Ellen Norten & Michael Siefener (Hrsg.): Daedalos 1994-2002 - Eine literarische Reise durch den „Story Reader für Phantastik“ (Buch)

Ellen Norten & Michael Siefener (Hrsg.)
Daedalos 1994-2002 - Eine literarische Reise durch den „Story Reader für Phantastik“
Titelbild: Peter Paul Rubens
p.machinery, 2018, Paperback, 316 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-95765-148-8 (auch als Hardcover erhältlich und als eBook in Vorbereitung)

Rezension von Carsten Kuhr

Man schrieb das Jahr 1994, als der Herausgeber und Autor Hubert Katzmarz beschloss, fürderhin zwei literarische Magazine zu publizieren. Während sich „Ikaros“ der allgemeinen Literatur verpflichtet sah, sollte „Deadalos“ dem Leser gehobene Phantastik kredenzen. Mit ins Boot holte Katzmarz seinen Freund Michael Siefener.

Mit der Nullnummer, die an Kunden des Verlags abgegeben wurde, erschienen über die Jahre dreizehn Ausgaben, die, liebevoll und mit viel Herzblut gestaltet, dem Leser ganz der Absicht folgend, herausragende Kurzgeschichten zumeist der dunklen Phantastik anboten. Illustriert wurden die Beiträge in der Regel durch klassische Zeichnungen und Stiche großer Maler, die jeweils zum Text passend gesucht und gefunden wurden.

Mittlerweile sind die in Handarbeit gefertigten Magazine antiquarisch kaum mehr zu bekommen; tauchen sie einmal auf, so erzielen diese auf den gängigen Internetplattformen hohe Erlöse. Auch ein Beweis dafür, dass es den Herausgebern gelang, stilistisch wie inhaltlich herausragende, zeitlose Geschichten zu finden.

Ellen Norten, die als Witwe Katzmarz’ dessen literarischen Nachlass verwaltet, und Michael Siefener entschlossen sich nun, eine Auswahl der besten Beiträge des Magazins aufzulegen. Im Verlag p.machinery, in dem schon das Werk Katzmarz’ in zwei Bänden publiziert wurde, fand man den passenden Partner, der eine solche Mammutaufgabe zu stemmen bereit war.

Ähnlich, wie bei dem ebenfalls vom Format her ungewöhnlichen „Die Stille nach dem Ton“ entschloss man sich auch vorliegend ein ungewöhnlich hochformatiges Buch zu produzieren.

Den Vorlagen des Magazins folgend, wurden die Texte auch vorliegend im Spaltensatz gesetzt und mit den wunderbaren Illustrationen der alten Meister versehen.


Inhaltlich wartet ein wahres Füllhorn an beeindruckenden Geschichten auf den Rezipienten. Unter den Verfassern tummelt sich alles, was Rang und Namen hat. Von Eddie M. Angerhuber über Christian von Aster, Uwe Voehl, Malte S. Sembten bis Jörg Weigand, um nur ein paar zu nennen, reicht die Palette - und ein jeder Beitrag überzeugt auf seine ganz eigene Weise. Es sind Geschichten dabei, die an bekannte Klassiker angelehnt sind, dann wieder Erzählungen, die Ungewöhnliches miteinander verbinden (Western mit der horror-lastigen Geschichte eines hungrigen Gottes). Es geht in Städte, die ihre Geheimnisse haben, um das Leben nach dem Tod, um Sterben und Leiden. Immer wiederkehrendes Motiv ist auch die Beschäftigung mit dem Ableben, ob und was nach dem Tod kommt. Insgesamt vier Beiträge sind der Science Fiction zuzuordnen, eine davon gar eine rare Humoreske. Die anderen Erzählungen stammten aus dem Bereich der dunklen Phantastik.


Als Entdeckung nahm ich die beiden Geschichten aus der Feder von Dr. Marco Frenschkowski mit. Wusste ich natürlich schon bislang, dass Verfasser wie Angerhuber, Schulz-Sembten oder Siefener faszinierend zu schaudern wussten - sie alle publizieren fast oder gar nicht mehr, was ein Jammer ist - so war ich von den beiden Beiträgen Frenschkowskis als Neuentdeckung für mich begeistert. Wie mir der Autor verriet, soll in Kürze bei einem der Kleinverlage ein Sammelband mit seinen phantastischen Geschichten erscheinen.

Alles in allem liegt in diesem hochformatigen Buch, von dem auch eine limitierte Hardcover-Ausgabe existiert, ein Werk vor, das die Vielfalt des Magazins, aber auch seine Qualität bestens beweist. Für einen Jeden, der das Magazin verpasst hat, eine höchst willkommene Gelegenheit, tolle Geschichten und Autoren kennenzulernen.