Nicole Rensmann: Ciara (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 06. Oktober 2018 17:47

Nicole Rensmann
Ciara
Titelbild: Timo Kümmel
Atlantis, 2018 (überarbeitete Neuausgabe), Paperback, 272 Seiten, 13,90 EUR, ISBN 978-3-86402-546-4 (auch als Hardcover und eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
Die junge Ciara möchte sterben, nachdem sie ihre Mutter durch einen tragischen Unfall verloren hat und an ihrem 19. Geburtstag brutal vergewaltigt wurde. Selbst das Frettchen, das ihr seit kurzer Zeit folgt, bedeutet keinen Trost. Paul, der Arzt, der sie im Krankenhaus behandelt hat, würde ihr gern den Lebensmut zurückgeben. Schon bald erkennt er, dass er sogar noch sehr viel mehr für sie tun kann, denn Ciara ist wie er, nur viel mächtiger und sich ihrer Kräfte noch nicht bewusst.
Als ihr Geheimnis aufzufliegen droht, täuscht Paul ihren Tod vor und schmuggelt sie zusammen mit dem notwendigen Equipment aus der Klinik. Allerdings hat Ciara nicht vor, sich in ihrem abgelegenen Haus zu verstecken. Sie möchte den mysteriösen Fear, ihren Vergewaltiger, finden, der auch andere Mädchen auf dem Gewissen hat und Ciara weiterhin bedroht.
Auf der Suche nach ihr schließt sich Paul der Medizinpraktikant Mike an, der gemerkt hat, dass irgendetwas nicht stimmt. Inzwischen weiß er bereits zu viel, um aus der ganzen Sache noch herauszukommen: Der Kollege und die Patientin sind eine Art Vampire. Letztlich brauchen Ciara und Paul Mikes Hilfe, denn Paul wird entführt, weil man durch ihn Ciara fassen und sich ihre Macht aneignen will.
Im Vorwort erinnert sich Nicole Rensmann an die Entstehung von „Ciara“: Der Festa Verlag war 2003 an sie herangetreten mit der Bitte, einen Vampir-Roman zu schreiben. Nun ist diese klassische Figur des Horror-Genres bereits in unzähligen Büchern in allen möglichen Varianten aufgetreten, so dass es schwierig schien, sich nicht zu wiederholen. Infolgedessen versuchte die Autorin, ihre Vampire etwas anders anzulegen, indem sie diese mit keltischen Mythen und einer ungewöhnlichen Genetik verband. Dreizehn Jahre nach Erscheinen des Bandes liegt nun die überarbeitete Neuausgabe des Atlantis Verlags vor (2018).
Der Roman beginnt sehr deprimierend in einer Klinik mit einer jungen Frau, die gleich zwei schwere Schicksalsschläge zu verkraften hat und an diesen zu zerbrechen droht. Hilfe lehnt sie ab, bekommt sie jedoch von zwei Männern aufgedrängt, die Anteil nehmen an ihrem Leben, sich in sie verlieben und sich wünschen, etwas tun zu können, damit sie nicht aufgibt und das Erbe annimmt, das in ihrer Linie seit Äonen weitergegeben wird, denn von Ciaras Wohlergehen hängt die Existenz jener geheimnisvollen Welt ab, die sie in ihren Träumen besucht.
Paul wird Ciaras Mentor, aber ihm bleibt nur wenig Zeit, ihr zumindest die grundlegenden Dinge zu erklären: wer sie beide sind, weshalb sie sich auch von Blut ernähren müssen, über welche Kräfte sie verfügen, warum man sie jagt und was vor allem von Ciara erwartet wird. Mike stolpert scheinbar zufällig in diesen Kampf, der sich auf zwei Ebenen - in der bekannten und in der Traumwelt - abspielt, doch schnell wird klar, dass es eine Verbindung zwischen ihm und Ciara gibt, dass er dazu bestimmt ist, ihr Hüter zu sein.
Die Details werden nach und nach enthüllt in entsprechenden Szenen und durch Paul, der Ciara und Mike in die Geheimnisse der Vampire einweiht. Teils handelt es sich bei ihnen um Menschen mit verändertem Erbgut, teils ruhen in ihnen uralte Kräfte und das Wissen der Vorfahren, wodurch eine mythische Welt, welche nur im Traum betreten werden kann, am Leben erhalten wird.
Um nicht gleich alle Informationen offenbaren zu müssen, wird schon etwas herum gedruckst und die Aufklärung auf die eine oder andere Weise aufgeschoben, aber das kennt man auch aus anderen Büchern. Damit kann der Leser leben, wohingegen ihn einige grausame Schilderungen schlucken und fragen lassen, ob das wirklich notwendig war für einen Vampir- beziehungsweise Horror-Roman. Zweifellos dienen die Szenen nicht dem Selbstzweck und verdeutlichen, um was für Leute es sich bei den Gegnern handelt, dennoch… Was Ciara an ihrem Geburtstag und Paul durch seinen Entführer widerfährt, geht über eine Vergewaltigung und medizinische Experimente weit hinaus; es ist Folter, Verstümmelung. Musste das wirklich sein?
„Ciara“ liest sich durchweg spannend und wartet mit interessanten Protagonisten auf. Die Geheimnisse und Zusammenhänge werden tröpfchenweise verraten, und manches entwickelt sich anders, als man erwartet hätte. Die einzelnen grausamen Szenen sind für harmlose Gemüter vielleicht nicht das Wahre. Aber der Roman bietet tatsächlich eine andere Art Vampire, ganz wie es Nicole Rensmann plante, so dass das Publikum wirklich etwas Neues geboten bekommt.