Gabe Hudson: Gork der Schreckliche (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 19. Dezember 2018 19:39
Gabe Hudson
Gork der Schreckliche
(Gork. The Teenage Dragon, 2017)
Übersetzung: Wieland Freund und Andrea Wandel
Titelbild: Rudi Skukalek
Hobbit Presse, 2018, Hardcover, 432 Seiten, 20,00 EUR, ISBN 978-3-608-96268-0 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
Gork der Schreckliche ist ein junger Drache mit einem, nein, vielen Mankos: Sein Herz ist zu groß und weich, seine Hörner hingegen sind winzig, und in jedem der Rankings, welche die Stärke und Grausamkeit eines Drachens erfassen, steht er an letzter Stelle und hat den Kuschelbär-Status inne. Somit ist er an der WarWings-Akademie auf dem Planeten Blegwesia das absolute Mobbing-Opfer und wird von allen „Weichei“ genannt.
Die letzte Prüfung, die Gork wie alle Absolventen meistern muss, ist die Königinnen-Queste. Findet er kein Drachenweibchen, das seine Königin sein und ihm Eier legen möchte, wird er versklavt oder Schlimmeres. Obwohl er eigentlich kaum hoffen darf, hat er sich ausgerechnet in Runcita, Tochter von Dekan Flup, verliebt, die noch jeden Verehrer zerlegt hat, und ihr Vater ist auch alles andere als ein Fan von Gork.
Die einzigen, die ihm mehr oder minder beistehen, sind sein Großvater Dr. Schrecklich, sein Raumschiff Athenos, die kybernetische Drachin Fribby, der unheimliche Professor Nog und einige andere. Wer es wirklich gut mit ihm meint, das findet Gork erst spät heraus, aber da wird er bereits gejagt und muss nicht bloß um sein Leben fürchten.
Man kann sagen, dass es in zwei Dritteln des Buchs darum geht, Gorks Leiden - aus seiner Sicht - zu schildern. Eine Schlappe folgt auf die andere, und der Ärger scheint immer nur auf ihn zu warten. Mit viel Glück und manchmal auch unverhoffter Unterstützung kann er sich stets ganz knapp retten, wobei sich die Zahl seiner Feinde und Verfolger ständig erhöht.
An sich wird hier ein sehr kurzer Zeitabschnitt - die Königinnen-Queste - geschildert, der sich deshalb so ausdehnen kann, weil es regelmäßig Rückblenden gibt, die Gorks Kindheit auf der Erde und seine ersten Jahre aus Blegwesida schildern, nachdem Dr. Schrecklich ihn nach dem Tod der Eltern gefunden und mit sich genommen hat. Auch das bizarre Verhältnis von Großvater und Enkel wird beleuchtet.
Ein weiterer Punkt, der das Füllen der Seiten begünstigt, sind die sich ständig wiederholenden Phrasen, die man spätestens nach dem dritten Mal nicht mehr lustig sondern lästig findet: „…mein schuppiger grüner Arsch…“, „…meine grünen schwimmhäutigen Füße…“, „…Runcitas köstlicher Duft…“ usw. Das gilt außerdem für das fortwährende Gejammer Gorks wegen seines zu großen Herzens, der zu kleinen Hörner, seinem Losertum und überhaupt.
Erst im letzten Drittel kommt mehr Fahrt auf, viele Rätsel werden auf wenig überraschende Weise aufgelöst, und Gork findet endlich das, was er die ganze Zeit gesucht und vor der Nase gehabt hat, und er erhält Antworten auf seine Fragen.
Trotz aller Action und Komik beinhaltet der Roman sehr viel Leerlauf (siehe oben). Es scheint, als habe der Autor ein Buch im Stil von Terry Pratchett, Douglas Adams & Co. verfassen wollen, wobei er mehr auf den Klamauk als auf eine kompakte und abwechslungsreiche Handlung setzte. Infolgedessen seufzt man bei den Längen und kann nicht wirklich über die Übertreibungen lachen.
Zudem vermochte sich Gabe Hudson nicht zu entscheiden, ob er eine Fantasy- oder SF-Story schreiben wollte. Nun, im englischen Sprachraum wird beides (ferner Horror und die übrigen phantastischen Subgenres) generell als ‚Fantasy‘ bezeichnet. Das traditionelle Drachen-Motiv hat er tatsächlich teilweise ausgehebelt, indem er diesen Wesen einen fernen Planeten als Heimat zuwies, den sie, wenn alt genug, verlassen, um Eroberungen zu machen im Stil von „Predator“. Sie verfügen über High-Tech und fliegen mit Raumschiffen durchs All, es gibt Cyberdrachen, Drachenmutanten und anderes mehr.
Und sonst? Das war es schon. Der große Wurf ist es leider nicht.
Selbst bei der Einordnung, ob „Gork der Schreckliche“ ein Buch für Erwachsene oder Jugendliche ist, fällt es schwer, sich festzulegen. Der Titelheld ist ein Teenie-Drache mit den typischen Problemen dieser Altersklasse, und die Handlung ist oft albern. Andererseits empfindet man die Wortwahl stellenweise als sehr derb, weshalb man den Titel einem männlichen Publikum nicht unter 16 Jahre empfehlen würde. Zwar gibt es mit Fribby einen starken weiblichen Charakter, aber unter dem Strich ist das ein ‚Jungenbuch‘.
Liest man den Klappentext und betrachtet die „Gork“-Illustration darunter, glaubt man, ein witziges Kinderbuch in den Händen zu halten. Weit gefehlt! Schon nach wenigen Seiten fallen deftige Worte, die deutlich machen, dass der Titel an etwas ältere männliche Teenager adressiert und wahrlich Geschmacksache ist.
Dass der Roman nicht unter Jugendbuch einsortiert wird, ist in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass Hobbit Presse in dem Sinne. kein Kinder-/Jugendbuch-Verlag ist.