Game of Thrones – Das Lied von Eis und Feuer 4 (Comic)

George R. R. Martin & Daniel Abraham
Game of Thrones – Das Lied von Eis und Feuer 4
(A Game of Thrones 19-24, 2014/2015)
Aus dem Amerikanischen von Andreas Helweg
Titelbild von Mike S. Miller
Zeichnungen von Tommy Patterson, Ivan Nunes u.a.
Panini, 2015, Paperback mit Klappenbroschur, 196 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-95798-244-5

Von Irene Salzmann

Nach dem Tod von König Robert Baratheon besteigt sein selbstgefälliger und grausamer Sohn Joffrey dank der Hilfe seiner Mutter Cercei den Thron. Eddard Stark, Lord von Winterfell und ‚Rechte Hand‘ des verstorbenen Königs, wird enthauptet, damit er das Geheimnis von Cercei und ihrem Zwillingsbruder Jaime Lennister nicht verraten kann: Joffrey ist ihr gemeinsamer Sohn!

Eddards Tochter Sansa bleibt eine Gefangene der Lennisters und soll zu einer Heirat mit Joffrey gezwungen werden, während ihre jüngere Schwester Arya durch die abgeriegelte Stadt Königsmund irrt und nach einer Möglichkeit sucht, in ihre Heimat zu fliehen.

Unterdessen hat Robb Stark, Eddards ältester Sohn, ein Heer ausgehoben, um die Nordländer vor den Lennisters und ihren Verbündeten zu beschützen. Ebensowenig wie seine Mutter Catelyn will er sein Knie vor den Mördern seines Vaters beugen. Als ihm während einer Schlacht Jaime in die Hände fällt, glauben beide, ein Druckmittel zu besitzen, um wenigstens die Freiheit der Mädchen zu erkaufen. Keine Einigung erzielen sie hinsichtlich der Frage, ob sie sich einem von Roberts Brüdern, Stannis oder Renly, die nach der Krone greifen wollen, anschließen sollen.

Als Eddards Bastard-Sohn Jon Schnee von all diesen Ereignissen erfährt, ist er hin und her gerissen zwischen dem Eid, den er der Nachtwache geschworen hat, und der Loyalität gegenüber der Familie. Schweren Herzens steht er zu seinem Wort, denn er weiß, dass hinter der Mauer aus Eis eine Gefahr lauert, die noch viel schlimmer ist als der Krieg, der bereits unzählige Leben gefordert hat.

Der Gnom Tyrion Lennister springt einmal mehr dem Tod von der Schippe, soll jedoch zusammen mit den Kämpfern der Bergstämme, die er rekrutieren konnte, auf Wunsch seines Vaters an der Front geopfert werden. Erst als Lord Tywin von Jaimes Gefangennahme erfährt, ändert sich seine Einstellung gegenüber dem verhassten zweiten Sohn. Er schickt Tyrion nach Königsmund, damit dieser verhindert, dass Joffrey noch mehr Unheil anrichtet, als bereits durch Eddards Tod geschehen. Robbs kluges Taktieren hat die Lennister-Armeen in Bedrängnis gebracht, und die Schwestern stellen ein wichtiges Pfand dar.

Fern von Westeros planen Daenery Targaryen und ihr Gemahl Khal Drogo, die Ansprüche der jungen Frau auf den Thron mit einem gewaltigen Heer durchzusetzen. Das Vorhaben scheitert am überraschenden Tod Khal Drogos. Daenerys verliert das gemeinsame Kind und, von wenigen Getreuen abgesehen, die Unterstützung der Dothraki. Auf den Scheiterhaufen ihres Mannes legt sie die Dracheneier, die ihr einst zur Vermählung geschenkt wurden. Als das Feuer sie erfasst, geschieht ein Wunder.

