Zafón, Carlos Ruis: Der dunkle Wächter (Hörbuch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 20. Februar 2010 00:00
Carlos Ruiz Zafón
Der dunkle Wächter
Ungekürzte Lesung von Rufus Beck
Argon, 2009, Hörbuch, 6 CDs, Laufzeit ca. 440 Minuten, ca. 24,95 EUR, ISBN 9783866109575
Von Sandra Busch
Ein wunderschöner Sommer am Meer. Ein mysteriöser Spielzeugfabrikant, der mit hunderten mechanischer Figuren und den Schatten der Vergangenheit auf einem riesigen Anwesen lebt. Rätselhafte Lichter, die vom Leuchtturm mahnen. Eine albtraumhafte Kreatur, die sich in den Tiefen des Waldes verbirgt. Auftakt für einen atemlosen Sommer voller Geheimnisse und Gefahr, der Irene und Ismael auf ewig verbinden wird.
Dieses Hörbuch brachte nicht gerade die optimalen Voraussetzungen dafür mit, dass es mir gefallen könnte. Es spielt 1937, es spielt in Frankreich und es wird von Rufus Beck gelesen. Daher hat es mich sehr überrascht, dass mich die Geschichte vom ersten Moment an fesseln konnte. »Der dunkle Wächter« ist eine Schauergeschichte der alten Schule, echter Grusel oder gar Horror kommt einem hier nicht zu Ohren, aber für einige Male Gänsehaut ist das Hörbuch durchaus gut, da gibt es schon Szenen, die es in sich haben.
Zafon hat für diese Erzählung viele vertraute Elemente dieses Genres gewählt. So haben wir hier ein düsteres, ehrwürdiges Anwesen, in dem unheimliche Automaten in allen Räumen und Fluren stehen, ein einsames Haus auf einer Landzunge, davor einen Leuchtturm um den sich Spukgeschichten ranken, einen dunklen Wald, in dem ein Ungeheuer zu hausen scheint, das Tagebuch einer Toten und schauerliche Geschichten aus der Vergangenheit, die noch bis in die Gegenwart des Jahres 1937 reichen. Dies alles hat Zafon zu einer schönen, stimmungsvollen, ja, durch die leicht altmodisch anmutende Erzählweise, schon märchenhaften Geschichte verwoben. Hinzu kommen noch sehr gelungene Charaktere, die einem schnell vorstellbar und sympathisch werden und eine kleine Liebesgeschichte, die so charmant altmodisch daher kommt, dass sie einen an den entsprechenden Szenen einfach verträumt und verschmitzt lächeln lässt.
Zu meiner großen Erleichterung verzichtet Rufus Beck bei diesem Hörbuch auf die Stimm-Akrobatik, für die er sonst so bekannt ist. Das hätte diesem Hörbuch auch nicht gutgetan. Stattdessen trifft er einen ruhigen Ton, der die märchenhafte Atmosphäre aufgreift und der einen sofort gefangennimmt. Dennoch gelingt es ihm, jedem Charakter eine unverwechselbare Stimme zu verleihen, nur halt dezenter.
Ein wenig Untermalung wird bei diesem Hörbuch ebenfalls geboten. Zwischen den Kapiteln und auch zwischen Ortswechseln sind französisch und auch ein wenig maritim anmutende Musiken zu hören, was der Erzählung ausgezeichnet steht. An verschiedenen Stellen sind auch noch Geräusche eingebunden, beispielsweise das Knarzen von Holz im Haus Cravenmoore oder auch ein sanftes Meeresrauschen. Viel mag das nicht sein, aber für diese Effekte hat man genau die richtigen Szenen ausgewählt. Sie überraschen und wirken sehr gut.
Die sechs CDs von »Der dunkle Wächter« kommen in einer schicken Box daher, deren Frontmotiv und auch das übrige Cover sich an der Buchvorlage orientieren. Da ich das Motiv angemessen düster und stimmungsvoll finde, bin ich von dem leuchtend orange-roten Verlags-Logo nicht unbedingt angetan, da hätte man etwas gedecktere Farben wählen können. Edel sieht die Box allerdings ohne Frage aus.
Fazit: Mir hat »Der dunkle Wächter« sehr gut gefallen. Eine gelungene Schauergeschichte mit einer beinahe märchenhaften Atmosphäre, die mich vom ersten Satz an für sich eingenommen hat.