Danielle Trussoni: Angelus (Hörbuch)

Danielle Trussoni
Angelus
(Angelology, 2010)
Nach dem gleichnamigen Roman, erschienen bei Knaur
Aus dem Amerikanischen von Rainer Schmidt
Lesefassung von Kai Lüftner
Gelesen von Regina Lemnitz
Titelgestaltung nach einer Vorlage von ZERO Werbeagentur unter Verwendung eines Motivs von FinePic
Hörverlag, 2010, 6 CDs, Laufzeit ca. 450 Minuten, 24,95 EUR, ISBN 978-3-86717-572-2

Irene Salzmann

Die junge Nonne Evangeline lebt seit mehreren Jahren im Konvent der Heiligen Rosa und ist zufrieden mit ihrer kleinen Welt. Sie verbringt viel Zeit im Gebet und arbeitet in der Bibliothek. So liest sie auch den Brief eines gewissen Paul Verlaine, der wie so viele andere um Einsicht in alte Unterlagen des Ordens bittet. Obwohl der Wunsch von der Klosterleitung abgelehnt wird, sucht Paul die Einrichtung auf und erhält von Evangeline zwar nicht alle, aber einige interessante Informationen.

Dass die Fakten, die er zusammentrug, sehr viel brisanter sind, als Paul dachte, bekommt er sehr schnell zu spüren, als die Handlanger seines Auftraggebers Percival Grigori die Aufzeichnungen stehlen und ihn zu jagen beginnen. Evangelines Großmutter rettet ihn in letzter Sekunde und weiht ihn in ein Geheimnis ein, das nur sehr wenigen Menschen bekannt ist: Vor Äonen ließen sich einige Engel mit Menschen ein. Aus dieser Verbindung gingen die Nephilim hervor, übermächtige Monster, die genusssüchtig sind und Freude am Zerstören, Quälen und Morden haben. Seit einer geraumen Weile werden sie jedoch von einer Krankheit heimgesucht, die sie schwächt und langfristig vielleicht auslöschen wird. Ihre einzige Hoffnung ist ein himmlisches Musikinstrument, eine Leier, die einst von den Angelologen gefunden und an einem geheimen Ort verborgen wurde. Der Schlüssel zu ihrem Versteck soll sich in der Korrespondenz zweier inzwischen verstorbener Frauen befinden, von denen eine Äbtissin in jen! em Kloster war.

Auch Evangeline erfährt von den Dingen, die sich lange vor ihrer Geburt zugetragen haben, denn ein Teil des Vermächtnisses wird nun in ihre Hände gelegt, durch ihre ermordete Mutter und die Großmutter, die ebenso große Hoffnungen in sie setzen wie einige der Nonnen und Angelologen, die Zeitzeugen der damaligen Tragödie sind. Allerdings weiß Evangeline noch längst nicht alles – die größte Überraschung erwartet sie, als der Kampf zwischen den Nephilim und den Angelologen um die Leier und damit das Schicksal der Menschheit ihren Höhepunkt erreicht.

Die Geschichte beginnt beschaulich mit der Vorstellung von Evangeline und Paul, die sich in der Bibliothek des Klosters kennen lernen und an Dingen rühren, die sich als äußerst gefährlich erweisen. Noch bevor sie wissen, wie ihnen geschieht, werden sie zu Gejagten, denn die Nephilim belauern Pauls Wohnung und greifen das Konvent an. Die beiden haben keine andere Wahl, als sich den Angelologen, die schon seit Generationen die Engel erforschen und einen geheimen Krieg gegen die Nephilim führen, anzuschließen, wollen sie nicht sterben.

Für Paul öffnet sich eine Welt, die er sich niemals hätte vorstellen können. Schnell akzeptiert er die Gegebenheiten und dass es für ihn kein Zurück gibt. Das gleiche gilt für Evangeline, die nicht zulassen will, dass das Wissen, für das viele Menschen gestorben sind, in die falschen Hände gelangt. Zusammen mit anderen nehmen sie an der Schnitzeljagd teil, die zu der begehrten Leier führen soll. Dabei wird das Bild, was passierte, seit das Instrument gefunden wurde, immer mehr vervollständigt, und die Zusammenhänge werden klarer.

Mit eingeflochten werden Motive aus der Mythologie, Passagen aus der Bibel, sowie historische, theologische und kirchenwissenschaftliche Daten und Theorien – nicht zu viel, damit die Handlung nicht zu trocken wird, aber gerade genug, um die Neugierde zu wecken, denn geheime und verbotene Kenntnisse der Kirche faszinieren genauso wie die Engel, die gerade dabei sind, die Vampire und Werwesen als phantastische Publikumslieblinge abzulösen.

Danielle Trussoni macht aus "Angelus" allerdings keinen banalen Liebesroman, obgleich sich eine Romanze anbahnt. Stattdessen liegt der Schwerpunkt ihres Werkes tatsächlich auf Mystery und Thriller, es geht um die Geheimnisse der Engel, die Suche nach der Leier und eine Entwicklung, die erfahrene Leser bzw. Zuhörer aufgrund winziger Hinweise vielleicht vorhersehen konnten. In Folge endet die Geschichte anders, als man erwartet hätte.

Regina Lemnitz, die man als Schauspielerin aus TV-Serien wie "Unser Charly" und "Dr. Sommer – Neues vom Bülowbogen" oder Synchronsprecherin von Whoopie Goldberg und Roseanne Barr kennt, liest routiniert und lebendig. Man lauscht ihr gern bis zum Ende des spannenden Romans.

Die Ausstattung des Hörbuchs ist sehr gefällig: 6 CDs in Schutzhüllen aus Plastik in einer stabilen, aufklappbaren Papp-Box nebst kleinem Booklet, das das Inhaltsverzeichnis, ein kurzes Interview mit der Autorin und Informationen zur Sprecherin bietet.

"Angelus" ist ein unterhaltsamer Mystery-Thriller für Fans von Titeln wie "Im Namen der Rose", "Die Judas-Papiere" oder "Nebelsturm", der zwar gängigen Erzähl-Traditionen folgt und populäre Motive nutzt, aber durch einen durchdachten Handlungsaufbau und unerwartete Wendungen zu überzeugen weiß.