Nnedi Okorafor: Binto (Buch)

Nnedi Okorafor
Binti
(Binti, 2018)
Übersetzung: Claudia Kern
Titelbild: Greg Ruth
Cross Cult, 2018, Taschenbuch, 400 Seiten, 18,00 EUR, ISBN 978-3-95981-653-3 (auch einzeln als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Anders als die vorhergehenden Bücher von Nnedi Okorafor vereint „Binti“ drei locker miteinander zusammenhängende Novellen miteinander, die zuvor schon als einzelne eBooks erschienen sind: „Binti: Allein“, „Binti: Heimat“ und „Binti: Nachtmaskerade“. Nun liegt auch die gedruckte Ausgabe bei Coss Cult vor.

 

Binti ist hochtalentiert und wird daher zur ersten Himba-Frau, die mit den Traditionen ihres Volkes bricht und an der Oomza-Universität studieren wird, die allerdings nicht auf der Erde sondern weit draußen im All ist.

Schon die Reise zum anderen Planeten stellt sie vor große Herausforderungen, denn alles ist so anders als die Welt, die sie kannte. Auch hat ihre Familie sich alles andere als glücklich über ihre Entscheidung gezeigt und das hallt immer noch nach. Da sie so anders ist als der Rest der Passagiere, findet sie nur schwer Kontakt, und manchmal scheut sie sich auch davor.

Dann wird das Schiff von den Medusen überfallen, Aliens, mit denen die Menschen und ihre Verbündeten gerade erst einen brüchigen Frieden geschlossen haben. Binti ist die einzige Überlebende des daraus folgenden Massakers, aber auch sie verändert sich und wird dadurch zu mehr als einer Studentin, die alles tut, um eine gute Harmoniemeisterin zu werden.

Schon bald wird sie zu einer Mittlerin, die durch die mystischen Traditionen ihres Volkes, ihre persönliche Offenheit und Neugier, und ihre Fähigkeiten zu einer Mittlerin zwischen den Medusen und allen anderen Völkern.


Nnedi Okrafor ist eine begabte Geschichten-Erzählerin, denn sie konzentriert sich bewusst auf ihre Figuren und überlässt es den Lesern, wie sie sich die Umgebung ihrer Ich-Erzählerin und deren Begegnungen vorstellt. Sie erschlägt diese nicht mit ausufernden Beschreibungen, sondern erlaubt eher tiefe Einblicke in die Gedanken und Gefühlswelt ihrer Heldin, die zwar aus einer altehrwürdigen, aber auch recht fest gefügten Kultur stammt und erst lernen muss, sich zu öffnen.

Da sie das recht schnell tut, lernt sie auch, auf andere Wesen zuzugehen, diese mit Respekt und Offenheit zu behandeln und als gleichwertig anzuerkennen, etwas, was die Medusen auf seltsame Art fasziniert und auch einen mehr als gedacht an sie bindet.

An der Universität erhält sie das notwendige Handwerkzeug an Wissen, das ihr dabei hilft, den Konflikt zu erkennen, der ihre Heimat und das Weltall schon bald erschüttern wird.

Das alles wird in einer verspielten, mystischen Sprache erzählt, die wieder einmal belegt, wie sehr sich die Autorin mit der Kultur und der Lebens- wie auch Glaubenswelt ihrer Vorfahren beschäftigt hat.

Märchenhafte Schilderungen treffen auf eher nüchterne Science-Fiction-Elemente und interpretieren sie neu, so dass die Erzählung frisch und unverbraucht wirkt, eine ganz besondere Atmosphäre hat, die sich mit nichts anderem vergleichen lässt. Denn es ist nicht die typisch männliche und vor allem westliche Sicht auf das Universum, die durchschlägt.

Dazu kommen interessante und vielschichtige Figuren, die sich ebenfalls nicht richtig in eine Kategorie einordnen lassen, zugleich aber auch angenehm bodenständig sind.

Die Fremdartigkeit der Aliens kommt ebenfalls schön zum Tragen, da die Autorin auch hier aus einem ganz anderen Selbstverständnis schöpfen kann, als die Leser, die rein aus dem westlichen Kulturkreis stammen. Spannung entsteht durch die Konflikte, die immer wieder zum Tragen kommen und die Geheimnisse, die sich durch alle drei Erzählungen ziehen.

All diese Elemente machen die drei „Binti“-Novellen zu faszinierenden Geschichten, die gleichermaßen märchenhaft-futuristisch, wie auch mystisch und zugleich sehr bodenständig sind. Nnedi Okrafor gelingt es gerade in diesen Geschichten die Magie ihrer Vorfahren mit sehr interessanten Visionen der Zukunft zu verbinden, in der auch für heutige Leser sehr nachvollziehbare Konflikte für Spannung sorgen.