Philip Reeve: Krieg der Städte - Mortal Engines 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 23. Oktober 2018 19:45

Philip Reeve
Krieg der Städte
Mortal Engines 1
(Mortal Engines, 2001)
Übersetzung: Nadine Püschel und Gesine Schröder
Titelbild: Ian McQue
Tor, 2018, Taschenbuch, 334 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3-596-70212-1 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Die Welt in ein paar tausend Jahren. Nach einem globalen, 60 Minuten dauernden Krieg sind die Nordsee und das Mittelmeer ausgetrocknet, die ehemaligen Metropolen vernichtet.
Seit Jahrhunderten streifen gigantische bewegliche Städte auf gewaltigen Raupenketten durch die Wildnis. Diese fahrbaren Städte bekämpfen sich gegenseitig. Die Eroberung einer anderen Stadt bedeutet neue Materialien, Brennstoff und Sklaven für die siegreiche Wanderstadt.
Einige Jahrzehnte hat sich London versteckt gehalten. Doch plötzlich ordnet der Bürgermeister einen Kurs nach Osten an.
Tom, unser 15jähriger Protagonist, lebt als Lehrling der Historikerzunft in London. Als Waise muss er sich Anfeindungen erwehren und träumt davon, einmal wie sein Idol, der Anführer der Historiker, Valentine, mit einem Luftschiff auf Expedition zu gehen. Eines Nachts wird er einmal wieder zum Strafdienst eingeteilt. Doch diesmal kommt alles anders, als erwartet. Er rettet seinem Idol das Leben - doch statt gefeiert zu werden, stößt ihn Valentine von Bord.
Zusammen mit der Attentäterin macht er sich auf, das Rätsel zu lösen.
Warum hat Valentine die Eltern der Attentäterin ermordet und auch diese selbst, damals noch ein Kind, schwer verletzt? Was versteckt sich hinter dem mysteriösen MEDUSA-Projekt, das London Macht und Reichtum sichern soll?
Während unsere beiden London durch die Wildnis folgen und dabei von dem Pirschjäger Shrike, einem künstlichen Menschen, verfolgt werden, macht sich die Pflegetochter Valentines in London daran, das Geheimnis ihres Vaters zu lösen.
Der Roman erinnerte mich ein wenig an einen Mix aus Jules Verne, „Mad Max“ und „Waterworld“; Endzeit-Stimmung ist angesagt. In einer düsteren, lebensfeindlichen Welt treffen wir auf gigantische Moloche von dampfbetriebenen Städten. Dies könnte nun auf uns Leser anheimelnd wirken, tut es aber nicht. Zu grausam ist der darwinistische Kampf jede Stadt gegen die andere, zu bedrückend auch das Leben, das uns der Autor schildert. Es geht nicht darum, die Zustände zu verbessern, es geht um das eigene Überleben - koste es was es wolle!
Rohstoffe sind knapp, Menschen dagegen billig. So ist es nur natürlich, dass Egoismus triumphiert, dass Mitgefühl und Solidarität mit dem Schwächeren Seltenheitswert hat.
Die Geschichte präsentiert uns eine ganze Reihe faszinierender Gestalten. Und hier meine ich nicht nur die positiven Handlungsträger, sondern gerade auch Valentine und Co. Warum verrät der gefeierte Archäologe seine Prinzipien, geht einen Pakt mit dem Teufel in Gestalt des Bürgermeisters ein? Angst und Liebe, zwei der mächtigsten Triebkräfte menschlichen Handelns, sie motivieren unsere Protagonisten zum Guten wie zum Schlechten.
Die Gestalten im Mittelpunkt der Handlung, unsere jugendlichen Helden, aber auch ganz besonders der Golem Shrike, sie alle durchlaufen eine Entwicklung. Die Welt in der sie leben und aufwachsen, eine Welt voller ungezügelter Gewalt, hat sie geprägt.
Für ein Jugendbuch - der Roman erschien vor einigen Jahren erstmals bei Beltz & Gelberg - ist das teilweise ganz schön starker Tobak; das Morden, das Verstümmeln, da wird einem angst und bange.
Reeves setzt in seinem Buch dagegen aber mehrere Geschichten von Liebe, Hinwendung und Opferbereitschaft; alles Themata, die auch für erwachsene Leser interessant sind.
Die Neuauflage verdanken wir der aufwendigen Verfilmung der Macher vom „Herrn der Ringe“ und dem „Hobbit“, die pünktlich zu Weihnachten in Deutschland in die Kinos kommt. Tor hat zunächst die Tetralogie für eine Publikation in Vorbereitung, die Prequels werden bei entsprechendem Erfolg sicherlich folgen.