Wrath James White: Sein Schmerz & Nate Southard: Eine Nacht in der Hölle (Buch)

Wrath James White: Sein Schmerz
Nate Southard: Eine Nacht in der Hölle
(His Pain, 2011 / Just like Hell, 2017)
Übersetzung „Sein Schmerz“: Doris Hummer
Übersetzung „Eine Nacht in der Hölle“: Jutta Swietlinski
Titelbild „Sein Schmerz“: Ben Baldwin
Titelbild „Eine Nacht in der Hölle“: Danielle Tunstall
Festa, 2017, Paperback, 220 Seiten, 12,80 EUR (auch als eBooks einzeln erhältlich)

Rezension von Elmar Huber

„Sein Schmerz“:
„Jason blickte auf das Gesicht der Prostituierten hinunter, während er immer wieder in sie hineinstieß, und war enttäuscht, als er erkannte, dass sie offensichtlich nicht dasselbe fühlte wie er. Obwohl sie beide vereint waren, konnte sie seinen Schmerz nicht verstehen. Aber er würde dafür sorgen, dass sie ihn verstand. Er würde ihr die wundervolle Qual zeigen, die sie auch ihm gezeigt hatte.“ („Sein Schmerz“)

Seit seiner Geburt leidet Jason unter einer Überreizung seiner Nerven, so dass jede Berührung, jedes gesprochene Wort, jeder Sinneseindruck unerträgliche Qualen für ihn bedeuten. Er lebt in einem verdunkelten Zimmer, steht dauerhaft unter verschiedensten Schmerzmitteln und zieht sich zur Ruhe in einen hängenden Latexsack zurück, um wenigstens ein bisschen von äußeren Reizen abgeschirmt zu sein.

Eines Tages wird seine Mutter auf den Yogi Arjunda aufmerksam, der verspricht, Jason von seinen Schmerzen befreien zu können. Der Heiler quartiert sich bei den Thompsons ein und arbeitet mit Jason, bis es diesem gelingt, seinen Schmerz mit dem Gefühl höchster sexueller Wonnen zu koppeln, indem er seinen Partnerinnen ebenfalls Schmerzen zufügt.


„Eine Nacht in der Hölle“:
„Kevin starrte konzentriert auf die Fahrbahn, die sich vor ihm erstreckte. [...] Wenn Dillon ihn kommen hörte, würde er wahrscheinlich versuchen, im Wald zu verschwinden und sich zu verstecken, bis der Wagen vorbeigefahren war. Kevin hatte allerdings nicht die Absicht, Dillon so eine Nummer abziehen zu lassen. Sobald er auch nur die leistete Spur von diesem Kerl fand, würde er ihn zu Strecke bringen, bevor die Schwuchtel um Vergebung bitten konnte.“ („Eine Nacht in der Hölle“)

Dillon findet sich gefesselt und geknebelt im Kofferraum von Kevins Auto wieder. Einige seiner Football-Mannschaftskameraden haben ihn zusammen mit Randy von der Meisterschaftsfeier weggelockt, um sie hier einzusperren und zu Kevins abgelegener Waldhütte zu fahren. Trotz aller Vorsicht haben die anderen ihr Geheimnis entdeckt und wollen nun den beiden Schwuchteln eine Lektion erteilen, die sie so bald nicht vergessen sollen.


Bereits die ersten drei Seiten von „Sein Schmerz“ - wenn Jason unter unsäglichen Schmerzen aus dem Leib seiner Mutter gepresst wird und nicht aufhören kann zu schreien - könnten den einen oder anderen dazu veranlassen, das Buch ohne weitere Beachtung an die Seite zu legen. Die meisten jedoch werden wissen, was sie erwartet. Wo „Festa Extrem“ draufsteht ist eben keine Gute-Nacht-Geschichte drin.

Und Autor Wrath James White schreibt wie ein D-Zug, eine mächtige und brutale Maschine, die alles überrollt. Dazu benötigt er noch nicht mal die Gore-Keule - die wird erst zum Ende der Geschichte hin ausgepackt -, es genügen die Bilder, die er im Kopf entstehen lässt und durch die man unbewusst sogar auf die Seite von Jasons Vater gezogen wird, der seinen Sohn gerne schon mehr als einmal hätte sterben lassen, nur um ihn von seinen immerwährenden Schmerzen zu erlösen. So saugt White seine Leser also unaufhörlich in diesen Rasierklingenstrudel und schafft es sogar, ein stimmiges, wenn auch unversöhnliches Unhappy End  drauf zu setzen.

Nach Edward Lee ist Wrath James White ein weiterer Beweis, dass sich schriftstellerisches Können und explizite, brutale Gewaltdarstellungen nicht ausschließen.

„Eine Nacht in der Hölle“ muss sich dann zwangsläufig an seinem Buchmitbewohner messen lassen und sich mit dem zweiten Platz zufrieden geben. Zwar ist auch diese Geschichte von Nate Southard knallhart und ohne Längen geschrieben, doch bietet sie weder Neues noch ist überhaupt eine Handlung auszumachen, die sich so nennen dürfte. Was bleibt sind Folter und Gore zum reinen Selbstzweck.

Das Buch ist mit einem Wendecover ausgestattet, das quasi zwei Buchvorderseiten zeigt. Die Cover-Motive sind wie gewohnt trefflich und die Verarbeitung des Buchs wieder einmal erstklassig.

Die Printversion des Buchs kann ausschließlich direkt beim Verlag bestellt werden. Als ebook werden beide Novellen einzeln veröffentlicht.

Wie es sich für die Reihe gehört bietet „Sein Schmerz“ brutale und eindringliche Unterhaltung und rechtfertigt schon die Anschaffung. „Eine Nacht in der Hölle“ bleibt in seiner Eindimensionalität dahinter zurück und kann als netter Bonus gesehen werden.