Patricia Briggs: Im Bann der Wölfe (Buch)

Patricia Briggs
Im Bann der Wölfe
Alpha & Omega 4
Übersetzung: Vanessa Lamatsch
Heyne, 2016, Taschenbuch, 446 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-453-31745-1 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Eigentlich will Charles, der Vollstrecker des Werwolfrudels, seiner geliebten Frau Anna nur ein Pferd kaufen. Als sie in Arizona bei Charles altem, im Sterben liegenden Freund ankommen, müssen sie nicht nur Abschied von einem Menschen nehmen, der keine Angst vor dem Tod hat, sie werden auch in einen Angriff der Fae verwickelt.

Die Fae, die so gar nichts mit den niedlichen Feen der Disney-Filme gemein haben, hatten sich eigentlich vor der Welt der Menschen in ihre Refugien zurückgezogen. Doch dann werden die Enkel des örtlichen Werwolfes angegriffen und ihre Mutter von den Fae bedrängt, zuerst die Kinder und dann sich selbst umzubringen.

Die Gewalttaten können verhindert werden, die Spur führt in den Kindergarten. Hier stoßen die Werwölfe und die Ermittler auf einen Wechselbalg, ein Wesen aus Zweigen und Magie, das verschleiern soll, dass ein menschliches Kind von einem der Grauen Lords entführt wurde.

Das Kind muss gerettet, der Angriff der Fae energisch zurückgeschlagen werden. Ungewöhnliche Allianzen werden gebildet, um den Fae auf die Spur zu kommen - doch wird dies reichen, das entführte Kind zu retten… oder ist es vielleicht gar schon längst zu spät dafür?


Patricia Briggs’ Werwolf-Zyklen erfreuen sich diesseits wie jenseits des Atlantiks großer Beliebtheit. Während mir persönlich die Mercy-Thompson-Romane immer ein wenig mehr gemundet haben, als die Alpha & Omega-Titel um Charles und Anna, muss ich konstatieren, dass Briggs mit vorliegendem Roman ihre Reihe auf ein neues Level gehoben hat.

Gerade im ersten Drittel des Buches spricht sie sehr ernste Themen nachdenklich und einfühlsam an. Hier geht es um den Tod, das Sterben in Würde, das Akzeptieren des Endes, das uns allen bevorsteht - harter Tobak für eine Urban-Fantasy-Serie!

Insbesondere in der Zeichnung des schwerkranken, vom Krebs zerfressenen Sterbenden hat die Autorin mich überrascht. Einfühlsam, dabei ohne großes Pathos, verdeutlicht sie uns die Entscheidung des alten Mannes, in Würde abzutreten, sich nicht zum Werwolf wandeln zu lassen und den Tod als etwas Natürliches anzunehmen. Das wirkt auch in seiner Ausgestaltung ungeheuer intensiv und verleiht dem Plot eine zusätzliche Dimension.

Daneben geht es verklausuliert auch um Missbrauch, um Gleichberechtigung und um gleichgeschlechtliche Bindungen. Das ist gerade im sonst so uniformen Urban-Fantasy-Umfeld, in dem eher der plakative Akt angesagt ist, ungewöhnlich und damit interessant.

Das soll aber beileibe nicht heißen, dass Briggs darüber vergessen hätte, für Spannung zu sorgen. Die Suche nach dem vermissten fünfjährigen Mädchen und die Jagd nach dem Fae gestaltet sich ebenso abwechslungsreich wie rasant.

So ist dies nicht nur ein gelungener, nein es ist der bislang beste Roman der Alpha & Omega-Serie - der allerdings die Kenntnis der Vorbände zur Lektüre voraussetzt.