Andrew Fukuda: Die Jäger der Nacht (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 17. Juni 2015 10:16
Andrew Fukuda
Die Jäger der Nacht
(The Hunt, 2012)
Übersetzung aus dem Englischen von Kristian Lutze
Ravensburger, 2013, eBook, 12,99 EUR (Hardcover nicht mehr erhältlich)
Von Christel Scheja
Obwohl Andrew Fukuda in Manhattan geboren wurde, wuchs er in Hongkong auf. Heute lebt er mit seiner Familie auf Long Island. Nach seinem Bachelor in Geschichte arbeitete er eine ganze Weile mit Jugendlichen in Manhattans Chinatown und später sieben Jahre für die New Yorker Staatsanwaltschaft, ehe er sich dazu entschied, sein Geld mit dem Schreiben von Romanen zu verdienen.
In einer fernen Zukunft hat sich die Menschheit stark verändert. Viele von ihnen sind zu Bestien mit einem ganz anderen Stoffwechsel mutiert; sie schwitzen nicht mehr und Reißzähne sind ihnen gewachsen. Zudem haben sie eine Aversion gegen Sonnenlicht entwickelt. Ihre Instinkte treiben sie dazu, die letzten verbliebenen Menschen als Beute anzusehen, als niedere Tiere, die nur für eines da sind – eine wilde und blutige Jagd.
Dennoch schaffen es einige Menschen, unter ihnen zu leben. Gene ist einer von ihnen. Bevor sein Vater verschwand, hat er ihm die wichtigsten Überlebensregeln beigebracht – und das hat auch dafür gesorgt, dass er bis jetzt da ist und nicht das Schicksal anderer erlitten hat. Doch er bezweifelt, dass das auf Dauer gut gehen wird, vor allem nicht jetzt, wo er und andere Jugendliche aus seiner Jahrgangsstufe dazu ausersehen werden, an der „Großen Jagd“ teilzunehmen, in der Menschen erlegt werden sollen. Dazu werden sie von allem, was ihnen lieb war, isoliert.
Nun muss Gene mit allem, was er zur Verfügung hat, um sein Überleben kämpfen. Er hofft auf einen Verbündeten. Gleichzeitig versucht er mit Beute, die in einer Glaskuppel in der Savanne lebt, Kontakt aufzunehmen.
„Jäger der Nacht“ wird durch die Ich-Erzählung sehr persönlich. Der Autor verzichtet aber auch bewusst darauf, eine Seelenschau zu inszenieren. Aus diesem Grund liest sich die Geschichte auch sehr flüssig, wird spannend erzählt und lässt den Leser mitfiebern. Immer wieder gibt es Action-Szenen, dann auch den Hauch einer Romanze und nicht zuletzt viele kleine aber feine Wendungen, die den Hintergrund deutlicher hervor arbeiten.
Allerdings sollte man nicht genauer über den Plot an sich nachdenken, sondern die Idee so genießen wie sie ist. Denn es macht eigentlich keinen Sinn, darüber nachzugrübeln, warum die echten Menschen in der instinktgesteuerten Gesellschaft nicht auffallen. Kann man wirklich immer verhindern zu schwitzen, nicht zu blinzeln oder zu lachen? Und warum merken die Jugendlichen rund um Gene nicht schon früher, was er ist, wenn sie so feine Geruchssinne haben? Das ist der große Knackpunkt der Geschichte, durch die sie eigentlich nicht mehr so funktionieren dürfte, wie Andrew Fukuda schildert. Ansonsten ist die Idee eigentlich nicht schlecht, ein Zukunftsszenario mit den klassischen Vampirmythen zu entwickeln. Es steht nur auf sehr tönernen Füßen.
Die Handlung selbst ist eigentlich sehr geradlinig gehalten. Über den Hintergrund erfährt man erst einmal nur so viel, wie für die Geschichte notwendig ist, die Andeutungen und Hinweise sorgen aber auch dafür, dass man neugierig bleibt. Allerdings hört der Roman an der interessantesten Stelle auf und lässt den Leser mit einem Cliffhanger zurück. Auch die Charaktere sind nicht sonderlich ausgearbeitet, bleiben durchweg oberflächlich charakterisiert und folgen den genretypischen Klischees. Denn natürlich darf auch irgendwann die Liebe eine gewisse Rolle spielen und den Helden in seinen Entscheidungen beeinflussen.
Deshalb bleibt ein durchwachsener Eindruck. „Jäger der Nacht“ hat interessante und spannende Ansätze, allerdings stößt auch die Oberflächlichkeit immer wieder störend auf. Viele Ideen stehen auf wackligen Füßen, die Figuren und der Hintergrund erhalten nicht die Tiefe, die sie eigentlich bräuchten, um überzeugender zu wirken, so dass nicht nur wegen dem abrupten Ende ein leicht schaler Geschmack zurückbleibt.