Gruselkabinett 136: Das Königreich der Ameisen, H. G. Wells (Hörspiel)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 14. Mai 2018 21:23

Gruselkabinett 136
Das Königreich der Ameisen
H. G. Wells & Marc Gruppe (Script)
Sprecher: Simon Roden, Jean Paul Baek, Joachim Tenstedt u.a.
Titelbild: Ertugrul Edirne
Titania Medien, 2018, 1 CD, ca. 57 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-5628-7
Rezension von Christel Scheja
Über H. G. Wells (1866-1946) muss nicht mehr viel gesagt werden. Durch Romane wie „Der Krieg der Welten“ und „Die Zeitmaschine“ gilt er als einer der Väter der Science Fiction. Aber auch andere Novellen und Bücher von ihm greifen Themen auf, die heute ein ganz normaler Teil des Genres sind, so wie „Das Königreich der Ameisen“.
Was hat es mit den seltsamen Gerüchten auf sich, die die Europäer in ihrer Handelsniederlassung erreichen? Eine Ameisen-Invasion entvölkert ganze Dörfer, ein Stückweit den Amazonas hinauf? Kapitän Guerilleau soll mit seinem Kanonenboot „Benjamin Constant“ in die Region fahren und dort nach dem Rechten sehen. An Bord ist auch der junge Naturforscher und Ingenieur Holroyd.
Zunächst wollen sie den immer verrückter werdenden Nachrichten nicht wirklich Glauben schenken, doch dann werden der Ingenieur und der Kapitän eines Besseren belehrt, denn sie stehen plötzlich vor den riesenhaften Verursachern des Grauens. Und diese Ameisen scheinen sehr genau zu wissen, was sie tun.
Dieses Hörspiel wird vielleicht den Vergleich mit einer Adaption aushalten müssen, die nur ein paar Wochen zuvor erschien. Aber die Intention der „Gruselkabinett“-Reihe war es immer, die Geschichten möglichst originalgetreu zu adaptieren, das bedeutet, die auch in der Zeit zu belassen, in der die Verfasser sie selbst haben spielen lassen. Das ist auch hier der Fall. Mit der Arroganz und Überheblichkeit des Europäers und Spätviktorianers sehen die Männer nach dem Rechten und versuchen sich die Wahrheit zunächst zurechtzubiegen, bis sie das nicht mehr können. Als sie das Ausmaß der Entwicklung erkennen, ist es vielleicht schon zu spät.
Die Sprecher jedenfalls füllen ihre Rollen gekonnt aus und geben ihnen nicht nur Leben, sondern auch das Selbstverständnis dieser Zeit. Das Grauen entwickelt sich wie so oft eher langsam, die Geschichte ist nicht nur auf den reinen Grusel und effektvolle Schocks ausgerichtet, sondern macht durch das Schlusswort nachdenklich. Zwar wird der Grund, warum die Ameisen so groß geworden sind, nie geklärt, aber die generelle Aussage ist vorhanden und auch heute noch aktuell: Egal was man tut, die Natur bahnt sich immer einen Weg, wenn sie die Gelegenheit hat und die Evolution könnte Rivalen schaffen, die Menschen nachhaltig bedrohen können.
In der Hinsicht wirkt das Abenteuer nach, auch wenn es auf allzu viel Action und manchmal auch Enthüllungen verzichtet. Wie immer stimmen Soundteppich und Musik, geben die den Sprechern das passende Ambiente.
„Das Königreich der Ameisen“ wurde für die Reihe „Gruselkabinett“ sehr solide umgesetzt und bewahrt das Ambiente des originalen Romans. Auf der anderen Seite zeigt die Geschichte trotz Zeitkolorit aber auch sehr gut, dass das Thema zeitlos bleibt und auch ohne Action nachhallen kann.