Der Vampir von Benares 1: Die Bestien der Nacht (Comic)

Der Vampir von Benares 1
Die Bestien der Nacht
(Le Vampire de Bénarès I – Les Vêtes de la Nuit)
Szenario & Artwork: Georges Bess
Übersetzung: Marcel Le Comte
Ehapa, 2012, Hardcover, 48 Seiten, 13,99 EUR, ISBN 978-3-7704-3545-6

Rezension von Elmar Huber

Der Reporter Mircéa J. Sprout kommt nach Benares, Indien, um sich dort mit seinem Mentor und Beinahe-Schwiegervater Deepak zu treffen, der lediglich die Andeutung von einer Riesenstory gemacht hat. Kurz bevor Sprout den Treffpunkt, ein Teehaus, erreicht, wird das Gebäude Ziel eines Attentats. Doch weder ist Deepak unter den Toten noch im Krankenhaus, in das die Verletzten gebracht wurden.

Inzwischen treffen auch Deepaks Tochter Anji und ihr Kollege Gopal, ebenfalls Journalisten, in Benares ein. Gemeinsam versucht das Trio, eine Spur aufzunehmen. Vor seinem Verschwinden stelle Deepak Recherchen zu dem Serienmörder Truffy an, ein Brite, der für mehr als ein Dutzend Todesfälle in Benares verantwortlich sein soll. Da er das Blut seiner Opfer getrunken hat, nennt man ihn den „Vampir von Benares“. Als die Journalisten den den schmächtigen Truffy in seiner Zelle sehen, kommen ihnen Zweifel, dass dieser Mann in der Lage gewesen sein soll, über dreißig Opfer zu überwältigen. Eine Einschätzung, die der Gerichtsmediziner teilt.

Ein geheimnisvolles Artefakt aus Deepaks Besitz eröffnet eine Verbindung zur Dämonenwelt Indiens, während Gopal herausfindet, dass es über viele Jahre verteilt immer wieder unaufgeklärte Morde mit ausgebluteten Opfern gab, die sich um die großen indischen Feste herum konzentrieren.


Ziemlich schnell entfernt sich „Der Vampir von Benares“ von dem, was man spontan erwartet. Dabei scheint man auf den ersten Seiten tatsächlich Zeuge von Truffys Vampirwerdung zu sein. Doch rasch wechselt der Fokus der Erzählung zu dem Journalisten Mircéa Sprout, der dem Verschwinden seines Schwiegervaters und Mentors auf die Spur kommen will, und natürlich der Geschichte, die dieser in Arbeit hatte. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass Deepaks Verschwinden etwas mit seinen Recherchen zu tun hat. Die Aufzeichnungen des alten Reporters führt die Gruppe um Sprout zu dem Serienmörder Truffy, und es scheint, als war Deepak nicht von der alleinigen Schuld des Briten überzeugt. Um mehr herauszufinden folgen Mircéa, Anji und Gopal dem Weg, den auch Deepak gegangen ist.

Der Aufbau der Geschichte ist also bekannt und sorgt von Anfang an für eine gewisse Spannung. Es ist davon auszugehen, dass das Verschwinden Deepaks mit seinen Recherchen in Zusammenhang steht und dass unsere drei Helden bei ihren Nachforschungen diesen Punkt ebenfalls erreichen werden.

Der Schauplatz Indien und vor allem die Stadt Benares verströmen ein exotisches Flair, das „Der Vampir von Benares“ angenehm von sonstigen Blutsauger-Geschichten europäischer oder amerikanischer Couleur abhebt. Hier muss man durchaus mit einigen Unbekannten rechnen, sei es nun die Mentalität der Einheimischen oder die fremdartige Glaubenswelt mit ihren heidnischen Figuren, die in dem Fall durchaus eine Rolle spielen mögen. Auch die Konstruktion der Geschichte nach dem Muster eines Krimis gefällt. Plötzlich schlägt die Ermittlungsarbeit der Journalisten einen Weg hin zum Übernatürlichen ein. Entsprechend endet der Band auch mit einem ersten, fiebrigen Höhepunkt, nach dem Mircéa alles in Frage stellen muss, was er zu wissen oder zu vermuten glaubt.

Die Zeichnungen von Altmeister Georges Bess („Das weisse Lama“, „Juan Solo“, beide mit Autor Alejandro Jodorowsky) sind dazu mehr als passend. Eine Mischung zwischen Akkuratesse und fiebriger Linienführung mit gezielt eingesetzten, dezenten Übertreibungen von Körper- und Gesichtsformen. Dazu, besonders in den Nachtszenen, harte Schattenflächen wie von Mike Mignola.

Der unübliche Schauplatz verleiht diesem dicht erzählten Horror-Thriller exotischen Reiz. Man darf auf die Fortsetzung gespannt sein.