Assassin’s Creed (Film)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 22. Dezember 2016 20:02
Assassin’s Creed
USA 2016, Regie: Justin Kurzel, mit Michael Fassbender, Marion Cottilard, Jeremy Irons u.a.
Rezension von Christel Scheja
Als die französische Games-Schmiede Ubisoft „Assassin's Creed“ 2007 auf den Markt brachte, ahnte noch keiner, dass die Geschichte um das Credo der Assassinen und ihr ewiger Kampf gegen die Templer so erfolgreich sein würde, dass neben vielen weitere Geschichten aus dem Kosmos auch noch Romane, Comics und Merchandise erschienen. So muss man sich auch nicht über den logischen Schluss wundern, die Geschichte auch ins Kino zu bringen. „Warcraft“ hat es ja bereits im Frühjahr mit „The Beginning“ vorgemacht. „Assassin’s Creed“ erzählt als Film eine eigene Geschichte, um auch unerfahrene Zuschauer in den Bann zu schlagen. Aber die Elemente, die das Spiel erst ausmachen, wurden natürlich nicht außer Acht gelassen.
Das Leben meint es nicht gut mit Callum Lynch. Mit etwa zehn Jahren findet er seine Mutter tot in dem elenden Quartier, in dem er aufgewachsen ist - umgebracht von seinem Vater. Von nun an kennt er nur die Sprache der Gewalt, wird von einer Pflegefamilie in die andere geschubst, begeht immer schlimmere Straftaten, wenn er mal aus Jugendarrest und Gefängnis kommt. Sein Leben scheint zu Ende zu sein, als er, zum Tode verurteilt, hingerichtet werden soll.
Nach dem Verabreichen der Giftspritze erwacht er jedoch an einem anderen Ort. Die Wissenschaftlerin Sofia Rikkin eröffnet ihm, dass sie ihn vor der Giftspritze gerettet hat, damit er ihr hilft. Denn er allein sei in der Lage, das Heilmittel für alle Gewalt in der Welt zu finden. Mittels des Animus, einer Maschine mit der es möglich ist über die DNA die genetischen Erinnerungen der Vorfahren zu wecken und durchleben zu lassen, könnte es möglich sein, den „Apfel von Eden“ wiederzufinden, ein uraltes magisches Relikt, das den Schlüssel zum ersten Ungehorsam des Menschen, also seinem freien Willen birgt.
So schlüpft Callum Lynch immer wieder in die Erinnerungen seines Vorfahren Aguilar de Nerha, was ihm aber auch die Augen öffnet. Denn nach und nach wird ihm immer mehr bewusst, dass er nur benutzt wird und das auch noch von der Organisation, vor der der Assassine das Relikt einst in Sicherheit brachte: den Orden der Templer. Und nun muss er sich entscheiden: weiter mit Sofia zusammenzuarbeiten oder dem zu folgen, was in seinem Blut ist, dem Credo der Assassinen.
Eines muss man dem Film zugute halten. Die Optik kann sich sehen lassen, gerade was die Szenen in Spanien betrifft. Hier haben sich die Macher nicht lumpen lassen und die Bildgewalt entfesselt, die man auch aus den Spielen selbst kennt. Epische Kamera-Schwenks erlauben einen Blick auf die opulent und detailreich ausgestaltete Landschaft, ehe sie an die Helden und Schurken heranzoomt. Die Kostüme mögen zwar historisch angelehnt sein, der Film macht aber auch keinen Hehl daran, dass er eine Fantasy-Welt abbildet und nicht die historische Wirklichkeit. Das merkt man auch schon an einer recht orientalisch aussehenden und im Gesicht tätowierten Königin Isabella.
Die Action ist so, wie man sie aus anderen Filmen kennt - rasant und schnell, voller asiatischer Kampfkunst, wie sie heute Standard zu sein scheint und nicht zuletzt akrobatisch verbrämt. Auch die legendären „Todessprünge“, mit denen sich die Assassinen aus ausweglosen Situationen retten, dürfen nicht fehlen.
Eingebettet sind die historischen Erinnerungen aus dem ausgehenden fünfzehnten Jahrhundert in eine Rahmenhandlung der Jetztzeit. Zunächst erfährt man, warum Callum Lynch so wurde wie er später ist, dazu begleitet man ihn von der Todeszelle in die geheimen Forschungslabors von Abstergo. Eine junge Frau überredet ihn zu einem Deal. Die Freiheit und eine neue Identität, wenn er sich dem Animus unterwirft. Im Gegensatz zu Spanien, das in warmen Brauntönen gehalten ist, regieren in diesen Szenen die eher kalten und nüchternen blautönigen Farben.
