Robert Kraft: Atalanta - Die Geheimnisse des Sklavensees 5 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 08. Juni 2016 18:15
Robert Kraft
Atalanta - Die Geheimnisse des Sklavensees 5
Verlag Dieter von Reeken, 2016, Hardcover, 498 Seiten, 35,00 EUR, ISBN 978-3-940679-98-7
Von Carsten Kuhr
Erinnern wir uns zurück, was in den ersten vier Bänden des umfangreichen Kolportage-Romans geschah. Die Indianerin Atalanta, letzte und damit Erbe ihres Stammes und mit überragenden körperlichen wie geistigen Gaben ausgestattet, hat die Welt in Erstaunen versetzt.
Reichtümer, Goldschätze hat sie gefunden und aus den Tiefen ihres Sees gehoben, eine Feindin besiegt, die Liebe ihres Lebens in einem Sandsturm verloren und eine uralte Geheimgesellschaft mit revolutionären Erfindungen kennengelernt. Zwar findet sie den Totgeglaubten wieder, ein gemeinsamer Sohn wird geboren, doch kurz darauf entreißt das Schicksal den glücklichen Eltern ihren Sprössling. Es dauert ein wenig, bis die Eltern ihren Sohn wieder in ihre Arme schließen dürfen.
Von der Welt enttäuscht ziehen sich Atalanta und ihre Familie, begleitet von einigen Freunden, in die Südsee zurück. Hier kommen sie den Nachfahren der Lemurier auf die Spur. Während sie noch versuchen, sich auf der einsamen Insel ein neues Leben fernab aller sensationellen technischen Neuerungen aufzubauen, wird Atalanta von einem Flüchtling auf dessen Luftschiff gekidnappt. Sie soll ihm als Schutz vor den Nachstellungen der Geheimgesellschaft dienen, aus deren Gefängnissen der Forscher und künftige, selbsternannte Herr der Welt geflohen ist.
Nachdem Atalanta ihre Gefährten an Bord geholt hat, geht es zunächst nach Indien, später an den Nordpol. Kaum konnten die Gefahren überwunden werden, ging es zunächst zurück in die Südsee - und in die Langeweile.
Unsere Indianerin und ihre Begleiter sind nunmal keine Menschen, die gerne die Hände in den Schoss legen. Sie dürsten nach Wissen, nach Entdeckungen und sind immer ebenso neugierig wie unruhig. Gut, dass die Maharadschas für Atalanta neue Aufgaben in Petto haben.
Zunächst werden sie einmal mehr wieder an einen Sklavensee entsandt - dieses Mal geht es nach Mexiko. Hier hat ein Schwabe seinen Traum von der perfekten Gesellschaft verwirklicht. Alles gehört allen, Überschuss wird an die Bedürftigen gegeben, Verfolgte finden hier Aufnahme und Schutz. Doch dann tauchen Mephistopheles und Miss Marwood Morgan auf, das Tal wird belagert und Kapitän Hagen findet seine wahre Liebe…
Es ist vollbracht. Wie vorher schon bei der Neuausgabe der Jan- Mayen- und Sun-Koh-Abenteuer aus der Feder P. A. Müllers hat der Verlag erneut eine Sisyphusarbeit erfolgreich abgeschlossen.
Es ist schon erstaunlich, mit welcher Pünktlichkeit und Qualität die Bücher erscheinen. Die Übertragung von den zumeist altersbedingt doch recht beschädigten Vorlagen ist bestimmt nicht einfach. Umso mehr muss man die Leistung, die Verlag, Verleger und Bearbeiter vollbringen, bewundern und anerkennen.
Jetzt ist Zeit dafür, den monumentalen Text einzuordnen. Für mich war zunächst überraschend wie frei und ungezwungen sich P. A. Müller bei Robert Kraft bedient hat. Nicht nur die Grundsituation - der mysteriöse Erbe einer alten, untergegangen Hochzivilisation ist ähnlich angelegt, auch die Antagonisten, die phantastischen Erfindungen die Gefährten - überall sieht der Kundige Parallelen.
Seit dem vierten Sammelband hat dem Text ein wenig der rote Faden und ein verbindender, charismatischer Bösewicht gefehlt. Mit der Ankunft Atalantas und ihre Entourage im Jägertal in Mexico nahm das Tempo und damit die Faszination wieder zu. Alte Bekannte tauchen auf, die auf den ersten Blick so perfekte Kommune vermittelt ein verfrühtes Hippie-Gefühl. Dazu kommen Angriffe, Verrat und jede Menge gefährlicher Situationen. Der Plot startet noch einmal durch, bevor wir dann vom letztlichen Schicksal Atalantas erfahren.
Auch heute, weit über einhundert Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung, kann man die ineinander übergehenden Erzählungen nach wie vor gut lesen, vermitteln diese Spannung und unterhalten vorzüglich. Sicherlich ist Vieles überholt, zeigt dem Leser aber auch das Bild einer vergangenen, langsameren vielleicht gar friedlicheren Zeit, der man fast ein wenig nachtrauert. Selbst die Ganoven verhalten sich hier noch höflich, es wird ein gewisser Verhaltenskodex von allen eingehalten, die gnadenlose Ellbogengesellschaft ist noch weit entfernt.
Das Beste daran ist, dass der Erfolg der Neuveröffentlichung und das Interesse an Robert Kraft dazu geführt hat, dass Dieter von Reeken mit „Loke Klingsor“ bereits den ersten Band eines weitere Kolportage-Romans ins Angebot genommen hat. Der erste Teil ist bereits erschienen, die Folgebände werden gerade vorbereitet. So kann die Robert-Kraft-Renaissance weitergehen.