Der vierte Comic-Band aus der Reihe „Game of Thrones“ schließt die Geschehnisse im ersten von geplanten sieben (fünf liegen derzeit vor) US-Romanen ab (die deutschen Ausgaben wurden jeweils in zwei Bände geteilt). Daniel Abraham, der die Adaption schrieb und von Tommy Patterson illustrieren ließ, fasst die wesentlichen Ereignisse, die man aus den Büchern beziehungsweise der TV-Serie kennt, zusammen. Dabei räumt er allen wichtigen Charakteren an den Orten ihres Handelns gleichermaßen Platz ein, denn sie alle tragen ihren Teil zum Gesamtbild bei, das außerordentlich komplex verwoben ist. Selbst Taten, die zunächst begrenzte Auswirkungen zu haben scheinen, beeinflussen Menschen an ganz anderen Stätten.

Der Kampf um die Krone, die man glaubt, dem Kindkönig leicht entreißen zu können, ist nun im vollen Gange, auch wenn noch nicht jeder, der Ansprüche geltend machen kann, Position bezogen und damit begonnen hat, Verbündete um sich zu scharen. Die einzigen, die nicht nach der Macht streben, sind die Starks, die für ihr Land und seine Bewohner sorgen wollen, aber auf den gewaltsamen Tod ihres Lords antworten und die Armeen der Lennisters abwehren müssen. Auch Tyrion kennt seinen eigentlichen Platz und fügt sich widerwillig in die Notwendigkeit zu kämpfen, um am Leben zu bleiben. Die Nachtwache bleibt neutral, ahnt jedoch, dass dieser Krieg auch ihnen schadet, da die Ressourcen ausbleiben, um die Mauer verteidigen zu können gegen einen Feind, der nach wie vor unterschätzt wird und von dem niemand weiter südlich etwas weiß oder wissen will.

Daenerys muss erneut einen schweren Verlust verkraften. Ihre Ambitionen scheinen dadurch zunächst gestoppt. Außer einer Handvoll Getreuer ist ihr nichts geblieben. Doch die vielen Schicksalsschläge haben die junge Frau reifen und hart werden lassen, und sie ist nicht gewillt aufzugeben. Sie folgt ihrem Instinkt. Etwas, womit niemand gerechnet hat, passiert – das Cover gibt diese Entwicklung leider vorweg –, und nach diesem Cliffhanger darf der Leser spekulieren, ob sich nun alles wieder zum Besseren für sie wendet.

Wie ihr weiterer Weg bleibt auch der der übrigen Protagonisten offen. Für jeden kann es gut oder böse enden, denn George R. R. Martin geht alles andere als zimperlich mit seinen Figuren um, wie nicht allein Eddards Ende deutlich macht. Man ahnt, dass es nur schlimmer werden kann und nicht jeder Sympathieträger mit dem Leben davonkommen wird. Diese Grausamkeit, die der Serie innewohnt, mag man einerseits als realistisch ansehen, schaffen es doch für gewöhnlich die Helden, sich ungeschoren aus den übelsten Notlagen zu befreien; andererseits belastet sie auch den Leser, der schon damit zufrieden wäre, wenn ‚die Bösen‘ bekämen, was sie verdient haben. Aber so funktioniert die Welt leider nicht – und auch nicht die des Autors.

Die Illustrationen von Tommy Patterson erreichen nicht ganz die Qualität des Titelbildzeichners Mike S. Miller. Hin und wieder stimmen die Proportionen nicht, mitunter wirken die Gesichter skizziert, dann wieder durch strenge, klare Linien leicht überzeichnet. Allerdings passt der Stil zum Genre und der Story; die idealisierten Superhelden-Schönheiten wären hier fehl am Platz.

Ob man nun zu der Serie über die Bücher, die Verfilmung oder die Comic-Adaption findet, man bekommt Lust, auch die anderen Medien auszuprobieren. Freilich gibt es immer gewisse Unterschiede, aber das Wichtigste ist, dass man sich gut und spannend unterhalten fühlt von diesem High-Fantasy-Epos. Die Comic-Adaption ist den Künstlern gelungen und stellt somit eine Bereicherung jeder „Game of Thrones“-Sammlung (Bücher, DVDs, Bildbände etc.) dar. Allerdings sollte man die Comics von Band 1 an lesen, um die Charaktere kennenzulernen und die Zusammenhänge zu verstehen. Ein Quereinstieg ist nicht zu empfehlen, da Kenntnisse des Vorausgegangenen erwartet werden.