Garth Nix: Goldener Sonntag – Die Schlüssel zum Königreich 7 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 13. Mai 2010 17:16
Garth Nix
Goldener Sonntag
Die Schlüssel zum Königreich 7
(Lord Sunday)
Aus dem australischen Englisch übersetzt von Axel Franken
Titelillustration von Arndt Drechsler
Innenillustrationen von Daniel Ernle
Lübbe, 2010, Hardcover, 318 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-431-03810-1
Carsten Kuhr
Sechs Vermächtnisse hat Arthur schon gefunden, sechs der verräterischen Lords und Ladies des großen Hauses bezwungen, doch jetzt scheint er an einem toten Punkt angelangt zu sein. Er selbst ist, aufgrund Einsatzes von zu viel Hausmagie, zu einem Bürger gewandelt, doch selbst im fast unzerstörbaren Körper eines Bürgers hat er Lord Sonntag und dessen Schlüssel kaum etwas entgegenzusetzen.
Während des Nichts das große Haus angreift und nach und nach nichtet, und seine Freundin Blatt der neue Leutnant Hüter der vorderen Tür wird, hat ihn ein Pfeifer in den Unvergleichlichen Gärten gefangengenommen. Nur, dass der Junge mit seinem magischen Dreizack gar kein einfacher Gärtner war, sondern Lord Sonntag höchstselbst in einer wirkungsvollen Verkleidung.
So findet sich Arthur trotz aller Vermächtnisse der Architektin und den Schlüssel in seinem Besitz hilflos an einem Uhrengefängnis gekettet wieder, aus dem ihn nur einer befreien kann – der Mariner muss das dritte Mal zu seiner Rettung herbeieilen. Doch dazu gilt es zunächst, das Medaillon mit dem Arthur ihn rufen kann, wieder herbeizuschaffen ...
Der siebte und damit letzte Band der Sage um die Schlüssel zum Königreich liegt vor, besser gesagt: lesetechnisch hinter mir. Mit seinem Zyklus hat der australische Autor gerade auch bei uns Geschichte geschrieben. Im zu Lübbe gehörenden Ehrenwirth Verlag gestartet, nun aufgrund der Reorganisation des Konzerns bei Lübbe gelandet, war der Zyklus ursprünglich für eine Taschenbuchausgabe vorgesehen. Erst in der sonst so strengen Vertreterkonferenz hat man sich dann dafür entscheiden, die Reihe im Hardcover zu präsentieren. Und man hat nicht gekleckert, sondern geklotzt. Tolle, zum Inhalt angefertigte Titelbilder aus der Werkstatt von Arndt Drechsler, dazu Innenillustrationen, marmoriertes Vorsatzpapier, die Bücher waren und sind ein Augenschmaus.
Auch inhaltlich bot sich dem Leser herausragende Kost. In den sehr feinfühligen Übersetzungen von Axel Franken präsentierte Nix eine ganz eigene phantastische Welt. Ein großes Haus, von einer mysteriösen, seit Urzeiten verschwundenen Architektin geschaffen, in dem sieben Lords regieren und das mit den durch es selbst geschaffenen Welten in Verbindung steht. Geschickt hob der Autor mit jedem Band den Vorhang um die Geheimnisse des Hauses ein wenig mehr, führte neue phantastische Wesen ein, und stellte immer wieder andere Protagonisten an die Seite des Helden. Dabei ließ er Arthur mit sich, seinem Schicksal und seinen Freunden hadern, charakterlich reifen und scheute sich auch nicht vor herben Verlusten. Phantasievoll schuf er so ein ganz eigenes, vielschichtiges Bild einer im wahrsten Sinne des Wortes phantastischen Bühne, auf die er seine Handlung ablaufen ließ.
Packende Kämpfe gab es ebenso wie waghalsige Kommandounternehmen, es wurde genichtet und gewaschen, verbürokratesiert und tyrannisiert, dass es eine wahre Pracht war.
Nach sechs tollen Romanen nun also im letzten Teil der hoffentlich triumphale Abschluss der Serie. Nun, die losen Enden wurden zu einem in sich logischen Ganzen verknüpft, die Rätsel aufgelöst, und Arthur endlich als Erbe der Architektin eingesetzt. Das alles konnte man erwarten.
Doch irgendwie konnte mich das Buch, gerade auch im Vergleich zu den ersten Teilen der Reihe, nicht im selben Maße fesseln. Mag es daran gelegen haben, dass der Autor viele Baustellen parallel abwickelt, dass der Handlungsfaden deshalb ein wenig aufsplittert, ja, der Plot gar zu sprunghaft und letztlich zu undurchsichtig wird, dass die große Lesefreude, das Hineinschlupfen in Arthur als Protagonist, dieses Mal nicht so mühelos gelang.
Es mag aber auch daran liegen, dass Nix eben kein Friede, Freude Eierkuchen Happy End für seine Leser in petto hatte, sondern sich ganz bewusst für ein relativ offenes Ende entschieden hat. Trotz aller Exkurse, die die Handlung nimmt, bleiben hier so manche Fragen offen, einige Baustellen unbearbeitet.
Dazu kommt, dass Arthur als Person dieses Mal nicht wirklich glaubwürdig und nachvollziehbar wirkt. Er wird von äußeren Umständen getrieben, reagiert mehr, als dass er agiert, sein Gefühlschaos, das ihn angesichts der drohenden Niederlage überkommen muss, wird kaum thematisiert. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Garth Nix sich wie in den früheren Bänden mehr Raum für die Zeichnung der Gefühlswelt seines Erzählers genommen hätte, ein wenig mehr in die Tiefe gegangen wäre.
Insofern also nicht ganz der erhoffte triumphale Abschluss einer außergewöhnlichen Serie, die insgesamt aber zu den interessantesten Reihen der letzten Jahre zählt und sicherlich als Klassiker des Genres in die Bibliotheken eingehen wird.