Alexey Pehov: Schwarzer Dolch - Chroniken der Seelenfänger 1 (Buch)

Alexey Pehov
Schwarzer Dolch
Chroniken der Seelenfänger 1
(Straz)
Aus dem Russischen übersetzt von Christiane Pöhlmann
Piper, 2016, Paperback mit Klappenbroschur, 474 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-492-70396-3 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Ludwig von Normayenn hatte es wahrlich nicht leicht im Leben. Als Kind musste er mitansehen, wie seine Eltern umgebracht wurden, dann kam er ins Waisenhaus bevor ihn die Bruderschaft der Seelenfänger aufnahm, ausbildete und in die Welt entsandt, um ruhelose Seelen zu erlösen und in die nächste Welt weiterzuschicken.

Dass die Erlösung der bösen Seelen dem Seelenfänger zusätzliche Lebenszeit bringen ist der Bonus; die Gefahr, die von den Seelen, aber auch anderen Anderswesen, die sich unseren Kämpen in den Weg stellen ausgehen, die schlechte Seite des Berufs. Im Lauf der Jahre hat Ludwig schon Einiges erlebt. Er hat sich in eine Hexe, die wie er auch Seelenfängerin, ist verliebt, hat mit Apostel eine ruhelose Seele als Begleiter gefunden und mit Scheuch sogar einen Animatus in seine Entourage aufgenommen.

Zwar gilt er als einer der besten und erfahrensten Seelenfänger, wird bewundert und geachtet, doch auch er hat sich Feinde gemacht. Die kirchliche Inquisition ist ebenso hinter ihm her, wie die Hexen, von dem Orden der Gerechtigkeit, der sich die Überwachung der Seelenwächter auf die Fahnen geschrieben hat, wollen wir einmal gar nicht sprechen. In letzter Zeit aber klebt ihm das Pech an den Fersen. Immer wieder begegnen ihm nicht nur ruhelose Seelen, die ihren Weg in die Nachwelt nicht finden, auch Dämonen und anderes Teufelsgezücht treten gegen ihn an.

Im Verlauf der sechs lose miteinander verbundenen Abenteuer im vorliegenden ersten Band seiner Abenteuer begleiten wir ihn unter anderem auf einen Hexensabbat, in eine von einer Epidemie heimgesuchte Stadt, zu einer vom Teufel errichteten Brücke - und immer muss er alle Register ziehen, um die Gefahren zu überstehen…


Willkommen einmal mehr in der etwas anderen Fantasy-Welt Alexey Pehovs. Nachdem uns der russische Bestseller-Autor in seinen Siala- und Hara-Chroniken noch gängiges High-Fantasy-Futter kredenzte und uns in „Dunkeljäger“ in eine Mischung aus Fantasy und Steampunk entführte, wartet nun eine Novellen-Sammlung auf den Leser, die sich doch sehr von dem erfolgsgewohnten Terrain verabschiedet.

Der Autor versetzt uns in eine Welt, die gerade das Schießpulver und die Vorderlader erfunden hat. Die allmächtige Kirche herrscht in mehr oder minder vorhandener Eintracht mit dem örtlichen Adel, die Reiche bekriegen einander, Bündnisse werden geschmiedet und verraten - insoweit also ein zwar nicht oft genutztes, aber doch bekanntes Umfeld.

Ungewohnt dann, dass Pehov in diese Welt Geister Verstorbener, Hexen, Dämonen aus der Hölle und Naturgeister gesetzt hat. So manche der Wesen haben sich mit der Kirche arrangiert, die einen immerwährenden Kampf gegen die Anderswelter führt. Geister aber können nur speziell begabte Menschen sehen und erlösen. Hier nutzt alles Lernen, alle Gläubigkeit nichts; wenn man die Gabe nicht in sich trägt, wird man die auf Erden verbliebenen unruhigen Geister nicht sehen können. Über die Jahrhunderte hat es immer nur wenige Begabte gegeben, die ihrer Berufung mit Eifer aber auch Verantwortung nachkommen.

Überrascht hat mich dann zunächst der Auftakt den ich schlicht kannte - hatte ich das Buch schon einmal gelesen? Nein, die erste Novelle wurde bereits in dem Kurzgeschichtensammelband „Schattendieb“ publiziert, so dass ich diese Geschichte bereits einmal genießen konnte. Davon ausgehend folgte ich dem Seelenjäger und seinen zwei übernatürlichen Begleitern in fünf weiteren Novellen, die zwar chronologisch geordnet, denen aber ein wirklich verbindender roten Faden fehlt. So liest sich das Buch denn auch nicht wie ein einheitlicher Roman, sondern wie eine Sammlung von Erzählungen die mit denselben Gestalten und einer verbindenden Welt aufwarten, die sich aber auch problemlos einzeln lesen lassen.

Wie gewohnt punktet der Autor dabei mit seinem sympathisch gezeichneten Protagonisten, dem wir gerne ins gefährliche Abenteuer folgen. Die gewohnt routinierte Übersetzung von Christiane Pöhlmann, die neben Pehov auch Lukianenko ihre deutsche Stimme leiht, liest sich dabei flüssig und angenehm.

Alles in allem also ein gelungener Start einer neuen Reihe, die Elemente des Horror-Romans mit Fantasy-Setting und sympathischen Figuren paart.