Kastanien aus dem Feuer holen muss, wie Abbey Chase. Die kapriziöse Diamondback, die keine Mutantengaben benötigt, ähnelt Sydney Savage, die eher unorthodoxe Methoden einsetzt, um ihre Angreifer auszuschalten. Bleibt für Outlaw nur noch die kampferprobte Natalia Kassle, die als Feind in den eigenen Reihen entlarvt wurde. Trifft das auch auf Outlaw zu oder auf…? Einige Überraschungen möchte man nicht vorwegnehmen.
Es gelingt Topaz und Prototype, Domino Angst zu machen, nicht nur um sich, sondern vor allem um ihre Freunde. Es dauert eine ganze Weile, bis sie die Puzzle-Stücke zusammenfügt und herausfindet, dass sie und ihre Verfolger eine gemeinsame Vergangenheit haben. Sie bietet an, den Kampf ruhen zu lassen und das Schreckliche zusammen zu verarbeiten, aber der Hass der beiden ist zu stark.
Um ihr fragiles Glück wieder selbst bestimmen zu können, lässt sich Domino von Shang-Chi unterweisen. Sie ist fasziniert von ihm, und sie sind dabei, einander näherzukommen. Doch es sieht ganz danach aus, dass jemand, der viel Glück hat, dafür Pech in der Liebe erleidet, dass die Prinzessin ihren Prinzen nicht bekommen wird. Zu verschieden sind die beiden (obwohl sie gut zueinander passen würden), und es passieren Dinge, die eine Hürde hochziehen.
Gail Simones Domino ist nicht die gnadenlose, zynische Söldnerin und selbstbewusste Frau, wie sie von dem Team Nicieza/Liefeld entworfen und von ihren Nachfolgern noch eine ganze Weile gezeichnet wurde. In dieser Serie ist das lediglich ihre schützende Hülle, unter der sich ein sehr weicher Kern verbirgt. Domino liebt ihre Freundinnen und all die Menschen, mit denen das Schicksal sie zusammenführte - und sie möchte jeden von ihnen beschützen, koste es, was es wolle; selbst das eigene Seelenheil ist ihr als Preis nicht zu hoch. Diesen wunden Punkt macht sich der Gegner zunutze, treibt Domino dadurch an den Rand des Zusammenbruchs und fordert dadurch letztendlich ihre Kompromisslosigkeit und Bereitschaft zu töten heraus,
Optisch hat Domino schon so manchen Wandel erfahren, Frisur und Outfit betreffend. Selten war sie in ziviler Kleidung zu sehen, und was David Baldeón sich hier ausdachte, lässt an Yana Tobosos Manga-Serie „Black Butler“ denken, insbesondere an die Titelfigur Sebaastian Michaelis, was noch durch die Grimassen unterstützt wird, die Domino ständig zieht. Die Zeichnungen sind zwar ganz ordentlich, doch die Cover-Art (Greg Land, J. Scott Campbell [!], Greg Horn, Rob Liefeld etc.) ist sehr viel gefälliger und weckt Erwartungen, die leider nicht ganz erfüllt werden.
Dennoch ist die Serie packend, der Charakter fasziniert, und man wünscht sich, Domino öfters zu sehen, auch als Team-Player mit den X-Men und anderen Marvel-Heroen.