Summer of 84 (DVD)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 12. Februar 2019 19:16
Summer of 84
Kanada/USA 2018, Regie: RKSS (François Simard, Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell), mit Graham Verchere, Judah Lewis, Caleb Emery u.a.
Rezension von Elmar Huber
Ein Serienkiller, der sich auf Teenager spezialisiert hat, macht Cape May unsicher. Im Keller seines Nachbarn Wayne Mackey will Zeitungsjunge Davey einige merkwürdige Dinge entdeckt haben, die ihn glauben lassen, dass der Cop der Cape-May-Killer ist. Daveys Freunde Tommy, Woody und Curtis sind von der Meldung elektrisiert, und zwischen Baumhaussitzungen und Spannen bei der schönen Nachbarin entwerfen sie einen Plan, Mackey zu beschatten und Beweise für seine Täterschaft zu finden.
Horror und die 80er, das scheint gut zu passen. Ti Wests „The House of the Devil“, “The Void” und natürlich die Serie „Stranger Things“ lieferten in den letzten Jahren einige schöne Beispiele für diesen Retro-Trend. Auch der aktuelle „The Strangers - Opfernacht“ verbreitet dezentes 80er-Flair, von den laufenden und anstehenden Halloween- und Stephen-King-Remakes („Carrie“, „Es“, „Friedhof der Kuscheltiere“) einmal ganz abgesehen.
Auch „Summer of 84“ schlägt in diese Kerbe, ist aber, das sollte man vorwegnehmen, kein Horror- oder Slasher-Streifen, wie es das Cover-Motiv suggeriert. Ganz klar steht der Thrill im Mittelpunkt, der sich aus der Beschattung und Verfolgung… ergibt, den Theorien, die zu seinen Aktivitäten gesponnen werden und der Notwendigkeit, dass die Eltern nichts davon mitbekommen.
Aufgrund des Alters der ‚Helden‘ sollte der Film natürlich bei jüngeren Zuschauern funktionieren; wahrscheinlich tut er das aber noch besser bei den Älteren (40+), die wirklich in den 80ern Teens waren und ‚Walkmänner‘, BMX-Räder und CB-Funkgeräte live erlebt haben. Auch die Zusammenstellung der Clique ist nahezu klassisch: der Dicke, der Streber, der Draufgänger und der ‚Normalo‘, der jeder der männliche Zuschauer gern wäre, vor allem weil seine wenige Jahre ältere Nachbarin und Ex-Babysitterin nachts durch sein Fenster bei ihm einsteigt, nachdem sie ihn beim Spannen erwischt hat.
Das sich hieraus auch einige sehr rührende Momente ergeben, wenn zum Beispiel der Draufgänger beim Streber übernachten will, da seine Eltern wieder andauernd streiten, spricht für die Fingerfertigkeit der Drehbuchschreiber und des Regiekollektivs RKSS. So funktioniert der Film auch sehr gut über die Dynamik der Figuren untereinander und nicht ausschließlich über die ‚Jagd‘ nach dem Killer. Jeder der Jungen hat seine eigene Geschichte.
Darüberhinaus ist der Film ein gutes Beispiel, wie der Zuschauer durch die Erzähl-Art und filmischen ‚Tricks‘ (eine ungewöhnlich lange Einstellung auf Mackeys unbewegtem Gesicht) manipuliert werden kann. Denn bei Licht betrachtet ist der Cop ein netter Kerl, der sich nichts zu Schulden kommen lässt, der einem geregelten Tagesablauf nachgeht, sich ehrenamtlich für gute Zwecke einsetzt und den Nachbarskindern gerne mal eine Limo spendiert.
Der Zuschauer weiß nie mehr als Davey und seine Clique; und bis zum Schluss bleibt unklar, ob Mackey tatsächlich der Cape-May-Killer ist oder ob in dem Bemühen, die Sommerferien weniger eintönig zu gestalten, die Phantasie mit den jungen Helden durchgeht. Zum Finale hin werden nochmals alle Register gezogen, das Ende ist intensiv und für keine Partei ein ‚Sieg‘. Sehr gut kann man sich eine Fortsetzung vorstellen, die dann in den 90ern spielt.
Das Casting ist durch die Bank hervorragend, vor allem das Helden-Quartett, aber auch Rich Sommer liefert eine tolle Kontrastdarstellung zu seiner „Mad Men“-Rolle. Der Zuckerguss ist der großartige Synthesizer-Score - die Musiker von Le Matos nennen als Vorbilder Vangelis, John Carpenter, Tangerine Dream, Shuki Levy und Goblin - sowie einige Insider-Szenen (die Szene, in der Bananaramas Hit „Cruel-Summer“ läuft hat beispielsweise ihre Entsprechung in „Karate-Kid“), die von RKSS eingestreut wurden.
Neben den Veröffentlichungen in normalen DVD- und BD-Verpackungen ist die Scheibe auch in einer limitierten und nummerierten Retro-Edition im VHS-Look erhältlich (1984 Stück), die beide Versionen beinhaltet, sowie den Soundtrack auf CD, Booklet, Poster, Anstecker und Aushangfotos.
Genialer 80er Retro-Thriller, der sich vor seinen Vorbildern - „Stand By Me“, „Die Goonies“ - in keiner Weise verstecken muss.
DVD-Facts:
Bild: 2,39:1 (16:9 anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, deutsch dts, englisch Dolby Digital 5.1, Audiokommentar Dolby Digital 2.0 Stereo
Untertitel: Englisch für Hörgeschädigte
DVD-Extras:
Audiokommentar, Outtakes