Drifter 2: Die Wache (Comic)

Ivan Brandon
Drifter 2
Die Wache
(Drifter 6-9, 2015)
Titelbild und Zeichnungen von Nic Klein
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Franz He
Cross Cult, 2016, Hardcover, 116 Seiten, 25,00 EUR, ISBN 978-3-86425-688-2

Von Christel Scheja

Der deutsche Künstler Nic Klein gehört zu den europäischen Zeichner, die in den Staaten Fuß gefasst haben und die Gelegenheit bekamen, ihre eigenen Reihen zu starten. Zusammen mir Ivan Brandon schuf er die SF-Serie „Drifter“, die sich nicht ohne Grund ein wenig an die Spätwestern anlehnt. Im Mittelpunkt steht der Pilot Abram Pollux, der mit seinem Schiff auf der Oberfläche des Planeten Ouro abstürzte.

 

Durch den Crash hat er allerdings seine Erinnerung verloren, zumindest glaubt er das, als er in einem Zimmer erwacht und sich unter den Augen der Ärztin Carter und der andere Bewohner des kleinen Ortes an nicht mehr viel außer seinem Namen und den Absturz erinnern kann.

Mehr als ein halbes Jahr ist inzwischen vergangen und er weiß, dass in dieser Zeit Einiges passiert sein muss. Deshalb lässt er die Vergangenheit nicht so ruhen, wie man es ihm rät, sondern beginnt nach seinem Schiff und den Spuren zu suchen, die er im letzten halben Jahr auf Ouro hinterlassen haben muss.

Zusammen mit ein paar Leuten, die mittlerweile zu seinem Freunden geworden sind, bricht er schließlich auch ins Unbekannte auf, auf die dunkle Seite des Planeten, die niemals von der Sonne berührt wird und für Menschen bisher eigentlich verboten war. Denn auch dort könnte ein Teil seines Schiffes liegen, das Herzstück, das wichtige Informationen über seine Mission und ihn selbst enthält. Es ist nur die Frage, ob die fremdartigen Wheeler, die Zwielichtzone und Dunkelheit bewohnen, das auch zulassen werden…


Gerade die erste Hälfte des Bandes lässt immer noch die Klischees und das Ambiente des Spätwesterns durchschimmern, auch die archetypischen Figuren wie der verrückte Prediger und der sarkastische Gesetzeshüter sind noch vorhanden, rücken aber ein wenig in den Hintergrund für die Prospektoren und Trapper, die sich zusammen mit Abram auf den Weg in das Unbekannte machen und dabei nach und nach bemerken, dass der Mann aus dem All offensichtlich doch mehr seine Agenda verfolgt, als sich mit seiner Situation abgefunden zu haben.

Die Andeutungen häufen sich, dass sein Gedächtnisverlust durchaus einen ernstzunehmenden Grund hat, nur verraten will ihm den keiner. Das sorgt für die Spannung in der ansonsten doch eher behäbig und langsam verlaufenden Geschichte, die zwar auch actionreiche Szenen bietet, wenn die Spannung zwischen den Figuren zu groß wird, aber letztendlich doch mehr auf die Charaktere und deren Geheimnisse setzt als auf vordergründige Kämpfe und Schlachten.

Am Ende ist man zwar nicht klüger als beim Ende des ersten Bandes, hat aber ein paar Hinweise mehr, aus denen man sich den Hintergrund vielleicht besser zusammenreimen kann, wenn man alle findet.

Der Fremde ist ein Fremder geblieben, mehr als zuvor rätseln die Freunde, ob sie ihm überhaupt noch vertrauen können - das ist die Botschaft, die die Geschichte in die Zukunft weiter trägt. Im zweiten Band sind die Zeichnungen auch weiterhin von hoher Qualität, die Farben geben gekonnt die Atmosphäre des jeweiligen Szenarios wieder. Wie immer durchbrechen die Panels auch die üblichen Konventionen.

Alles in allem schreibt „Die Wache“ die Serie „Drifter“ gekonnt weiter und lässt vor allem den Helden noch weiter durch eine Welt taumeln, die vieles vor ihm verbirgt und damit mehr als ein reiner SF-Comic ist, bleiben die Thriller-Elemente doch auch in diesem Teil stark im Vordergrund und weniger die des Westerns.