The Game - Traue keinem (DVD)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 18. Oktober 2015 17:39
The Game - Traue keinem
GB 2014
Von Christel Scheja
Ein Markenzeichen britischer Fernsehserien ist es, durchaus schon einmal heiße Themen anzupacken und dabei nicht gerade pfleglich mit der eigenen Regierung umzugehen. Das merkt man auch dann, wenn die Helden selbst zum Establishment gehören oder es aufrechterhalten sollen. „The Game“ mag zwar 1972 - in der Zeit des Kalten Krieges - spielen, Vieles davon ist aber hochaktuell.
Wie in „Dame, König, As, Spion“, dreht sich alles um dem Kampf der Geheimdienste vor den Kulissen des schwelenden Konflikts zwischen Ost und West. Das atomare Wettrüsten ist mittlerweile mehr als eine Drohgebärde, und Verräter gibt es auf beiden Seiten. Doch um Schlimmeres zu verhindern, müssen sie schnellstmöglich gefunden werden. Und dabei gilt eine Devise: „Traue keinem!“ Hier in Deutschland lief die erst im Dezember 2014 in England ausgestrahlte Serie bereits im August 2015 im WDR.
Traue keinem, das hat auch Joe Lambe beherzigen müssen, dessen gut vorbereitete Pläne zur Flucht mit einer seiner russischen Kontakte, in die er sich verliebt hatte, vor einem Jahr leider nicht aufgingen und er in eine Falle des KGB lief, durch die die unschuldige junge Frau ihr Leben verlor. Er selbst kam gerade noch so eben davon, weil ihn sein direkter Vorgesetzter, der Chef des MI 5, deckte. Denn „Daddy“, so sein Codename, weiß, das Joe zu den wenigen Männern und Frauen gehört, auf die er sich verlassen kann.
Während er sich noch von dem verbliebenen Trauma erholt, erfährt Joe von einem Mann, der sich als Schläfer-Agent der Russen outet, dass die Russen „Operation Glas“ in Gang gesetzt haben, einen geheimen Plan von größter Wichtigkeit, der die westliche Welt erschüttern soll. Allerdings sind ihm nur wenige Details bekannt; erst das Netz aus erwachenden Schläfer-Agenten wird die einzelnen Hinweise zusammenfügen können. Und einer der russischen Spione muss quasi auch inmitten des MI 5 sitzen.
Joe informiert „Daddy“ und dieser setzt alle Mühlen in Bewegung, um den Maulwurf zu finden, Schon bald zeigt sich, dass das Netz aus Lügen und Intrigen viel größer ist, als sie bisher vermutet haben. Der junge Agent, der sehr persönliche Gründe hat, um den russischen Operationsleiter zu finden, gerät schon bald mitten hinein und muss all sein Wissen und Können einsetzen, um nicht nur zu überleben, sondern auch um die wahren Verräter zu finden und den Plan der Russen aufzudecken. Und dabei muss er unter Umständen auch bisher ungewohnte Wege gehen, denn jedes Detail wird wichtig, um zu überleben.
Der Vergleich mit „Dame, König, As, Spion“ kommt nicht von ungefähr, denn auch „The Game“ nimmt sich Zeit, die Figuren und das Szenario einzuführen. Vor allem die Menschen stehen im Mittelpunkt, nicht die Action. Natürlich gibt es den ein oder anderen Moment, in dem Waffen oder Fäuste sprechen, aber die sind doch eher selten. Wie im wirklichen Leben arbeiten die Geheimdienste hier mehr mit Täuschung und Lügen, mit geschickt ausgestreuten Informationen und einem Netzwerk aus Leuten, die beide Seiten zu benutzen versuchen. Die Agenten beider Seiten versuchen einander auszuspielen, wo sie können, selbst innerhalb des Systems gibt es Gruppen, die miteinander konkurrieren. So muss sich etwa „Daddy“ nicht nur mit den Russen herumschlagen, auch in den eigenen Reihen gibt es genügend Karrieristen, die an seinem Sessel sägen und versuchen, ihn untragbar zu machen, wo sie können.
Zentrale Figur ist aber Joe Lambe, ein jung wirkender Agent, der aber wesentlich erfahrener und versierter als mancher seiner älteren Kollegen ist. Das mag daran liegen, dass die Erfahrungen aus dem letzten Jahr ihn gelehrt haben, sich nicht länger auf Gefühle zu verlassen. So agiert er oft ausgesprochen emotionslos und kalt, was aber nicht bedeutet, dass er ganz frei davon ist.
Die Handlung entwickelt sich langsam. Gerade in den ersten Folgen passiert nur wenig, was relevant zu sein scheint - aber das täuscht. Viele Details entpuppen sich später als Hinweise, die nicht nur nach und nach den Maulwurf enthüllen, sondern sind auch wichtig, um das Gefüge an Beziehungen und Intrigen zu durchschauen, an das Durcheinander an Plänen, das die Ermittlungen so schwer macht. Dazu kommen persönliche Feindschaften oder auch Liebe, die Helden und Schurken oft genug Fehler begehen lassen.
Kurzum, die Serie ist vermutlich der wahren Geheimdienstarbeit näher als man denkt und spannender als man erwartet - es bedarf zunächst nur einiger Geduld, um sich auf das Geschehen einzulassen. Die doch recht nüchterne und knappe Erzählweise sorgt dafür, dass man der Handlung selbst sehr aufmerksam folgen muss, um alles mitzubekommen.
Die Atmosphäre der 70er Jahre wirkt sehr authentisch, nicht nur von den Figuren her, auch von den Kulissen und Farben fühlt man sich in der Zeit zurückversetzt. Die Folgen leben und atmen die Aura des Kalten Krieges, die auch die Schauspieler bei der Gestaltung ihrer Figuren berücksichtigen. Die Serie schlägt in den Bann, auch wenn man kaum Action zu sehen bekommt, bezieht sie ihre Spannung doch aus der Entwicklung des Szenarios und der Figuren und dem komplexen Hintergrund, so dass sie bis zum Abschluss intensiv nachwirkt.
Bild und Ton sind natürlich auf der Höhe der Zeit, auch die Extras können sich mit entfernten Szenen und ausführlichen Interviews mit den Machern durchaus sehen lassen.
Wer Polit-Thriller aus der Ära des Kalten Krieges und mit dem Flair wie John Le Carrés „Dame, König, As, Spion“ mag, der wird auch „The Game“ schnell zu schätzen lernen. Atmosphärisch dicht und durchweg spannend - wenn auch nicht actionreich, führen ausgezeichnete Schauspieler, die ganz in ihren Rollen aufgehen, durch ein lebendiges Intrigenspiel wie es durchaus auch in der Realität gewesen sein könnte und ganz in den Bann schlägt, wenn man sich auf den Erzählstil einlassen kann.
DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (16:9 anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0 Stereo, englisch Dolby Digital 2.0 Stereo
Untertitel: deutsch
DVD-Extras:
Interviews, entfernte Szenen