Doris E. M. Bulenda: Der Dämon und das Bauernmädchen (Buch)

Doris E. M. Bulenda
Der Dämon und das Bauernmädchen
Blue Panther Books, 2018, Taschenbuch, 284 Seiten, 9,90 EUR, ISBN 978-3-86277-846-1 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Doris E. M. Bulenda schreibt bereits seit einigen Jahren phantastische Romane, überwiegend mit mehr oder weniger ausgeprägten erotischen Einlagen („Dämonenlady“, „Dämonische Lovestory“, „Höllentrip mit Luzifer“ und andere), und ist auch in diversen Anthologien mit Kurzgeschichten vertreten. „Der Dämon und das Bauernmädchen“ ist ihre erste Publikation bei Blue Panther Books.


Agnes, die Tochter eines wohlhabenden Bauern, und Hans, Sohn eines begüterten Krämers, lieben sich und möchten heiraten. Leider sind beider Eltern dagegen, denn als Städter sieht Hans‘ Familie auf die Menschen vom Land herab, und der Vater von Agnes befürchtet, dass er dem Mädchen eine hohe Mitgift geben muss, obwohl sie bloß einen buckligen Stotterer bekommt.

 

Um die Hochzeit zu erzwingen, will Agnes schwanger werden, aber es klappt nicht. Notgedrungen wenden sie sich wegen eines Wundertranks an einen Alchemisten, den die gebildete Agnes sofort als Scharlatan durchschaut. Dennoch gelingt es dem Alten, etwas Magie zu wirken, bloß erscheint kein „Engelein“, sondern ein Dämon, der das Mädchen packt und in seine Welt bringt.

Da Veh’r ihr nichts tut und sehr freundlich ist, fasst Agnes schnell Zutrauen und genießt es sogar, von einem Luxus umgeben zu sein, den sie von Zuhause nicht kennt, und mehr noch, wie der Dämon ihr Lust bereitet. Gern würde sie in seiner Welt bleiben, aber dafür sind Menschen nicht geschaffen, so dass sie sich erst für Jahre einem magischen Ritual unterziehen muss, das sie stärker und dämonischer macht. Agnes willigt ein und muss anschließend auf die Erde zurückkehren.

Dort hat inzwischen der Alchemist Hans ermordet, damit ihm dieser nicht die Inquisition auf den Hals hetzt, und das Gerücht gestreut, das Paar wäre durchgebrannt. Die Leiche verscharrte er mit Hilfe seines Freundes, dem Pfarrer. Indem Agnes den beiden die Lebenskraft entzieht, rächt sie ihren Hans und beginnt mit der Verwandlung in eine Dämonin.

Weil sie nun nicht mehr altert und stets neue Opfer braucht, die sie sich in der Gosse sucht, baut sie sich in immer anderen Städten neue Existenzen auf. Von Nutzen ist ihr dabei ein Geldbeutel, den ihr Veh’r geschenkt hat. In ihm findet sie stets Münzen, und wird er gestohlen, kehrt er zu ihr zurück. Ab und zu besucht sie ihren dämonischen Gebieter, zu dem sich schon bald ein zweiter dämonischer Gebieter, Ernae-nosth, gesellt.

Bald jedoch wird Agnes unvorsichtig, weil sie glaubt, dass niemand die Leichen in den umgebenden Straßen mit ihr in Verbindung bringen würde. Hinzu kommt, dass sie als Putzmacherin Kunden aus Adelskreisen bedient, die es ablehnen, ihre Rechnungen zu begleichen, was sie der einflussreichen Klientel nicht durchgehen lassen will. Die Warnungen von Veh’r und Ernae-nosth sowie einer Kollegin ignoriert sie. Prompt landet sie unter dem Vorwurf der Hexerei im Kerker und soll nach der Folter sterben.


Nicht immer erwartet den Leser eines erotischen Romans eine nachvollziehbare und spannende Handlung. Doris E. M. Bulenda ist es tatsächlich gelungen, aufeinander aufbauende Ereignisse zu mehr als bloß einem kargen Gerüst zu verweben, das die Liebesabenteuer der Protagonisten miteinander verknüpft. Immer wieder muss Agnes kritische Situationen überstehen, Neues lernen und sich weiterentwickeln.

Die Geschichte ist im mitteleuropäischen (deutschen) Spätmittelalter und zu Beginn der Neuzeit angesiedelt. Das Stichwort ‚Inquisition‘ erleichtert die zeitliche Einordnung. Die Menschen leben in einer Ständegesellschaft, in der ein Aufstieg kaum möglich ist. Kleiderordnungen verdeutlichen, welchen Rang jeder in der Hierarchie einnimmt. Daraus ergibt sich die Ablehnung der Eltern, Agnes und Hans heiraten zu lassen, denn jede der Familien ist stolz auf ihren Stand und das, was sie sich aus eigener Kraft aufgebaut haben.

Was daraufhin geschieht, ist die Folge dieser Regeln und der elterlichen Sturheit, denn das Einlenken kommt zu spät. Agnes lernt die Verlockungen der Dämonenwelt kennen und möchte ihr irdisches Dasein hinter sich lassen. Bis sie jedoch ganz bei Veh’r und Ernae-nosth bleiben kann, vergehen mehrere Jahre, in denen das Mädchen ein recht gutes Leben beziehungsweise eines, das ihr gefällt, führt. Sie muss nie in Armut leben dank des magischen Geldbeutels, eignet sich aber auch neue Fertigkeiten an und arbeitet für ihren Lebensunterhalt. Natürlich findet sie den einen oder anderen menschlichen Liebhaber, obschon sich keiner mit ihren dämonischen Gebietern messen kann.

