Michael Schmidt & Achim Hildebrand (Hrsg.): Zwielicht 8 (Buch)

Michael Schmidt & Achim Hildebrand (Hrsg.)
Zwielicht 8
Titelillustration von Björn Ian Craig
Saphir im Stahl, 2016, Taschenbuch, 408 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-943948-63-9 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Vorhang auf zum mittlerweile schon achten Band der Horror-Antholgie-Reihe. Gerade zu einer Zeit, da die Kurzgeschichte zunehmend aus dem literarischen Angebot verschwindet, zu der sich Herausgeber wie Verlage von der Idee einer Publikationsform für pointierte, kurze Texte verabschiedet haben, ist es umso wichtiger, dass für die Erzählungen eine Plattform verbleibt.

Seit nunmehr sieben Jahren erscheinen die Anthologien; zunächst im Verlag Eloy Edictions, dann bei Saphir im Stahl. Im Hintergrund sind es natürlich die beiden umtriebigen Herausgeber, die das Magazin in Taschenbuchform am Leben halten. Kundig sichten sie die Einsendungen und wählen herausragende Erzählungen für die Veröffentlichung aus. Inhaltlich wartet dabei eine große Bandbreite auf den Leser. Die Herausgeber lassen den Autoren hier freie Hand und bieten so einen bunten Strass an sehr unterschiedlichen Geschichten an.


Ken Liuz entführt uns in „Laufschuhe“ zunächst in eine Turnschuhfabrik in Vietnam. Dass die Kinder, die 16 Stunden an den Maschinen malochen müssen, so manches Mal am Ende ihrer Kräfte ankommen, führt zu Unfällen, wenn man Pech hat auch zu tödlichen Verletzungen. Doch einige wenige der Opfer sterben nicht, sondern wechseln nur ihr Äußeres.

Daniel Husters „Schützenfest“ zeigt uns ungeschminkt das Dorfvergnügen: Saufen, Fressen und über andere, Fremde, herziehen steht da seit jeher hoch im Kurs. Doch dieses Jahr treffen auch die Fehlschüsse eine Beute, die den Meisten der angetrunkenen Schützen verhasst ist.

Es gibt sie in einer jeden Familie. Die etwas komischen, alternden alleinstehenden Damen, die sich um ihre Familien liebevoll kümmern. Doch in Erik Hausers „Tante Ellas Männer“ kümmert sich die esoterisch angehauchte Witwe nicht nur um ihre angeheirateten Verwandten, sondern gabelt im örtlichen Tanzcafé auch immer wieder neue Galane auf - die dann plötzlich wieder verschwunden sind… wer Böses dabei denkt…

Regina Schlehek berichtet uns pointiert kurz in „Roman“ von den Gefahren des Lesens.

Jeden Tag treffen wir sie, in der U-Bahn, auf der Straße, im Büro. Doch was, wenn sie nur etwas Eingebildetes sind, das uns unser Unterbewusstsein vorgaukelt? Das uns an unsere Schuld erinnern soll, wie der Protagonist in Sascha Dinses „Endstation“?

In Karla Schmidts „Der Sommer der Tiere“ begegnen wir einer Mutter, deren Tochter verschwunden ist. Dass die Tiere gegen ihre Ausbeutung und die Umweltverschmutzung rebelliert haben kann sie akzeptieren, sich arrangieren, doch ihre Lou zu verlieren, das ist undenkbar. Auf der Suche nach dem Kind bekommt sie unerwartete Hilfe.

Ellen Norten stellt uns in „Paco“ einen ganz besonderen Papagei vor. In einem Ferienhotel in Spanien beheimatet, ist dieser nicht nur der Liebling aller Touristen, sondern sorgt auch für Nachschub für die Voliere der Stadt.

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen - so zumindest weiß der Volksmund zu berichten. Der Engländer, der in Sheila Hodgsons „Die Villa Martine“ Frankreich bereist, macht in der Bahn die Bekanntschaft einer alten Dame, die unerklärlicherweise in Verbindung mit der Handlung eines alten Buches steht, das er gerade liest. In der Provinz gestrandet wird unser Brite in eine höchst ungewöhnliche Familientragödie hineingezogen.

Die Wege des Herrn sind unergründlich, heißt es so schön. Aber auch sein Widerpart, der Höllenfürst und seine dämonischen Diener wissen sich zu wehren, wie ein kleiner, machtgieriger Dämon am eigenen Leib leidvoll erfahren muss, als er ausgerechnet dem Papst das Leben rettet - natürlich mit Hintergedanken, wie uns Abel Inkun in „Die Trophäe“ berichtet.

In Silbermond treiben sich Bordsteinschwalben mit ihren Zuhältern herum, werden Geschäfte ebenso gemacht wie Stars. In Michael Schmidts „In Trance“ begegnet einer der Loser der Straße, ein Mann, der für seinen Genuss und nur dafür lebt, der vermeintlichen Liebe seines Lebens - einer Sängerin, die unaufhaltsam auf den Weg an die Spitze ist; eine Spinne, die ihm einen Floh ins Ohr setzt und ihn ausnutzen will.

Sascha Lützeler stellt uns in „Der Spalt“ einen Selbstmörder vor, der mit seiner homosexuellen Neigung nicht klar kommt. Als er in die Schlucht springt ist er, bedauerlicherweise für sich selbst, nicht tot - doch wie nur kann er Hilfe und Rettung herbeirufen?

Ein Psychopath und sein gekidnappten Opfer spielen im nächsten Beitrag die Hauptrollen. In Sven Lenhardts „Slow-Dating in Stockholm“ begegnet der perverse Entführer seiner Nemesis - und muss für seine Taten büßen.

Felix Woitkowski entführt den Leser in „Lebensfahrt“ in die surreale Welt seines Totengräbers, der von seiner Profession, besser gesagt von den Toten so fasziniert ist, dass…

Algernon Blackwoods „Der Hund im Camp“, eine der Dr. John Silence Stories, schließt den Band dann, vorzüglich von Achim Hildebrand ins Deutsche übertragen, ab. Eine Gruppe macht auf einer der unzähligen dänischen Ostseeinseln Urlaub. Dass sie dabei, in der unberührten Wildnis, auf Spuren eines großen Hundes oder Elchs stoßen, erweist sich in der Folgezeit als fatal, sind doch mangels einer Quelle eigentlich keine Tiere auf der Insel heimisch. Was aber ist das für ein Wesen, das die Spuren hinterlässt, wo kommt es her?

Wie immer schließen einige Artikel den Band ab. Achim Hildebrand berichtet fundiert von Blackwoods Dr. Silence Stories, Michael Schmidt steuert ein Interview mit Jeffrey Thomas bei, bevor er mit einem Bericht über den Vincent Preis 2014 das Buch abschließt.