Oink (Comic)

Oink
(Oink: Heaven’s Butcher)
Text & Artwork: John Mueller
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Splitter, 2015, Hardcover, 120 Seiten, 19,80 EUR, ISBN 978-3-95839-156-7

Von Frank Drehmel

In einer düsteren Zukunft herrscht mit eiserner Hand ein pervertierter christlicher Klerus, angeführt von Kardinal Bacaar, über eine zerfallende, heruntergekommene Metropole – oder Enklave? – namens Himmel. In den Schlachthäusern des siechenden Molochs schuftet als Sklaven die in Geburtsfabriken erzeugte Hybridspezies der Schweinemenschen. Von Aufsehern und Gasmasken tragenden Wächtern gnadenlos unterdrückt und unwissend gehalten, verrichten sie ihre schwere, blutige Arbeit; Aufbegehren oder auch nur Fragen nach der Welt außerhalb der Schlachthausmauern werden drakonisch bestraft.

Eines Tages keimt in einem jungen Sklaven namens Oink der Same des Widerstandes und der Drang nach Freiheit, nachdem sein Freund Spigot gnadenlos hingerichtet wurde. Oink gelingt es, der Hölle zu entkommen, indem er Wärter tötet und sein Schlachthaus niederbrennt. Doch sein individueller Aufstand ist eine Gefahr für das System, sodass der Kardinal seine Engel der Barmherzigkeit – eine Art düsterer Cyborgs – beauftragt, Oink zur Strecke zu bringen.

Erneut kann der ehemalige Sklave den Häschern entkommen und findet in der Kanalisation Unterschlupf bei der uralten blinden Mary und ihrem stummen Enkel Herbert. Die alte Frau klärt Oink über die Zusammenhänge und seine Existenz auf und auch wenn der Schweinemensch das meiste nicht begreift, so weiß er doch eins: er muss den Kardinal persönlich zur Rechenschaft für die Verbrechen an seiner Spezies und für seine Lügen ziehen.

Schon die eröffnende Splash Page lässt keinerlei Zweifel daran, welcher Art Muellers Geschichte ist: eine Dystopie dunkelster Couleur. Dabei geht es dem Autor weniger um die Darstellung komplexer gesellschaftlicher Gegebenheiten und Zusammenhänge, denn dieser Hintergrund bleibt weitgehend im Vagen, sondern um das Leiden und die Unterdrückung des Individuums in einem totalitären, fast übermächtigen System sowie die tiefe Sehnsucht nach Freiheit und Frieden und schlussendlich das Aufbegehren angesichts von Lügen und systemimmanenten Widersprüchen. Dass Mueller kein diffiziles, wortreiches Psychogramm seiner Hauptprotagonisten zeichnet, sondern Action und malerisch-kraftvolle, dunkle und brutale Bilder voller Schmutz und Trostlosigkeit als Mittel der Wahl bevorzugt, dass er vereinfacht und das Plakative bemüht, tut dabei seiner Botschaft kaum Abbruch.

Generell erinnert der Hintergrund sowohl in der Visualisierung – einem Scriptor, einigen Emblemen sowie den cybernetisch modifizierten Engeln der Barmherzigkeit –, als auch den religiösen Kontext an das Setting von Games Workshops „Wahrhammer 40.000“. Weitere „Inspirationsquellen“ mögen beispielsweise in popkultureller Hinsicht Pink Floyds LP „Animals“ gewesen sein, während „Ästhetik“ und Konzeption der Schlachthäuser den Ungeist von Konzentrationslagern und Gulags atmen.

Fazit: Obwohl Mueller sicherlich kein erzählerisches dystopisches Meisterwerk à la „1984“ oder „Animal Farm“ abliefert, so ist seine dunkle SF-Geschichte nicht zuletzt wegen des herausragenden Artworks dennoch kraftvoll, extrem düster und von eindringlicher Botschaft.