Alim der Gerber 4: Dort, wo die Blicke glühen (Comic)

Alim der Gerber 4
Dort, wo die Blicke glühen
(Alim le Tanneur: Là où brûlent les regards)
Text: Wilfrid Lupano
Zeichnungen: Virginie Augustin
Farben: Geneviève Penloup & Virginie Augustin
Übersetzung: Monja Reichert
Lettering: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2010, Hardcover, 64 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-940864-96-3

Frank Drehmel

Während Khelob, Torq Djihid und ihre Mannen die Heilige Insel suchen, treibt Alim das Verlangen, seine vor vielen Jahren verschwundene Tochter Bul wiederzusehen; sie alle hat es gemeinsam in das Mojah-Moor verschlagen, doch nachdem sie getrennt wurden, müssen sie nunmehr in vereinzelten Gruppen gegen die Kreaturen der Sümpfe um ihr Überleben kämpfen.

Nach einigen Auseinandersetzungen und einer waghalsigen Flucht mittels einer schwebenden Pflanze finden die Eindringlinge aus Bramhalem wieder zusammen; lediglich Torq Djihid bleibt verschwunden. Der fanatische General wird während eines Kampfes mit einem Sauroiden schwerverletzt, jedoch von einem seltsamen Mann gerettet und fortgeschafft, kurz bevor er den Raubtieren endgültig zum Opfer fällt.

Für Khelob bedeutet das Verschwinden seines Widersachers weitere gravierende Probleme, denn die Gefolgsleute des Generals sind nicht bereit, dem Opfergeber zu gehorchen und das tödliche, unheimliche Moor zu verlassen, sondern wollen ihren Anführer, den sie am Leben wähnen, suchen.

So trennt sich die Gruppe erneut: nachdem Torq Djihids Männer in Begleitung Um'guz' im grünen Dickicht verschwunden sind, finden Khelob, Kubil und Alim bald darauf eher zufällig die gesuchte Heilige Insel. Während dort der Opfergeber in geradezu ekstatische Verzückung verfällt, jedoch einer Verletzung Tribut zollen muss und von den freundlichen Einheimischen fortgeführt wird, trifft Alim auf dem Eiland jene alte Freundin Cleolia, wieder, die einst mit der kleine Bul verschwand. Von der Frau erfährt der ehemalige Kastenlose, was in der Zwischenzeit geschehen ist und wie sich Bul in eine Richtung veränderte, die sie heute zu einer gefährlichen jungen Frau macht.

Als später auch der leidlich geheilte Torq Djihid mit seinen Truppen auf der Insel eintrifft, beginnt ein erneutes Morden und Schlachten, dem nicht nur die Eingeborenen zum Opfer fallen.

Was einst im ersten Band als zwar in Teilen gravitätische, aber unterm Strich dennoch relativ leichte, märchenhafte Geschichte begann, gipfelt in diesem Abschlussband in einem düsteren, blutigen Finale, in welchem Momente der Lebenslust, der Freude und der Hoffnung rar gesät sind und erst auf den letzten drei Seiten auf eine irritierende, fast schon zweifelhafte Weise wieder Bedeutung gewinnen, indem der Autor all dem Sterben, dem Töten und dem Verrat einen Sinn verleiht und den Leser darauf hinweist, dass, in historischen Dimensionen betrachtet, aus dem Grauen, aus religiöser Verklärung und Manipulation zum Zwecke der Machterhaltung auch Positives erwachsen kann.

Im Fokus diese vierten Albums steht nicht nur der Konflikt zwischen Khelob, dem Opfergeber, dem religiösen Führer Bramhalems und Genral Torq Djihid, der in einem blutigen Finale kulminiert, sondern auch die inneren Beweggründe weiterer Protagonisten sowie die tragische Wiedervereinigung von Alim und Bul, wobei mittels einiger Rückblenden der Leser von maßgeblichen Ereignissen erfährt.

Das Artwork Virginie Augustins ist in Zeichnung wie Koloration nach wie vor ohne Makel. Obgleich es den Bildern noch immer nicht an grafischer Leichtigkeit mangelt, wirken gerade die Protagonisten – verglichen insbesondere mit dem ersten Album – auf eine schwer zu fassende, jedoch stimmige Art, die möglicherweise auch der Zeit geschuldet ist, die zwischen dem Zeichnen des ersten und des vierten Bandes vergangen ist, signifikant härter: die Konturen sind einen Tick kantiger, weniger fein, die Schraffuren eine Hauch roher und die Koloration ist etwas weniger klar.

Fazit: Der visuell leichte und inhaltlich tiefe wie düstere Abschlussband einer der herausragenden Alben-Reihen der letzten Jahre. Für Comic-Liebhaber ein Muss!