Guy Gavriel Kay: Am Fluss der Sterne (Buch)

Guy Gavriel Kay
Am Fluss der Sterne
(River of Stars, 2013)
Übersetzung: Ulrike Brauns
Tor, 2017, Paperback, 714 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-596-03572-4 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Schon die europäischen Mythen und historischen Epochen waren vor Guy Gavriel Kays Interpretationen nicht sicher, nun scheinen die Kulturen Asiens an der Reihe zu sein, wie die Geschichten aus einem mythisch verklärten China, dem „Reich Kitai“ zeigen. Dabei pickt er sich Zeiten heraus, die von westlichen Autoren weniger auseinander genommen wurden. Denn die historischen Grundlagen der Geschehnisse in „Am Fluss der Sterne“ dürften nur wenigen bekannt sein.

 

Der Ruhm des großen und uralten Reiches Kitai scheint verblasst zu sein, denn selbst die wundervolle Stadt Xi‘an, das Zentrum der Gelehrsamkeit und Kunst, der Sitz des Kaiserhofes, ist nur noch ein Schatten ihrer selbst und die im Norden in das Land eingefallenen Barbarenstämme verbreiten Angst und Schrecken, der selbst die einfachen Leute lähmt.

Hoffnung scheint nur noch einer geben zu können, und das ist Ren Daiyan, der einst ein gefürchteter  Geächteter war, als Bogenschütze einen legendären Ruf besitzt und nun als Heerführer das retten soll, was noch zu retten ist - und das auch gegen den Widerstand des Hofes und seiner Beamten.

Die Intrigen und Machtspiele am Hof bekommt dagegen Li Shan mit, die wunderschöne und dichterisch hochbegabte Tochter eines Gelehrten, die in vielerlei Hinsicht anders ist als all die anderen Frauen, die nur den mächtigen Männern gefallen wollen und sich ihr eigenes Bild von der Welt zu machen weiß.

Als sich beider Wege kreuzen nimmt das Schicksal seinen Lauf und bestimmt bald das Schicksal eines ganzen Reiches.


Der Verlag bezeichnet das Buch als „Game of Thrones in China“ aber das stimmt nur bedingt, denn nicht die epischen Schlachten und bombastischen Momente bestimmen die Handlung sondern die vielen kleinen Schicksale, die erzählt werden und am Rande das Geschehen zu einem bunten Gesamtbild zusammen fügen.

Es gibt viel Interaktion zwischen den Figuren, was nicht immer leicht nachzuverfolgen ist, da sich in mehreren Fällen Schauplätze und Namen sehr ähneln und man schon vorher überlegen muss, was eigentlich gemeint ist. Auch spielen Sex und Gewalt nicht eine so große Rolle, wie man denken mag. Der Roman fühlt sich eher klinisch rein an, zelebriert die Intrigen und die fremdartige Kultur mit all ihren Mythen, was leider auch dazu führt, dass die Spannung eher moderat bleibt und die Handlung eher dahin plätschert als wirklich spannend zu sein. Auch die Charaktere sind so zahlreich, dass man gerade einmal die Hauptfiguren im Gedächtnis behält. Aber auch da wird es manchmal schwierig, weil sie insgesamt doch eher oberflächlich bleiben.

Alles in allem verlangt das Buch dem Leser tatsächlich jede Menge Geduld ab, denn das Geschehen wird ziemlich in die Länge gezogen, Ambiente scheint wichtiger zu sein, als die Spannung. Nur wenn man bereit dazu ist, sich auf den ausufernden Erzählstil des Autors einzulassen, kann man auch seinen Spaß haben; sonst nicht wirklich.

Das macht „Am Fluss der Sterne“ zu einem zwar solide erzählten und atmosphärischen Fantasy-Roman vor historischer Kulisse, aber zu keinem Werk, das man mal so eben zwischendurch genießen kann oder lange im Gedächtnis behält, denn leider wird man als Leser von dem Ambiente zu sehr erschlagen.