Tim Miller: Die Verdammten des Himmels (Buch)

Tim Miller
Die Verdammten des Himmels
(Hand of God Trilogy)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Alexander Rösch
Titelillustration von Dean Samed
Festa, 2016, Paperback, 444 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-449-2 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Ich heiße Charlie. Die meisten kennen mich als Pastor Charlie Sims, Hauptpastor der Bibelgemeinschaft Lebendiges Wort, die ihre Zelte ein paar Meilen südlich von San Antonio, Texas aufgeschlagen hat.

Was meine Schäfchen nicht wissen, nicht ahnen dürfen, ist dass ich auserwählt bin, im Auftrag des Herren für Gerechtigkeit zu sorgen. Dabei spricht der Herr zu mir, und er erteilt mir eindeutige Aufträge. Das hat nichts mit dem weichgespülten Neuen Testament zu tun, da heißt es Auge um Auge, Zahn um Zahn. Als Arm Gottes sorge ich für Gerechtigkeit und nehme blutig für Sünden Rache. Sie baumeln an meinem Kreuz, bevor ich sie dazu bringe zu bereuen. Und sie bereuen alle, bevor sie in die Hölle fahren.

Dann aber bekomme ich eine göttliche Warnung. Ein Sendbote des Bösen sei auf dem Weg, ein gefallener Engel, der bald von sich Reden machen wird, der Gläubige in Versuchung führen wird. An mir sei es, die Bedrohung für die Menschheit abzuwenden.

Und wirklich taucht ein Bischof Hoover auf, der als Erstes zwei Tote zum Leben erweckt. Als ich meinem vermeintlichen Glaubensbruder zu nahe komme, muss ich feststellen, dass mein Glaube auf eine harte Bewährungsprobe gestellt wird - erweisen sich die Heilige Dreifaltigkeit doch als etwas anders, als in der Bibel beschrieben und ein gewisser Luzifer, der gefallene Bote des Lichts, als mein größter Verbündeter…


Während andere Verlage den Weg wählen, ausländische Originalromane für ihre Übertragung ins Deutsche in mehrere Teile auseinanderzureißen, geht Festa einen anderen Weg. Vorliegend veröffentlicht das Haus des Horrors gleich eine komplette Trilogie in einem Buch.

Tim Miller hat, man mag es angesichts der Handlung kaum glauben, Theologie und Psychologie studiert. Im vorliegenden Romanen geht er dann allerdings ohne jegliche Nachsicht mit dem christlichen Glauben ins Gericht. Dabei merkt man den Texten an, dass Miller sich in der Bibel wie in der Kirche auskennt, dass er nicht nur ein profundes Wissen um die Evangelien sein Eigen nennt, sondern sich auch seine Gedanken um den Glauben an sich, um das was uns verkündet wird, gemacht hat. So fließt in seine Texte ein gerüttelt Maß an Kritik, ja auch blasphemische Gedanken ein, ohne hier zu viel spoilern zu wollen. Überhaupt kann man die Geschichte, so man die Rolle des Ich-Erzählers Charlie und seiner Gegenspieler wie Verbündete nicht verraten will, kaum wirklich treffend beschreiben. Ich belasse es dabei, dass der Autor mit so mancher festen Bibelmeinung ganz gehörig aufräumt und so einige blasphemische Ideen eingebaut hat.

Dabei überrascht er ein ums andere Mal, streut viele unerwartete Wendungen ein, bleibt dabei aber immer niveauvoll und rutscht nie ins Plakative ab. Alle, eigentlich überraschend wenige Gewaltschilderungen sind logisch in die Handlung eingebaut, wirken nie als Selbstzweck und werden auch nicht grell beleuchtet. Stattdessen setzt Miller auf seine faszinierenden Ideen, die den Plot tragen - und dies wahrlich nicht schlecht.

Auch wenn im mittleren Teil die Dialoge zum Schluss hin ein wenig holpern und der letzte Teil mit Logiklöchern von der Größe des Abyss glänzt, wird der Leser doch bestens unterhalten.