Cloak und Dagger: Ein Licht in der Finsternis (Comic)

Mike Baron, Bill Mantlo u.a.
Cloak und Dagger: Ein Licht in der Finsternis
(The Spectacular Spider-Man 64, Strange Tales: Dark Corners 1, Runaways 11+12, Cloak and Dagger 1, Spider-Island: Cloak and Dagger 1-3)
Übersetzung:Marc-Oliver Frisch, Carolin Hidalgo
Titelbild: Mark Brooks
Zeichnungen: Mark Brooks, Ed Hannigan, Alex Maleev u.a.
Panini, 2018, Paperback, 188 Seiten, 18,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0861-2

Rezension von Irene Salzmann

Cloak und Dagger debütierten 1982 in „The Spectacular Spider-Man“ 64, geschaffen von Autor Bill Mantlo und Zeichner Ed Hannigan. Weitere Gastauftritte, eine vierteilige Mini-Serie und schließlich eine eigene Serie, die zweimal pro Monat erschien und ab Ausgabe 11 mit „Dr. Strange“ zusammengelegt wurde als monatlich publizierte „Strange Tales“, folgten, bevor man nach Ausgabe 19 zum vorherigen Konzept zurückkehrte. Nach neun Ausgaben mit dem Titel „The Mutant Misadventures of Cloak and Dagger“ wurde die Reihe wegen zu geringer Verkaufszahlen eingestellt. Von da an tauchten die Protagonisten hin und wieder als Gäste in anderen Comics, Oneshots und Mini-Serien auf.

 

Seit 2018 sind „Cloak and Dagger“ Bestandteil des Marvel Cinematic Universe, denn man setzte ihre Geschichte als TV-Serie um. Das liefert nun den Anlass, dem Team wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken, und Panini tut dies mit der Veröffentlichung des vorliegenden Sammelbands, der ihr erstes Erscheinen über einige Highlights bis hin zu relativ zeitnahen Erzählungen bietet. Leider schildert diese willkürliche Auswahl keine zusammenhängende Geschichte, und auch wenn der Haupterzählstrang einigermaßen nachzuvollziehen ist bleiben viele Fragen offen, weil die Handlung in diversen Titeln fortgesetzt wurde, die man nicht berücksichtigte.


„Cloak und Dagger!“: Nachdem Cloak alias Tyrone Johnson und Dagger alias Tandy Bowen von ihrem Zuhause ausgerissen waren, geraten sie in die Gewalt von Drogenhändlern, die an ihnen und anderen Jugendlichen ein synthetisch erzeugtes Heroin testen. Im Gegensatz zu den anderen Kindern sterben die beiden nicht und können aus ihrem Gefängnis entkommen. Auf der Flucht stellen sie fest, dass die Drogen etwas in ihnen verändert haben: Cloak ist umgeben von Finsternis, in die er nach Belieben andere aufsaugen und wieder entlassen kann und die er nutzt, um sich und seine Freundin zu teleportieren. Dagger wiederum ist von Licht umhüllt und kann Lichtdolche abfeuern. Ihre Präsenz lindert den Hunger, den die Dunkelheit in Cloak erzeugt.

Sie beschließen, ihre Gaben zu nutzen, um Drogenhändler auszuschalten und anderen Ausreißern zu helfen. Der Hass auf die Gangster lässt das Duo zu rigorosen Mitteln greifen, und sie haben auch kein Problem damit, wenn der eine oder andere ihrer Gegner den Tod findet. Das ruft prompt Spider-Man auf den Plan, der die Verbrecher lebend fangen und der Polizei übergeben möchte. Dadurch macht er sich Cloak und Dagger zum Feind, obwohl sie alle eigentlich dasselbe wollen.

„Höllentrip“: Cloak und Dagger mischen sich unter einige Ausreißer, die mit ihren selbsternannten Beschützern weit von ihrem einstigen Zuhause fort wollen. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um eine Bande Verbrecher, die den Kindern Drogen zu verabreichen planen. Ein Junge, der sich als neues Mitglied der Gang beweisen soll, wechselt die Seiten und erhält Unterstützung von dem Duo.

„Gesucht und gefunden“ 1 und 2: Eine Gruppe Jugendlicher findet heraus, dass es sich bei ihren Eltern ausnahmslos um Verbrecher handelt, die zusammen den Geheimbund Pride bilden und sich sowohl der Magie als auch einer Alien-Technologie bedienen. Zwar gelingt ihnen die Flucht, aber die Eltern lassen sie wegen eines angeblichen Mordes von korrupten Helfershelfern bei der Polizei suchen. Auch Cloak und Dagger werden hinzugezogen aufgrund ihrer Erfahrungen im Umgang mit Ausreißern. Sie spüren die Jugendlichen rasch auf und stellen fest, dass alles ganz anders ist, als man ihnen erzählt hat. Aber unter den Ausreißern gibt es einen Verräter.

