Bernhard Hennen: Die Weiße Königin - Die Chroniken von Azuhr 2 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 06. Januar 2019 10:49
Bernhard Hennen
Die Weiße Königin
Die Chroniken von Azuhr 2
Tor, 2018, Paperback, 424 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-596-29999-7 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Christel Scheja
Bernhard Hennen scheut sich nicht, auch auf gängige Trends aufzuspringen und diesen eine eigene Facette hinzuzufügen. Das ist auch bei seiner neusten Trilogie „Die Chroniken von Azuhr“ der Fall, deren zweiter Band „Die Weiße Königin“ nun dafür sorgt, dass die Geschichte so richtig in Fahrt kommt.
Achtzehn Jahre vor den aktuellen Ereignissen treiben Intrigen die Angehörigen zweier Reiche dazu, folgenschwere Entscheidungen zu treffen. Aus Grausamkeit und unglücklicher Liebe heraus wird eine junge Frau geboren, die in der Gegenwart die Geschicke in der Hand zu halten glaubt. Allerdings kann auch sie nicht lenken, was den Krieg zwischen der Liga der Stadtstaaten und den Herzögen des Schwertwaldes betrifft. Letztere hoffen noch immer, dass die Weiße Königin zurückkommt und sie im Kampf unterstützen, der mit allen Mitteln geführt wird und bereits vielen Unschuldigen das Leben genommen hat.
Mittendrin stecken die Familienmitglieder der Familie Tormeno. Während Nandus, der Erzpriester, versucht die Macht seiner Kirche aufrecht zu erhalten und die Herzöge des Schwertwaldes in Schach zu halten - und dabei den Meisten wie ein von seinem Gott gesandter Bote vorkommt -, steht Milan immer noch zwischen den Fronten, denn er sieht, dass die Anführer beider Seiten nur eines im Sinn haben: ihren Machtbereich zu erweitern, egal um welchen Preis.
Dennoch hat er sich einen Namen als Beschützer der Hilflosen gemacht, indem er schon ein mythisches Wesen erschlagen hat, das Menschen bedrohte. Doch er ahnt, dass gegen die immer häufiger auftauchenden Mähren-Gestalten nicht das Schwert hilft, sondern eine ganz andere Waffe von Nöten ist.
Stand im ersten Roman vor allem Milan Tormeno im Vordergrund der Handlung, so ist er diesmal nur einer von vielen. Zunächst einmal beschreibt eine längere Rückblende, was vor achtzehn Jahren geschehen ist und stellt für einige Figuren, die später auftauchen, die Weichen.
Danach springt die Handlung zwischen den verschiedenen Schauplätzen hin und her, die sich im ersten Band herauskristallisiert haben. Nandus Tormeno scheint nicht minder wichtig zu sein als sein jüngster Sohn und trägt Einiges zu den Wirren bei. Auch die Schwertherzöge und ihre Vertrauten kommen zu Wort, ebenso wie einfache Männer und Frauen, an denen exemplarisch das Grauen des Krieges gezeigt wird.
Weil die Geschichte immer wieder in kurzen Kapiteln zwischen den Figuren hin und her springt, bekommt allerdings keine wirklich Raum für seine Entwicklung. Man merkt zudem, dass sich der Autor von Fernsehserien wie „Game of Thrones“ inspirieren hat lassen. Und wenn er auch nicht kopiert: Die blutigen Intrigenspiele und Grausamkeiten sind dem Leser durchaus vertraut. Spannung entsteht allerdings durch die vielen kleinen Cliffhanger; der häufige Wechsel der Handlungsebenen erlaubt durchaus, kleine Momente der Aufregung zu einem dramatischen Moment zu machen.
So ist wohl etwas Aufmerksamkeit beim Lesen gefordert, kann es doch viel zu leicht passieren, dass man den Faden ungewollt verliert. Die Sprünge kaschieren aber auch wunderbar, dass der Autor nicht viele Überraschungen bietet und den roten Faden nur dünn weiter führt.
Die Figuren bleiben wie erwähnt eher blass, selbst Milan kommt in seiner charakterlichen Entwicklung ins Stocken, auch wenn diese bei ihm noch am Deutlichsten zu erkennen ist. Die meisten Neben-Charaktere sind auf eine besondere Eigenschaft reduziert und schnell wieder vergessen.
Alles in allem ist „Die Weiße Königin“ ein solider Roman der vor allem Fans actionreicher Fantasy im Stil von „Game of Thrones“ zufriedenstellen dürfte, bei dem der Autor aber nicht ganz sein Potential ausnutzt, weil er trotz des interessanten Auftakts diesmal zu sehr auf vordergründige Spannung setzt und weniger auf die Verkettungen zwischen den Figuren und der latent im Hintergrund lauernden Magie.