Susanne Gerdom: Das Chinesische Mysterium- Clockwork Cologne (Magnus 2) (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 02. Juli 2015 14:44
Susanne Gerdom
Das Chinesische Mysterium
Clockwork Cologne (Magnus 2)
Titelillustration von Jaqueline Spieweg
Qindie, 2014, Paperback, 252 Seiten, 7,90 EUR (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Magnus, ehemaliger Agent, Süchtiger, Spieler und Lebemann im früheren Dienst der Queen, wurde zusammen mit seinem Faktotum auf ein Luftschiff entführt. Sein eigener Bruder, ein mitleidloser Sadist, will ihm die Pläne für eine Zeitmaschine entwenden – und wenn er sein eigen Fleisch und Blut dafür foltern muss, so sei es denn. Als Magnus’ Butler von den brüderlichen Folterknechten in die mörderische Nordsee geworfen und dort offensichtlich einem kalten, nassen Tod überlassen wird, bricht sein Widerstand.
So ganz kleinbeigeben will er nicht, doch angesichts der Vergiftung, die seinen Körper schwächt und die für ihn einen grausamen Tod bereithält, wird die Aussicht eines Freitods immer verführerischer. Im Koma gefallen wird er von seinem Bruder in einem Hospiz abgeladen.
Währenddessen suchen nicht weniger als drei weitere Parteien die verschollenen Pläne, den Prototyp der Zeitmaschine und die Ingenieurin, die Magnus mit der Konstruktion betraut hat. Im Wettlauf um die Pläne dringen Agenten der Triaden, der Geheimdienste und privater Interessenten tief in den Untergrund Cölns ein, bis hin zum Abyssus…
Im zweiten Band um den charismatischen Lebemann Magnus schließt die Autorin direkt an die Geschehnisse des ersten Bandes an. Allerdings verschiebt sich vorliegend der Fokus ein wenig. Stand in „Der Blaue Tod“ Magnus selbst ganz im Zentrum der Geschehnisse und diente uns als Erzähler, so weitet die Autorin ihr Bild nunmehr deutlich aus.
Mit der genialen aber ein wenig traumatisierten Erfinderin Paulina Rosenzweig stellt Gerdom nicht nur eine weitere vielschichtige Figur vor, sondern lässt uns durch deren Augen auch bislang unbekannte Regionen des Untergrunds unterhalb der Dom-Ruine erblicken.
Damit noch nicht genug, führt die Autorin weitere Gestalten ein, die dem Roman erst ihr Gepräge geben. Sei es der Deutsch-Chinese, der seinen Weg an die Spitze des Familienunternehmens, das sich mit der Vermarktung von Opium beschäftigt, machen will, die Schwester der Konstrukteurin, die mit ihren latenten PSI-Kräften den sterbenden Süchtigen ihre Schmerzen nimmt, die intrigante Ehefrau St. Maurs, die ihre masochistische Ader ebenso gekonnt auslebt wie sie ihr Machtkalkül im Augen behält – die Liste ließe sich problemlos fortsetzen.
Immer umfassender wird das Bild, das sich uns von Cöln, vom nach Übersee verlegten Hof und der Katastrophe selbst bietet.
Dazu gesellen sich Steampunk-Erfindungen der besonderen Art. Neben der mysteriösen Zeitmaschine und Luftschiffe begegnen uns künstliche Erweiterungen, die den Menschen zusätzliche Gliedmaßen oder ein besonderes Auge bescheren, künstliche Wesen die als sklavenähnliche Diener vornehmlich in den Lüften ihre gefährlichen Aufgaben erfüllen und sphärische Kraken, die im Æther schwimmen.
So nimmt sowohl das Tempo wie die Dramatik nochmals deutlich zu, entfaltet sich das Bild einer faszinierend anderen Welt und reizt die Neugier der Leser, wie es im dritten Band weitergehen wird mit Magnus und seinen Freunden – wie auch den vielen Feinden.