Ralf Boldt: Zu spät - Zehn phantastische Kurzgeschichten (Buch)

Ralf Boldt
Zu spät - Zehn phantastische Kurzgeschichten
Titelbild von Lothar Bauer
2015, Taschenbuch, 150 Seiten, 5,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Von Armin Möhle

Nach seinem Roman „Der Temporalanwalt“ (p.machinery, 2014) legt Ralf Boldt nunmehr eine Kurzgeschichtensammlung vor.

 

Die Titelstory ist bereits eine der besten der Sammlung. Ein altes Ehepaar lässt sich gegenseitig klonen, und ein Kreislauf beginnt - bis das Geld zu Ende ist, vermutlich.
Eine schöne Idee liegt auch der Story „Der Hund“ zugrunde. In jenem alternativen Deutschland, in dem nach dem Zweiten Weltkrieg der Bau und der Besitz von Verbrennungsmotoren verboten wurde, sind Dampfmaschinen perfektioniert worden. Und zwar soweit, dass sie nicht nur in der Industrie und in Fahrzeugen eingesetzt werden.
Ohne Pointe, aber mit einem stimmungsvollen Plot kommt „Magie der Worte“ daher: ohne Letztere funktioniert die Technik nicht mehr.
In anderen Storys sind die Pointen weit früher erahnbar. So in „Freiheit“, in der sich eine Raumschiff-KI selbstständig macht. Oder in „Erstkontakt“, in der ein Asteroid pulverisiert wird - mit fatalen Folgen. Auch in der „Reise zu den Sternen - Per aspera ad astra“, in der mit Freiwilligen für den Astronautenjob experimentiert wird.
„Hauptsache gesund“ ist eine der zwei dystopischen Erzählungen in „Zu spät“. Die Gesundheit der Bundesbürger wird lückenlos überwacht, die wirtschaftliche Produktivität steigt, und natürlich existiert eine Widerstandsbewegung, die aber chancenlos ist. Eine Satire auf die Medizinindustrie…?!
Konzeptionslos mutet „Europas Ende - Europas Hoffnung“ an (übrigens der längste Text der Sammlung). Die staatliche und andere Infrastruktur ist zusammengebrochen, dennoch ist es möglich, mit Bus, Bahn und Schiff von Frankfurt nach London zu reisen. Der Protagonist transportiert ein Buch zurück, in dem eine schier unerschöpfliche Energiequelle versteckt ist. Wer die entwickelt und produziert hat, wird in der Story nicht verraten.


Der Autor erklärt und beschreibt in seinen Kurzgeschichten viel, manchmal zuviel und erdrückt damit die Handlung. Die Spannungsbögen sind oft nicht sehr ausgeprägt und verflachen an den Enden der Storys. In „Pinball Hero“, einer ansonsten actionreichen Kurgeschichte, wirkt der Schluss abrupt und aufgepfropft. Immerhin sind die Texte in „Zu spät“ vielfältig, der Autor wiederholt seine Plots und Themen nicht, doch vollends überzeugen können nur wenige Kurzgeschichten.