Die Geschichte selbst lässt Elemente aus den verschiedenen Spielen erkennen; Abstergo gibt es auch dort als Firma, mit der die Templer Einfluss auf die Welt nehmen, ebenso wie den Animus, mit dem der Held in die Vergangenheit seiner eigenen Blutlinie reist. Auch wenn er ganz anders aussieht.
Die Filmemacher haben sich jedoch bewusst eine eigene Geschichte ausgedacht, die sich nur immer wieder vor den Games verbeugt und genügend Anspielungen bietet, so dass die Fans der Reihe sicherlich das eine oder andere wiedererkennen werden.
Die Handlung ist simpel gestrickt und überschaubar, dient in erster Linie dazu, die Assassinen in Aktion zu zeigen und immer wieder mit viel Pathos das „Credo der Assassinen“ zu betonen. Was ihr allerdings nicht gelingt ist einen klaren Hintergrund zu zeichnen. Man versteht als unbeleckter Zuschauer mit der Zeit, dass sich Templer und Assassinen nicht besonders mögen und über die Zeiten bekriegen, aber die Gründe dafür bleiben im Dunklen, auch die wirklichen Absichten des Ordens, der scheinbar wieder einmal nur die Weltherrschaft will. Und natürlich sind es die Außenseiter und Unterdogs, die das zu verhindern wissen.
Vielleicht mag es auch stören, dass die Vergangenheitsszenen komplett in Spanisch gehalten sind; ein interessanter Zug, der zwar Atmosphäre schafft, aber dazu zwingt, die Untertitel lesen zu müssen, was vermutlich nicht jeder Zuschauer mag. Eine weitere Schwäche ist, dass die Figuren trotz des hochkarätigen Casts mit Michael Fassbender, Marion Cottilliard und Jeremy Irons, eher blass und schablonenhaft bleiben. Da ist der Held, der sich bisher gegen sein Schicksal gewehrt hat und am Ende doch dem fügen muss, was seine Blutlinie bestimmt, die Tochter, die das Gute will, sich aber doch dem Vater fügen muss, ein Mann, der die Prinzipien der Templer, mit allem was dazu gehört, lebt und nichts weniger als seinen eigenen Vorteil sieht. Keine Figur, weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart, entwickelt wirklich Ecken und Kanten, sie bleiben glatt gebügelte Archetypen ohne eigenes Leben. Die Schauspieler haben nicht im Geringsten Gelegenheit sie weiter zu entwickeln, selbst in Gesten und Mimik sind sie oft genug eingeschränkt.
Gerade zum Ende hin verfällt die Geschichte auch noch in ein extrem aufdringliches Pathos, um den Wandel von Callum Lynch zu demonstrieren und verliert ganz die Bodenhaftung, die vorher noch in Grundzügen vorhanden war.
Das sind vermutlich auch die Gründe, warum man als Zuschauer letztendlich doch eher distanziert bleibt, die Optik und die rasante Handlung zwar genießt, weil sie ohne Längen auskommt, aber am Ende nicht wirklich viel davon aus dem Kinosaal mitnimmt. 3D wäre nicht unbedingt nötig gewesen, gibt dem Film aber durchaus Raumtiefe, wie man sie teilweise im Spiel genießen kann.
„Assasin’s Creed“ ist eine typische Game-Verfilmung mit all den Schwächen, die man diesen zuordnen kann. Zugunsten einer überwältigenden Optik werden Handlung und Charaktere auf das Notwendigste reduziert. Epische Schlachten und ausgefeilte akrobatische Bewegungsabläufe ersetzen eine Geschichte mit tiefer gehenden und nachvollziehbaren Hintergrund und Figuren, die nicht nur klassische Game-Archetypen sind, sondern auch einmal mit Ecken und Kanten überraschen. Wer die Spiele kennt wird sicherlich seinen Spaß haben, ansonsten sollte man nicht mehr als Action-Getümmel der modernen Art erwarten, das zwar wunderbar choreographiert und animiert ist, was man am Ende auch schnell wieder abhakt und vergisst.