Auch in der Dämonenwelt beschränkt sich Agnes‘ Leidenschaft nicht auf Veh’r und Ernae-nosth allein. Sie freundet sich mit der dämonischen Herrin Nt-rja an, die ihr viele gute Ratschläge erteilt und ihr aus so mancher Klemme hilft, da sie als Gefährtin des Oberdämons über große Macht verfügt. Dass es zwischen den beiden zu zärtlichen Momenten kommt, ist keine Überraschung, denn das Mädchen ist attraktiv und nimmt andere schnell für sich ein.

Allerdings begeht sie öfters Fehler, wird leichtsinnig, schlägt guten Rat in den Wind, verliebt sich sogar - wenig nachvollziehbar und eigentlich nur der Dramatik geschuldet - in einen Schurken, für den sie alles opfern will. So sehr Agnes auch ihren dämonischen Freunden vor den Kopf stößt, nun beweisen diese, wieviel ihnen an ihrer menschlichen und schon bald dämonischen Herrin liegt, indem sie sie trotz allem nicht fallen lassen und über sie wachen.

So sind sie letztendlich ‚die besseren Menschen‘, denn von Ihresgleichen wurde Agnes meist betrogen.

Gerade dieser Hintergrund gefällt. Freilich nimmt er nicht den gleichen Stellenwert ein wie die erotischen Szenen, aber er verbindet diese gelungen und sorgt dafür, dass die Liebesspiele mal auf der Erde, mal im Dämonenreich stattfinden und es zu Komplikationen zwischen den Beteiligten kommt, weniger aus Eifersucht als aus Sorge und Hingabe.

Sehr schön ist zudem, dass sich die Autorin auch Regeln für das Leben in der Dämonenwelt ausgedacht hat, die Agnes oft selbst erfassen muss, da ihr Veh’r nicht immer rechtzeitig alles erklären kann und darf. Sie ist allerdings aufmerksam und empathisch genug, um fast immer das Richtige zu sagen und zu tun, was ihr die Achtung der Dämonen einbringt, die anfangs skeptisch sind, weil Vehr’r schon mit anderen Erdenfrauen kein Glück gehabt hatte.

Die Beschreibungen der Liebesspiele lesen sich angenehm und von der Wortwahl her nicht zu deftig und derb. Es geht vor allem darum, Lust zu schenken und zu empfangen, den Partner zu erfreuen und alles für ihn zu tun, damit er den höchsten Genuss empfindet. Dass die Dämonen besser ausgestattet sind als Menschenmänner, versteht sich von selbst. Eine nette Idee sind auch die Luststacheln und Lustknospen.

Man ist wirklich erstaunt über die Details, die sich die Autorin hat einfallen lassen, sowohl für die Rahmenhandlung als auch für die erotischen ‚Sahnehäubchen‘. Flüssig spult sie ihre Handlung ab, ohne dass es zu Längen kommt.

Die Kritikpunkte halten sich in Grenzen:
Agnes soll zwar wie ein naives Bauernmädchen wirken, das im Vertrauen auf Gott - später eher auf sich selbst und ihre dämonischen Herren - alles hinnimmt, wie es kommt, und sich schnell mit jeder neuen Situation arrangiert. Sie kann lesen und schreiben, lernt sehr schnell und hebt sich dadurch doch zu sehr von der Masse ab. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Auch die Sprache, der sich die Protagonisten bedienen, ist nicht immer zeitgemäß und entspricht dann mehr gegenwärtigen Formulierungen („Verpisst euch endlich!“, S. 248).
Zudem sollte man Eigennamen mit s am Ende vermeiden, da sie im Genitiv nicht mit s dekliniert werden können und mit Apostroph oder auf -es endend geschrieben werden, was beim Lesen einen ‚kleinen Knoten‘ verursacht. Ferner dürfte nicht jeder der Ansicht sein, dass es notwendig ist, den Dämonen Zungenbrechernamen („Nt-hrath’an“) zu verleihen, die man sich kaum merken kann oder will, nur um diese Wesen exotisch erscheinen zu lassen.

Das Cover ist sehr ansehnlich mit dem sich küssenden Paar, wenngleich der Dämon nicht den Beschreibungen im Buch nahekommt und eher an Hugh Jackman als Wolverine erinnert.

In der Summe ist „Der Dämon und das Bauernmädchen“ ein erotischer Fantasy-Roman, der über einen glaubwürdigen Hintergrund nebst spannender Szenen verfügt und dadurch der Leserschaft mehr bietet als ein Buch, das mit austauschbaren Figuren und einer vernachlässigbaren Geschichte ausschließlich auf grafischen Sex in allen Varianten setzt. Doch was gefällt, ist Geschmackssache. Doris E. M. Bulenda versteht ihr Handwerk, sie schreibt sehr versiert und dürfte bei Blue Panther Books eine der Top-Autoren beziehungsweise -Autorinnen werden können.