Carry Ryan & John Parke Davis: Die phantastische Suche nach der Überallkarte (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 07. August 2015 11:46
Carry Ryan & John Parke Davis
Die phantastische Suche nach der Überallkarte
Die Weltensegler 1
(The Map to Everywhere, 2014)
Übersetzung: Wolfram Ströhle
Titelbildgestaltung Frauke Schneider
Sauerländer, 2015, Hardcover, 480 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-7373-5106-5 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Marrill hat coole Eltern. Als Archäologen bereisen sie die Welt, forschen in den entlegensten Gebieten - und ihre Tochter ist immer mit dabei. So hat sie schon viel gesehen, als die Familie ein Schicksalsschlag ereilt. Schon einmal war ihre Mutter krank, sehr krank, jetzt ist die heimtückische Krankheit zurück und es ist vorbei mit den Expeditionen.
Nun ist sie in Phoenix, Arizona, gestrandet und soll auch noch ganz normal zur Schule gehen. Das geht doch so etwas von gar nicht, und um ihre Mom muss sie sich auch noch sorgen! Zusammen mit ihrem einäugigen Kater macht sie sich auf einen Spaziergang, um den Kopf frei zu bekommen. Auf dem Parkplatz des örtlichen Supermarkts angekommen bemerkt sie, dass dieser unter Wasser steht - hoppla, wir sind in Phoenix, Wüste und so, da passt Wasser nicht wirklich ins Bild. Als dann ein großes Segelschiff, ein Dreimaster wie man ihn aus den „Fluch der Karibik“-Filmen kennt anlegt, könnte man annehmen, dass sie einen Sonnenstich hat, doch die Wahrheit ist viel phantastischer.
Auf der Suche nach der Überallkarte, die einem den Weg zu allem und jedem zeigen kann, legt ein altes Piratenschiff aus dem Piratenstrom in Marrills Welt an. An Bord, neben dem jugendlich wirkenden Kapitän, auch ein mächtiger Zauberer. Als Marrill auf die Idee kommt, diesen doch zu bitten, ihre Mutter zu heilen ist es bereits zu spät. Das Schiff hat abgelegt, an Bord versehentlich auch unsere Heldin, die sich plötzlich und unerwartet vor ihrem größten Abenteuer sieht.
Auf der Suche nach der Überallkarte, die allein es dem Kapitän ermöglichen würde, Marrills Heimat erneut anzusteuern und sie heimzubringen, besuchen sie das Piratennest Khaznot Quay. Hier, inmitten einer vor Leben und Aktivität überbrodelnden Stadt, trifft Marrill auf den Meisterdieb Fin. Im Alter von nur 4 Jahren hat ihn seine Mutter im Waisenhaus Khaznot Quays abgegeben, seitdem versucht sich der Junge alleine durchzuschlagen. Dass man ihn, kaum aus den Augen verloren, sofort vergisst, erweist sich bei seiner Profession als höchst geschickt, wissen doch seine Opfer, Verfolger und Büttel nach ein paar Minuten nicht mehr, wie er aussieht oder heißt. Allerdings sorgt diese magisch anmutende Gabe auch dafür, dass Fin einsam und allein ist. Als er auf Merrill trifft, die sich als Einzige an ihn erinnert, ja, sich mit ihm anfreundet, bemerkt er zum ersten Mal richtig, wie wichtig Freunde sind.
Zusammen machen sie sich auf dem Piratenstrom auf die Suche nach der Karte und versuchen, die Welten des Stroms vor der Erfüllung einer dunklen Prophezeiung zu bewahren, die von der Vernichtung alles Lebens munkelt…
Das Grundrezept ist bekannt. Man nehme eine archaische Welt, mixe einen edlen jungen Dieb und Freibeuter sowie eine dunkle Prophezeiung hinein und schmecke mit Zauberern ab. Dazu kommt dann eine weitere, aus unserer Welt stammende, vom Schicksal gebeutelte Protagonistin, die sich um die Rettung aller verdient macht - fertig ist der Bestseller.
Das Autorenduo Carrie Ryan und John Parke Davis hält sich an diese weidlich erprobte Vorgabe und berichtet uns vom Abenteuer. Das hat unbestritten jede Menge Flair, verwöhnt den jugendlichen Leser mit phantastischen Handlungsorten, eigenen Ideen - etwa Gerüchte verbreitende, intelligente Lianen und Bäume - und lässt vor dem inneren Auge des Rezipienten bekannte Motive auftauchen. Die wild wuchernde Wildnis, die Piratenstadt und Schiffe, dazu merkwürdige Wesen - Stiermenschen oder eiserne Kämpfer -, das riecht nach spannenden Abenteuern und wirklich bietet sich die Handlung entsprechend kurzweilig und rasant an.
In dieser haben die beiden Autoren dann auch ihre Botschaft versteckt. Es geht um Einsamkeit, um Verzweiflung, um die Kraft, die aus Freundschaft entstehen kann und um Opferbereitschaft.
Auch wenn die Action ganz eindeutig im Vordergrund steht, wissen die Verfasser uns doch auch mit und durch ihre Figuren einzunehmen. Das Schicksal hat ihnen beiden übel mitgespielt, dennoch haben sie ihren Mut und ihre Zuversicht nicht verloren.
Fazit: So ist dies ein Jugendbuch, das nicht nur spannend unterhält, das neben bekannten Motiven immer wieder auch Eigenschöpfungen präsentiert sondern auch ein Buch, das für seine Leser die Kraft, die aus dem Miteinander entspringt, deutlich macht.