SS-GB (DVD)

SS-GB
GB 2017

Rezension von Christel Scheja

Gedanken über alternative Welten haben sich Science-Fiction-Autoren schon gemacht, als das Genre noch in den Kinderschuhen steckte, so dass es nicht verwunderlich ist, dass immer wieder neue Geschichten veröffentlicht werden, in denen irgendetwas in der Historie anders gelaufen ist. Besonderer Beliebtheit scheinen bei Filmemachern derzeit die Romane zu besitzen, in denen das Dritte Reich als Sieger aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen ist und nun die Welt zusammen mit den anderen Achsenmächten unter seiner Fuchtel hat. In etwas kleineren Dimensionen als ihr amerikanischer Vetter arbeitet dabei die britische Serie „SS-GB“, in der die Deutschen die Luftschlacht über England gewannen.

 

Der König ist ein Gefangener der Nazis und Großbritannien ist von den Deutschen besetzt. Zwar regt sich einige Jahre nach dem Sieg immer noch Widerwille, aber der Griff von SS und Wehrmacht ist unerbittlich, deutliche Spuren der Veränderungen sind vor allem im Stadtbild von London zu sehen.

In dieser Zeit versucht Detective Douglas Archer irgendwie durchzukommen. Um seine Familie nicht zu gefährden, muss er sich immer wieder mit seinem skrupellosen und brutalen Vorgesetzten, der der SS angehört, arrangieren. Bisher ging das ganz gut, doch dann muss er in einem Mordfall ermitteln, der in Verbindung mit Schwarzmarkt-Geschäften zu stehen scheint. Je tiefer er anfängt zu graben, als er nach dem Täter sucht, desto mehr erkennt er, dass er ganz offensichtlich in ein Wespennest gestochen hat.

Schon bald wird er auch vor die Wahl gestellt, auf welche Seite er sich jetzt eigentlich schlagen soll, denn im Untergrund beginnt sich der Widerstand neu zu formieren und es scheint, als könnte er  jede Unterstützung gebrauchen.


Die Drehbuch-Autoren zeichneten bereits für „Skyfall“ und „Spectre“ verantwortlich, haben deshalb durchaus ihre Erfahrungen mit der Konzeption eines Thrillers, auch wenn eine Mini-Serie für das Fernsehen doch andere Anforderungen stellt als ein Kinofilm, allein schon vom Budget her. Deshalb sollte man in den Folgen auch keine allzu ausgefeilte Action erwarten, denn das Geld wurde offensichtlich eher in glaubwürdige Kulissen und Kostüme gesteckt.

Man fühlt sich tatsächlich in das besetzte London der 40er Jahre versetzt, in dem die Nazis und die Wehrmacht glauben, die Oberhand zu haben und sich ihre Anführer entsprechend aufführen. Allerdings bleibt die Geschichte dann doch nah an den kleinen Leuten wie dem Detective, der bisher keine andere Wahl hatte als sich mit den Deutschen zu arrangieren, nun aber immer wieder aufgerüttelt wird, denn es gibt gute Gründe seinem Gewissen und damit dem Widerstand zu folgen. Douglas Archer ist keiner, der auf Dauer die Augen verschließen kann, deshalb gerät er schon bald zwischen die Fronten.

Der Auftakt ist furios, spannend und dramatisch, die Handlung lässt viel erwarten, aber leider schaffen die Macher es nicht ganz, die hochgesetzten Erwartungen zu erfüllen. Das Ende ist fast schon ein wenig enttäuschend, denn die Aufklärung des Mordes wirkt geradezu banal, mit anderen Fragen wird der Zuschauer im Regen stehen gelassen. Auch verliert man irgendwann den Überblick darüber, wer denn nun eigentlich für wen arbeitet, wer ein Verräter ist und wer treu „Zur Sache“ steht, sei es nun bei den Besatzern oder im Widerstand.

Die Schauspieler sind gut, sie beleben ihre Figuren mit all den Klischees, die man aus ähnlichen Publikationen kennt, schaffen es aber auch, ihnen ein paar ungewohnte Seiten abzutrotzen.

Am Ende bleibt deshalb ein doch eher zwiespältiger Eindruck. Vieles ist wirklich gelungen: Ambiente und Figuren funktionieren, weil sie stimmig und interessant sind, aber leider verpufft gerade die Spannung zum Ende hin doch mehr als nötig gewesen wäre.

Fazit: „SS-GB“ ist eine interessante Mini-Serie mit großen Momenten und guten Schauspielern, die einen regelrecht erschaudern lassen, allerdings verliert die Serie zum Ende leider an Spannung, weil die Auflösung des Falls und die Handlung doch zu sehr mit der heißen Nadel gestrickt scheinen.


DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (16:9 anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0, englisch Dolby Digital 2.0
Untertitel: keine

DVD-Extras:
keine