Alice & Claude Askew: Aylmer Vance - Übersinnliche Detektive 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 05. Mai 2018 09:42

Alice & Claude Askew
Aylmer Vance
Übersinnliche Detektive 1
(Aylmer Vance Ghost Seer)
Übersetzung: Tanja Bröse-Kronz
Titelbild: Katrin Schuster
Saphir im Stahl, 2018, Taschenbuch, 212 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-96286-005-9
Rezension von Carsten Kuhr
Mit vorliegendem Band startet der Verlag Saphir im Stahl eine neue Reihe um übersinnliche Detektive. In dieser sollen Kollektionen vergessener Geschichten aber auch Romane zu Unrecht unbekannter Verfasser einem interessierten Publikum zum Teil erstmals zugänglich gemacht werden.
Den Reigen eröffnet das Ehepaar Askew, das Anfang des 20. Jahrhunderts für diverse britische Periodika schrieb. 1914 erschienen acht gesammelte Geschichten um Aylmer Vance, einen weit gereisten britischen Gentleman alter Schule, der sich Zeit seines Lebens mit dem Übersinnlichen beschäftigt hat. Neben seinem immerwährenden Versuch, Scharlatane des Okkulten zu entlarven traf er auch sporadisch auf Ereignisse, Heimsuchungen und Visionen, die sich nicht mit rationalen Argumenten erklären ließen.
Während eines Urlaubs im ländlichen Magpipe Gasthof in Surrey berichtet er zunächst seinem dort ebenfalls zur Erholung und zum Fischen weilenden Freund, einem mit beiden Beinen in der Realität stehenden Rechtsanwalt, von den Heimsuchungen, für die er keine rationale Erklärung fand.
Es geht um eine junge schottische Braut, die von ihrem Gatten für dessen okkulte Forschungen in Trance versetzt wird, und deren Körper von einer keltischen Prinzessin besetzt wird. Was aber, wenn die Okkupantin partout nicht mehr gehen will?
Vances Patentochter steht im Mittelpunkt der nächsten Heimsuchung. Sie, die sich Zeit ihres Lebens der Natur, dem Wald hingezogen fühlte, hat seit Kindheitstagen einen für andere unsichtbaren Spielkameraden - was aber, wenn selbiger einer der vergessenen Naturgötter wäre?
Vance selbst trifft auf einem Ball auf eine vor Jahrzehnten verstorbene Adelige, in die er sich unsterblich verliebt - allein, der Romanze kann in der hiesigen Welt kein Glück bescheiden sein.
Ein Dichter, dessen Verse eine selten eindringliche Intensität auszeichnet, richtet sich aus Verzweiflung, dass niemand seine Gedichte publizieren will, selbst. Kurz darauf wird seine Witwe von seltsamen Hitzeschüben heimgesucht - bis sie, auf Vances Anraten hin, sich ihrem verstorbenen Gatten als Medium zur Niederschrift zur Verfügung stellt.
Ein Vampir geht um auf einer altehrwürdigen Burg in den schottischen Highlands. Um den alten Familienfluch zu brechen, werden Vance und sein Chronist gerufen.
Poltergeister sind lästig, noch dazu wenn sie einen unliebsamen Adeligen aus dessen just wieder in Beschlag genommenen Anwesen vertreiben wollen. Oder steckt doch etwas ganz anderes hinter dem Spitzbuben von Blackstock?
Liebe muss nicht immer körperlich sein. Auch die Seele kann lieben, wie viel mehr die eines Künstlers, eines Organisten der äußerlich verkrüppelt daherkommt. Doch was, wenn seine Liebe nicht erwidert wird, er aber die Macht hat, sie zu erzwingen?
Ein verfluchtes Gemäuer dient als Ort der letzten übersinnlichen Ermittlung. Furcht, ja regelrechte Panik überkommen Vance und seinen Freund, als sie in den frisch restaurierten Zimmern nächtigen.
Das Ehepaar Askew erliegt nur ein einziges Mal der Versuchung, ihre beiden Detektive des Übersinnlichen dem großen Doyle’schen Vorbild anzugleichen. Ansonsten wandelt das Autorenpaar auf eigenen Füßen, und dies, um es vorweg zu nehmen, nicht schlecht.
Den Leser erwartet eine Welt, die geruhsamer daherkommt als unsere moderne, hochtechnisierte Umgebung. Der Umgang der Menschen ist von Höflichkeit und Rücksichtnahme geprägt, wobei dies allerdings nur auf den eigenen, adeligen Stand zutrifft, Dienstboten werden angeschrien, hinausgeworfen und gezüchtigt.
In diese auf den ersten Blick so beschauliche Welt dringt das Übernatürliche ein. Unsere Ermittler werden gerufen, wenn sich die Honoratioren keinen Reim mehr machen können. Und sie begegnen dabei nicht nur Scharlatanen, sondern auch echten Erscheinungen. Hier erwartet uns ein buntes Sittengemälde einer Zeit, die lange vergangen und unserer doch auf gewisse Weise ähnlich ist. Gerade die Unterschiede, der Umgang, den man in gehobenen Kreisen miteinander pflegt, das Savoir-vivre der Hautevollee in Kombination mit dem Einbruch des Bösen in diese vordergründig so heile Welt, schafft viel Reiz für den Leser.
So bietet der Band klassische Gespenstergeschichten, die viel Atmosphäre verbreiten, spannend unterhalten und ohne Knalleffekte auskommen.