„Baufällige Kirchen“: Als sich die X-Men und viele der noch verbliebenen Mutanten auf die Insel Utopia zurückziehen, schließen sich ihnen auch Cloak und Dagger an. Während sich Dagger dort schnell wohlfühlt und irgendwie auch hofft, dass die Tests, die man mit ihnen beiden machte, bestätigen, dass sie ebenfalls Mutanten sind und ihre Kräfte nicht auf den ihnen einst verabreichten Drogen beruhen, geht Cloak zunehmend seine eigenen Wege und entfremdet sich von seiner Partnerin. Doch dann die Enttäuschung: Sie sind keine Mutanten, und plötzlich verschwindet Cloak nach einem Streit. Als Dagger die X-Men um Hilfe bittet, weil er sich Tage später noch immer nicht gemeldet hat, haben diese nicht mal Zeit, ihr zuzuhören, da sie sich um ein „Mutantenproblem“ kümmern müssen. Also macht sie sich allein auf die Suche nach Cloak und findet ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt.

„Spider-Island“ 1 bis 3: Der Schakal hat genetisch veränderte Bettwanzen in Manhattan ausgesetzt, deren Biss Spinnen-Kräfte verleiht. Viele dieser Menschen terrorisieren nun die ganze Stadt und werden von den Superhelden bekämpft. Vor diesem Hintergrund haben Cloak und Dagger ganz eigene Probleme und sind auch nicht immer derselben Meinung. Die Kirche, in der sie Unterschlupf gefunden haben, soll zwangsgeräumt werden. Ohne dass Cloak etwas davon ahnt, besucht Dagger wieder die Schule, um ihren Abschluss zu machen und wenigstens zeitweise ein normales Leben zu führen. Zu ihrem Verdruss nimmt Cloak das Superhelden-Dasein viel zu ernst, denn er will sie auf die damit verbundenen Pflichten festlegen und, damit sie über die Runden kommen, für Geld arbeiten. Es gelingt ihnen nicht, einen Konsens zu finden, denn sie geraten unter den Einfluss von Mr. Negative, und Daggers Korrumpierung verändert alles, schweißt das Duo aber umso mehr zusammen


Fünf verschiedene Geschichten und genauso viele Autoren und Zeichner-Teams: Es sind Impressionen aus der dreißigjährigen (eigentlich 35 Jahre) Geschichte von „Cloak und Dagger“. Der interessierte Leser erfährt, wie sie zu Superhelden wurden und welche Pflichten sie sich mit der Nutzung ihrer Gaben auferlegt haben.

Obschon sie Freunde und eigentlich sehr viel mehr sind, tritt ihre Beziehung auf der Stelle, da keiner über seine Gefühle spricht, Cloak zudem bezweifelt, dass er gut genug für seine Partnerin ist. Infolgedessen entwickeln sie sich zwar weiter, aber auch voneinander fort, bis etwas passiert, was sie wieder zusammenbringt. Auch ihre Kräfte sind nicht immer dieselben und verändern sich zeitweilig, ebenso die Kostüme.

Begonnen hat das Duo als radikale Kämpfer gegen Drogenkriminalität und als Beschützer von Jugendlichen, die sich in Not befinden. Mit den Erfahrungen, die sie sammeln konnten, sind sie sichtlich reifer geworden und handeln im Rahmen des Gesetzes, was früher nicht unbedingt der Fall war. Zeitweilig erweisen sie sich als teamfähig mit anderen - man hätte sie gern langfristig als Mitglieder der X-Men gesehen -, doch letztendlich bewirkt ihr Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich das Licht und die Dunkelheit ergänzen, dass sie für sich bleiben.

Wie es für die beiden weitergeht nach dem überraschenden Ende der letzten Story, bleibt hier offen, obschon ihr weiteres Schicksal in verschiedenen Heften fortgesponnen wurde.

Die Stile der Zeichner sind sehr verschieden. Man stört sich nicht daran, weil es sich um Einzel-Episoden und keine fortlaufende Erzählung handelt. So verdeutlichen die unterschiedlichen Darstellungen, wie sich die Inhalte und die Figuren mit den Jahren verändert haben. Was gefällt, ist freilich Geschmacksache, doch am schönsten und aufwändigsten erscheinen die Illustrationen von Cover-Zeichner Mark Brooks.

Kurze Reise durch die Vergangenheit von „Cloak und Dagger“, dank der man, kennt man die Figuren nicht, einen kleinen Eindruck von ihrer Geschichte gewinnen darf, aber nicht wirklich Lese-Spaß empfindet, weil das zusammengebastelte Paperback mehr Fragen aufwirft als beantwortet.