Angel Gelique: Die Geschichte der Hillary (Buch)

Angel Gelique
Die Geschichte der Hillary
(Hillary - Tail of the Dog, 2013)
Übersetzung: Heiner Eden
Titelbild: Arndt Drechsler
Festa, 2018, Paperback, 330 Seiten, 12,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Normalerweise werden kranke Patienten in entsprechenden Einrichtungen betreut und gepflegt. Anders im Fall der 15jährigen Hillary Greyson. Wir lernen das Mädchen im wahrsten Sinne des Wortes ans Bett gefesselt kennen. Hillary liegt in einem Raum, der außer ihrem Bett nur noch einen kleinen Nachttisch hat, ansonsten befinden sich weder eine Klingel für die Schwester noch Überwachungsgeräte für Puls und Blutdruck im Zimmer.

Dass sie keine Erinnerung daran hat wer sie ist, woher sie kommt und warum sie überhaupt bei einem Arzt untergebracht, ist wäre noch nicht das Schlimmste. Hillary wird sediert! Es gelingt ihr, den Doktor zu überlisten und sich trotz Drogenrausch aus dem Bett zu befreien. Allein, der Arzt findet und fängt sie, aller Gegenwehr zum Trotz, wieder ein. Als sie das nächste Mal erwacht, sieht sie, dass ihre Flucht doch zu etwas geführt hat - sie hat dem Doktor ein Auge ausgestochen.

So oft sie in der Zukunft auch versucht, ihre Pfleger - neben dem Arzt kümmern sich dessen Ehefrau und ein Psychologe um sie - davon zu überzeugen, sie loszubinden und gehen zu lassen, sie bleibt gefangen. Heimgesucht von Alpträumen beginnt Hillary als letzte Rettung Intrigen zu spinnen. Sie behauptet sexuell von den Ärzten missbraucht worden zu sein - eine Unterstellung, die ebenso gut wahr wie für die Beziehungen ihrer Wärter desaströs sein kann. Und dann zeigt Hillary, was wirklich in ihr steckt…


Ja, was ist denn das? Innerhalb der „Festa Extrem“-Reihe erscheint ein Roman - der Auftakt einer Trilogie -, der einmal nicht in Blut, Gewalt und plakativem Sex schwimmt!

Stattdessen erwartet den Leser zunächst das Bild eines hilflos ans Bett gefesselten Kindes.

Haben wir es hier mit einem pädophilen Monster in Gestalt eines vermeintlichen Arztes zu tun, was steckt hinter der Kasernierung der Patientin, warum kümmert sich keine offizielle Stelle um die Erkrankte? Fragen, die sich aufdrängen, auf die es aber zunächst keine Antworten gibt.

Hillary aber gibt sich nicht geschlagen. Immer wieder versucht sie aufzubegehren, will erfahren, wie sie in die Obhut des Arztes kam, warum sich ihre Eltern und Freunde nicht um sie kümmern, weshalb sie sich an nichts aus ihrem früheren Leben erinnern kann. Dabei scheut sich das mutige Mädchen auch nicht, mit fiesen Tricks, haltlosen Unterstellungen und Lügen zu arbeiten. Für ihre Freiheit ist sie bereit, alles einzusetzen, was ihr zur Verfügung steht.

Eigentlich können wir Leser solch eine Einstellung, solch einen Freiheitswillen nur bewundern - eigentlich?

Einen Tipp vorab: lesen Sie nie, nie im Leben den Klappentext, ansonsten ist ein Großteil der von der Autorin so wunderbar aufgebauten Spannung und Überraschung schlicht weg - perdu! Mehr wird hier nicht verraten.

Ansonsten geht es im Finale des Romans dann ordentlich zur Sache - das aber kennen und schätzen wir ja auch an der Reihe. Nein, das Besondere am Roman ist die Einstieg, die sehr intensive Zeichnung des gemarterten Mädchens, die Suche nach dem Warum und die mehr als überraschende Auflösung dieser Frage. Das ist gerade in den Dialogen zwischen Hillary und den Ärzten wunderbar gemacht. Insoweit ein besonderer Band dieser Festa-Reihe.