Arthur Ténor: Die fantastische Reise ins Königreich der sieben Türme (Buch)

Arthur Ténor
Die fantastische Reise ins Königreich der sieben Türme
(Voyages Extraordinaire au royame de Sept Tours)
Aus dem Französischen übersetzt von Stefanie Mierswa,
Titelillustration von Andreas Adamek
cbt, 2010, Hardcover, 350 Seiten, 14,95 EUR ISBN 978-3-570-16034-3

Carsten Kuhr

Thédric Tibert ist eigentlich ein ganz gewöhnlicher Mensch. Tagsüber studiert er auf väterlichem Wunsch Jura, abends kocht er sich in seiner kleinen Wohnung in Paris sein Essen und zum Urlaub fährt er nach Ägypten oder Toronto. Eines Tages aber, als er einmal wieder an einem der neuen Reisebüros vorbeikommt die Ferien in den Phantasiereiche anbieten, gehen die Pferde mit ihm durch. Mit Anfang Zwanzig müsste die Midlife-Crises eigentlich noch ein paar Jahrzehnte entfernt sein, trotzdem bucht er mit den Ersparnissen, die er eigentlich für ein neues Motorrad nutzen wollte, eine Reise per Imaginoport.

Eine Reise ausgerechnet in das wilde, gefährliche Königreich der Sieben Türme, einem Reiseziel, für das Imaginoport eine Garantie für körperliche Unversehrtheit oder auch nur Rückführung ausdrücklich ausschließt. Aber wenn schon, dann aber richtig, denkt sich unser Urlaubsheld, und macht sich, ein wenig bang ums Herz, auf den Weg.

Dass ihn gleich zu Beginn seiner zwölf gebuchten Tage ein einheimischer Führer erwartet, der ein wenig ruppig daherkommt, ist noch zu verschmerzen. Der vom zwölf Stunden Ritt wunde Hintern, die frittierten Heuschreckenbeine, der Sturz in einen Teerfluss und die vom Blitzlicht verjagten tanzenden Elfen nerven da schon mehr. Als unser Held sich dann aber in einer Wahrsageschale beim Sterben-- ein fieser Ork hat ihm eine Lanze durch seinen nicht ganz Waschbrettbauch-gestähltes Vorderteil gerammt- erblickt, verstört ihn dann doch. Es kommt, wie es kommen muss – die Invasion der Orks beginnt, der lokale Imagoport wird geschlossen und Thédric findet sich mitten im Verzweiflungskampf gegen die Horden des finsteren Orkführers wieder – und der setzt sich, nun raten Sie einmal, natürlich genau auf die Fährte unseres Besuchers ...

Trotz der Tatsache, dass die Verlage jahrlang die angloamerikanischen Länder in Hinsicht auf phantastische Romane abgegrast haben und auch heimische Autoren entdeckt und gefördert wurden, lässt sich die Nachfrage nach entsprechenden neuem Lesestoff kaum mehr befriedigen. Es gilt also über den Tellerrand hinauszublicken, zu sehen, ob und was in unseren europäischen Nachbarlängen publiziert wird. Italien trumpfte mit Lucia Troisi und Chiara Trazzulla auf, jetzt ziehen die französischen Autoren nach.

Was sich auf den ersten Blick wie ein lahmer Aufguss gängiger Fantasy-Themata anhört, das entpuppt sich bei der Lektüre als ein sehr amüsant zu lesendes Fantasy-Abenteuer.

Unser Ich-Erzähler ist ein Mensch wie du und ich. Als typischer Urlauber vereint er all die so geliebten Charaktereigenschaften in sich – er ist überheblich, eingebildet, verwöhnt, meint, dass sich immer alles und natürlich sofort um ihn zu drehen hat, und verlangt von allem das Beste und dies auf der Stelle. Den Kulturschock, der ihm und seinem Führer wechselseitig bevorstehet, kann man sich lebhaft vorstellen. Trotz aller Reibereien und Animositäten, trotz der heftigen Anpassungsprobleme aber will Thédric vor dem drohenden Krieg nicht reißaus nehmen, ganz im Gegenteil. Er will das Abenteuer auskosten bis ans Limit, und seinen neuen Freunden helfen, ob diese nun wollen, oder nicht. Das erinnert ein wenig an eine gelungene Mischung aus Lyon Sprague de Camp und Jules Verne, das offeriert, gerade weil der Autor nicht bierernst vorgeht und immer einen treffenden Blick für die menschlichen Schwächen hat, kurzweiliges, spannendes und abwechslungsreiches Lesefutter für Bücherratten aller Altersklassen.

Natürlich sind die Grundthemata bekannt – das übermächtige Böse, das in einer archaischen Welt die vereinten Völker des Lichts angreift, der Mensch, der plötzlich und unerwartet in den Konflikt hineingezogen wird und hier bestehen muss, aber auch so manche unangenehme Wahrheit über sich und seine Kultur erkennen und akzeptieren darf, das ist nicht neu, liest sich aber überraschend frisch.

Der etwas abrupte und nicht ganz stimmige Schluss sei erwähnt, bis dahin aber wird der Käufer wirklich gut und spannend unterhalten.