Amazonia 1 (Comic)

Leo (Luiz Eduardo de Oliveira) & Rodolphe (Rodolphe Daniel Jacquette)
Amazonia 1
(Amazonie - Èpisode 1, 2016)
Übersetzung: Tanja Krämling
Titelbild und Zeichnungen: Bertrand Marchal
Splitter, 2017, Hardcover, 48 Seiten, 14,80 EUR, ISBN  978-3-95839-550-3

Rezension von Elmar Huber

Amazonas, 1949, etwa 100 Kilometer von der Hauptstadt Manaus entfernt. Auf der Krankenstation, die Pater Laughton mitten im Dschungel betreibt, taucht gemeinsam mit einem im Sterben liegenden Journalisten ein seltsames Foto auf. Kaum hat Laughton das Bild dem englischen Botschafter übergeben, befindet sich die englische Regierung sowie eine Gruppe aus Deutschland geflohener Nazis in höchster Alarmbereitschaft. Im Auftrag der englischen Regierung reist Kathy Austin nach Brasilien, um festzustellen, ob das Bild tatsächlich einen Außerirdischen zeigt, der bei den feindseligen Yanomani-Indianern mitten im Amazonasgebiet lebt.

 

Nachdem schon „Namibia“ komplett im Splitter Verlag erschienen ist (nach Ankündigung bei Leos ehemaligem ‚Stammverlag‘ Epsilon), folgt dort nun mit „Amazonia“ auch Leos dritter „Kenya“-Zyklus. Aufgezogen ist „Amazonia“ wie ein Agenten-Thriller, und lange Zeit bleibt für den Leser im Dunkeln, was auf dem ominösen Bild zu sehen ist, für das offenbar schon ein Mensch sterben musste und das so viele Menschen in fieberhafte Aufregung versetzt.

Stattdessen werden in diesem Band 1 die Figuren vorgestellt und gekonnt positioniert, allen voran die Hauptfigur Kathy Austin, die erst einmal einem Verkupplungsversuch ihrer Eltern entkommen muss. Es geht also nicht ohne Humor ab. Doch täuscht dies nicht über die Gefährlichkeit des Auftrags hinweg, der sich zuerst einmal aus dem fremden zivilisationsfeindlichen Gebiet ergibt, in das Kathy, auf sich allein gestellt, zu reisen gezwungen ist. Des Weiteren geht auch von den Deutschen eine unterschwellige Gefahr aus, die sich ebenfalls auf den Weg zur Quelle des Fotos machen. Und es besteht kein Zweifel, dass sie über Leichen gehen, sollte sich ihnen jemand in den Weg stellen.

Ansonsten lebt „Amazonia“ 1 von seinem Abenteuer- und Mystery-Flair, denn einige Panels und Gespräche deuten an, dass das fremdartige Wesen, das auf dem Foto zu sehen ist, für einige Personen kein ganz Unbekannter ist. Von der fremdartigen Umgebung des Amazonas einmal ganz abgesehen, die 1949 lange nicht so erforscht war, wie das heute der Fall ist. So hat man hier das Gefühl, eine Ruhe vor dem Sturm zu erleben. Unter der glatten Oberfläche beginnt es bereits leise zu köcheln. Gut strukturiert und trotz mehrerer Parallelhandlungen nicht überladen.

Der Künstler Bertrand Marchal („Kenya“, „Namibia“) ist weniger der Ligne Claire verpflichtet, so dass die Zeichnungen deutlich lebendiger wirken als Leos eigene Bilder (zum Beispiel im „Aldebaran“-Zyklus) und beispielsweise an Ronald Putzkers „Anna Stein“ erinnern.

„Amazonia“ beginnt langsam, aber umso eindringlicher und hat schon gleich einen fesselnden Mystery- und Abenteuer-Faktor im Gepäck.