Edward Lee: Der Hornbrecher (Buch)

Edward Lee
Der Hornbrecher
(The Horncranker, 2001)
Übersetzung: Bernhard Reicher
Titelbild: Dean Samed
Festa, 2017, Paperback, 202 Seiten, 12,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Dean Logan ist in einem Mini-Kaff in South Dakota aufgewachsen. Dabei war er dort bei weitem kein Niemand, oh nein, weit gefehlt, er war Weltmeister im Hornbrechen junger Bullen und er war ein Riesen-Arschloch mit einem Ego bis zum Mond. Ein richtiger Hardcore Redneck Mothfucker, der die Mädchen gleich reihenweise flachgelegt, ihnen auch gerne einmal eine mitgegeben oder betrogen und seine Altersgenossen gleich im Dutzend verprügelt hat. Ein Wochenende ohne richtige Schlägerei und Rudelbumsen von neuen Eroberungen war kein gelungenes Weekend.

All dies änderte sich, als der Landjunge seine Zelte abbrach und nach Seattle in die große Stadt zog. Er lernte eine hochklassige Frau kennen, verliebte sich, heiratete und verwandelte sich vom Saulus zum Paulus. Soll heißen, Dean kümmert sich um die Wäsche, den Haushalt, das Putzen und Einkaufen und darf, wenn er Glück hat, alle zwei Monate an seine frigide Frau ran. Dass diese ihn ganz offensichtlich betrügt, blendet er aus. Die Hinweise seiner Freunde, Rednecks wie er es einmal war und seiner Angetrauten natürlich allesamt ein Dorn im Auge, schlägt er in den Wind.

Dann aber hat er Blackouts, Visionen von einem Dean, wie er früher einmal war. Ein Dean, der sich nimmt was er will, der der Herr im Hause ist und den Weibern zeigt, wer die Hosen anhat. Das Non-REM-Imagery-Syndrom, eine schleichende Art der Schizophrenie, hat ihn befallen.

Währenddessen werden Unschuldige, erst Frauen dann Kinder in De Smet, South Dakota  brutal ermordet aufgefunden. Einem Teil wurden ihre Hoden aus dem Penis gesaugt, anderen die Augäpfel oder gerne auch das ganze Gehirn entfernt. Eine nackte Frau, schwarz wie die Nacht soll es gewesen sein, doch wo kommt sie her, was ist sie?

Als immer mehr ausgeweidete Kinderleichen auftauchen und man Hufspuren am Tatort findet, ist guter Rat teuer. Eine schwarze Frau, dunkel wie die Nacht mit Hufen, oder ein Tier, das sich in eine Frau verwandeln kann, oder…?

Dean reist, begleitet von seinem Kumpel, heim um nach seinem schwer verletzten Vater zu schauen. Da weiß er noch nicht, dass es an ihm ist, dem Schrecken Einhalt zu gebieten…

 

Keiner, aber auch wirklich keiner schreibt so schweinische, dreckige, perverse aber auch treffende Südstaaten-Horror-Geschichten wie Edward Lee.

Natürlich weiß der Mann, was er da zu Papier bringt, schließlich ist er alles andere als dumm. Er hat seine Nische gesucht und gefunden und lebt zwischenzeitlich ganz gut davon, dem Leser den eigenen Mageninhalt hochkommen zu lassen.

Interessant ist dabei für mich immer, dass es ihm ein ums andere Mal mit leichter Hand gelingt, herrlich akkurate Bilder der Rednecks der Fly Over States und des Südens zu zeichnen. Hier nimmt eine Subkultur Gestalt an, die dafür zuständig war, dass ein gewisser Trump ins Weiße Haus einzog.

Vorliegend erwartet den Leser einmal mehr eine Mischung aus perversen Sex-Beschreibungen und einer phantastischen Handlung, die die Bühne für die plakativen Schilderungen bildet. Fans von Lees Romanen werden dieses Frühwerk lieben, finden sie doch all die Versatzstücke, die sie bei ihrem Porn- und Gore-Autor erwarten. Leser gemäßigter Horror-Romane sei einmal mehr von der Extrem Reihe abgeraten und auf die Horror-Edition des Verlags verwiesen.