Graham Masterton: Grauer Teufel (Buch)

Graham Masterton
Grauer Teufel
(The Devil in Grey)
Übersetzung: Alexander Rösch
Titelillustration von Arndt Drechsler
Festa, 2015, Paperback, 412 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-96552-409-6 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Alles beginnt damit, dass in der Südstaaten-Metropole Richmond eine Frau ermordet wird. Einziger Tatverdächtiger ist ihr Ehemann, der beim Eintreffen der Sanitäter, selbst schwer verwundet, verzweifelt versucht, den fast abgetrennten Kopf wieder auf dem Hals seiner hochschwangeren Frau zu setzen.

Dass die Tatwaffe, laut Sachverständigen ein Bajonett, nicht aufgefunden werden kann, dass der Festgenommene selbst die Tat vehement abstreitet und einen Unsichtbaren als Täter bezichtigt, stört den ermittelnden Detective zunächst nicht sonderlich - die Beweislage ist eindeutig, ein Indizienfall eben. Doch dann meldet sich ein geistig behindertes Mädchen, das behauptet, ein ganz in grau Gekleideter sei aus dem Haus gekommen - mitten durch die verschlossene Tür. Hirngespinste, sagt sich Decker Martin, doch dann schlägt der Täter wieder zu.

Ein pensionierter Soldat wird unter der Dusche ermordet, kurz darauf wird der Ehemann des ersten Opfers an seinen eigenen Gedärmen aufgehängt - und an allen Tatorten lassen sich keinerlei Hinweise auf einen Täter finden.

Für Decker werden die Ermittlungen immer mysteriöser, meldet sich der Geist seiner verstorbenen Frau doch und warnt ihn, dass etwas Uraltes, etwas Böses, Rache an ihm nehmen will. Alle Hinweise deuten auf die von den Sklaven aus Afrika mitgebrachte Santería-Religion hin. Wurden die Opfer verflucht, geht ein Unsichtbarer um und wie hängt dies alles mit einer Spezialeinheit aus dem Sezessionskrieg zusammen? Als Decker sich fachkundige Hilfe einholt, erfährt er, dass der Gott des Krieges ihn persönlich auf der Abschussliste hat - eine mehr als unangenehme Erfahrung…
 


Wir kennen und schätzen Graham Masterton seit Jahren als eine der herausragenden Stimmen des modernen britischen Horrors. In vorliegendem Band wandelt er auf ungewohnten Pfaden. Zunächst hat mich überrascht, dass er seine Handlung im Süden der USA angesiedelt hat. Dann präsentiert er uns einen Plot, der Rassenprobleme, Sklaverei und die von den ehemaligen Sklaven mitgebrachten Natur-Religionen in ein modernes Ambiente gießt. Eine solche Melange hätte ich eher von einem US-Autor erwartet, sind diese Ingredienzien doch eigentlich etwas typisch und speziell Amerikanisches. Der Bürgerkrieg der Südstaaten gegen den Norden, die Sklaven, die auf die Bauwollfelder importiert wurden und ihren Glauben mitbrachten, nie hätte ich vermutet, dass Masterton sich diesem Topic zuwenden würde.

Das für mich eigentlich Überraschende war dann, dass die Geschichte funktioniert. Und wie sie funktioniert! Der Autor zieht uns, unmerklich zuerst, dann immer rasanter aus der bekannten Realität ins Übernatürliche. Das Besondere daran ist, dass dieses Übernatürliche, die Rätsel um die Morde, die Geheimnisse um das, was mit der Teufelsbrigade im Bürgerkrieg vor sich ging, in sich unglaublich überzeugend vermittelt wird. In diese Fakten eingebettet erwarten uns dann uralte Götter - und dabei handelt es sich nicht um solche der vergebenden, der liebevollen Art. Hier treffen wir auf eine mehr als packende Mischung aus Fakten, Andeutungen und einem zunehmend beklemmender wirkenden Übernatürlichen, die den Leser an die Seiten fesseln.

Das ist bestes Lesefutter, überraschend, schockierend, angsteinflößend - und dazu gut geschrieben.