Cassandra Clare: Lady Midnight - Die Dunklen Mächte 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 05. Juni 2016 10:34
Cassandra Clare
Lady Midnight
Die Dunklen Mächte 1
(Lady Midnight)
Übersetzung: Franca Fritz und Heinrich Koop
Titelillustration von Cliff Nielsen
Goldmann, 2016, Hardcover, 832 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-442-31422-5 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Fünf Jahre sind vergangen, seitdem der verheerende Krieg gegen Sebastien Morgenstern die Reihen der Schattenjäger so abrupt und herb gelichtet hat. Mittlerweile ist ein wenig Ruhe, fast könnte man sagen, Frieden eingekehrt. Den Schattenjägern wurde im so genannten kalten Frieden jeglicher Umgang mit den Feenwesen untersagt, die Fronten scheinen verhärtet, doch hält sich jeder an die Vorschrift.
Wirklich jeder? Nun, nicht unbedingt, gibt es doch im Institut in Los Angeles eine junge, mehr als talentierte Schattenjägerin, die sich nicht an die Vorgaben hält, nicht halten will. Vor gut fünf Jahren nahm das Leben von Emma Carstairs eine dramatische Wendung. Im Verlauf des Krieges fand man ihre Eltern grausam gemeuchelt und mit merkwürdigen Runen versehen tot auf. Als man die Leichen transportieren wollte, zerfielen diese zu Staub. Während die Verantwortlichen der Schattenjäger die Tat Morgenstern zuordneten, ist Emma überzeugt, dass ein anderer Mörder hinter dem Ableben ihrer Eltern steckt.
In den letzten Wochen tauchten rund um L.A. immer wieder Leichen auf. Die Zähne wurden ihnen herausgebrochen, die Fingerkuppen abgehobelt und die Körper mit Runen übersät. Emma ist der festen Überzeugung, dass der Täter nicht nur für das Dutzend Morde jetzt, sondern auch für die Tat an ihren Eltern verantwortlich ist. Entgegen aller Vorgaben macht sie sich, unterstützt von ihrem Parabatai Julian und dessen Familie sowie einer mexikanischen Freundin daran, den Mörder zu jagen und ihren Durst auf Rache zu stillen…
Willkommen zurück in der Welt der Schattenjäger. Nach dem Verlagswechsel von Arena zu Goldmann, einem Film und einer Fernsehserie erwartet den Leser nun eine neue Geschichte rund um die Kämpfer gegen die Dämonen. Der Ort der Handlung wurde von New York nach L.A. verlegt, neue, zwar schon ein klein wenig bekannte Figuren in den Fokus gestellt und eine weitere dunkle Beschwörung als Gefahr aufgebaut. Wer also die bisherigen Bücher gemocht hat, für den wird es kein Halten geben, sich auch vorliegenden Auftakt einer weiteren Trilogie zu holen.
Allerdings dauert es ein wenig, bis der Plot Fahrt aufnimmt. Die ersten fast 300 Seiten ziehen sich eher zäh, als uns die Autorin ein ums andere Mal von den verbotenen Gefühlen der Parabatai zueinander erzählt, die Figuren - insbesondere rund um Julian - einführt und die Gestalten detailreich zeichnet. Der Vorteil dieser doch recht detailversessenen Ausarbeitung der Figuren zeigt sich dann im Verlauf der Handlung, wenn diese gut nachvollziehbar und überzeugend motiviert agieren und wir ihre Handlungen wie die Gefühle, die sie umtreiben, gut nachvollziehen können. Immer wieder gibt es Querverweise auf altbekannte Figuren und ein paar Gastauftritte werden auch eingestreut, so dass wird auch vom weiteren Schicksal der liebgewonnenen Gestalten aus den früheren Buchserien erfahren.
Der Schwerpunkt und gleichzeitig das Pfund, mit dem Clare wuchert sind die überzeugend dargestellten zwischenmenschlichen Beziehungen. Sei es Julians aufopfernde Hinwendung zu seinen jüngeren Geschwistern und dem senilen Leiter des Instituts, wobei insbesondere die Darstellung des autistischen Tiberius zu überzeugen weiß, oder die aufkeimende Liebe zwischen den Parabatai, die nicht sein darf. Desweiteren fällt positiv auf, dass die Autorin auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften als etwas ganz Normales, Alltägliches schildert und in ihre Handlung integriert.
Im Gegensatz zu den ersten Zyklen um die Schattenjäger hatte ich zumindest den Eindruck, dass diesmal die Darstellung der Gefühlswelt noch weiter in den Vordergrund gerückt ist. Die Figuren sind von ihrer Anlage her tiefschürfender, nachdenklicher und noch problembehafteter angelegt, ihre jeweiligen Auseinandersetzungen mit sich selbst, den Personen um sie herum nimmt einen deutlich breiteren Raum als bislang ein. Das heißt nicht, dass es etwa an Spannung mangeln würde, doch der Schwerpunkt hat sich ein wenig verschoben.
So werden Fans der bisherigen Bücher der Autorin begeistert auch in die neuen Abenteuer folgen, sollte man, des besseren Verständnisses wegen, aber die bisherigen Romane gelesen haben. Alles in allem, vornehmlich im zweiten Teil des Buches, wieder ein wahrer Pageturner, der die Handlung relativ rund abschließt und mich fragend ob der Fortsetzung im zweiten Teil der angekündigten Trilogie zurückließ.