Die Bestimmung – Insurgent (Film)

Die Bestimmung – Insurgent
USA 2014, Regie: Robert Schwentke, mit Shailene Woodley, Theo James, Octavia Spencer u.a.

Von Christel Scheja

Sind Buchreihen erfolgreich, dann landen sie irgendwann im Kino. Das hat sich gerade in den letzten zwanzig Jahren mehr als bewahrheitet. Jetzt wartet man allerdings nur nicht mehr darauf, dass die Romane zu zeitlosen Klassikern werden, sondern man hängt sich möglichst schnell an die Erfolge an. So ist es auch bei der „Die Bestimmung“-Trilogie von Veronica Roth geschehen, die im Fahrwasser der „Panem“-Saga von Suzanne Collins entsprechende Erfolge feierte und eine größere Fangemeinde fand.

Die Geschichte um Tris und Four ist ebenfalls in einer düster-dystopischen Umgebung in einer nicht näher zu bestimmenden Zukunft angesiedelt, wenn auch mit anderen Vorzeichen, wie der zweite Film der Reihe „Die Bestimmung – Insurgent“ nun eindrucksvoll beweist.

Zweihundert Jahre sind vergangen, seit sich die Gründer Chicago hinter einem hohen Wall einschlossen, um so das Überleben der Menschheit zu sichern. Die Menschen wurden in fünf Fraktionen eingeteilt, um für eine funktionierende Gesellschaft zu sorgen: Ferox – Die Furchtlosen sind die Soldaten, die Recht und Ordnung aufrecht erhalten und die Bewohner beschützen sollen; Altruan – Die Selbstlosen kümmern sich um die soziale Seite der Gesellschaft; Candor – die Freimütigen sagen immer die Wahrheit; Ken – die Gelehrten haben sich der Wissenschaft verschrieben – und nicht zuletzt sorgen die Amite – die Friedfertigen für die Nahrung der Gemeinschaft. Mit etwa sechzehn Jahren müssen sich die Jugendlichen entscheiden, welcher Fraktion sie angehören wollen – Versager landen als Fraktionslose auf der Straße, denn eine einmal getroffene Entscheidung ist unumstößlich.

Doch nun scheint die Ordnung in Gefahr, denn immer mehr „Unbestimmte“ wachsen heran, Jungen und Mädchen, die von der Neigung her gleich in drei Fraktionen passen würden, Und das könnte die Gesellschaft erschüttern – und die Pläne der ehrgeizigen Ken-Anführerin Jeanine Matthews stören, die glaubt, dass ihre Fraktion die Stadt besser regieren könnte als die derzeit herrschenden Altruan. Besonders im Auge hat sie dabei Tris Prior, ein junges Mädchen, das sich zwar für die Ferox entschieden hat, aber nicht so beeinflussbar ist, wie sie dachte, durchbrach sie doch die Programmierung, die sie einigen der Ferox-Soldaten verpasst hatte, um damit gegen die Altruan vorzugehen, die bisher die Regierung inne hatten.

Tris muss den Tod ihrer Eltern miterleben und erfahren, dass diese Geheimnisse vor ihr hatten und schon länger von den Machenschaften Jeanines wussten. Doch nun bleibt ihr nur erst einmal die Flucht zu den Amite, die ihr, ihrem Bruder Caleb, Four ihrem Freund und nicht zuletzt auch dem undurchsichtigen Peter Unterschlupf gewähren. Dort können sie sich erst einmal erholen, aber der Frieden hält nicht lange an, denn Jeanine erklärt die „Divergent“ zu Staatsfeinden und lässt die Bevölkerung überprüfen, wo sie ihrer habhaft werden kann, um die Gefahr im Keim zu ersticken.

Noch kennen sie nicht den Grund dafür: Die Ken-Anführerin hat nämlich ein Artefakt der Gründer an sich gebracht hat, das sie um jeden Preis entschlüsseln will. Doch dazu braucht sie jemanden, der die Eigenschaften aller fünf Fraktionen besitzt.

Während Chicago also immer mehr in Terror und Schrecken versinkt, weil die Ferox-Soldaten im Auftrag von Jeanine die Stadt und das Umland durchkämmen, fliehen Tris und Four zu den Fraktionslosen. Dort erfährt das Mädchen, dass ihr Freund und Ausbilder eigentlich Tobias Eden heißt und der Sohn von Evelyn ist, einer Anführerin der Fraktionslosen, die schon lange mit Groll beobachtet, was die Ken treiben.

Ein Bürgerkrieg scheint unausweichlich zu sein, um dem Regime der Ken ein Ende zu machen und den Untergang der Gesellschaft zu verhindern, doch ist das wirklich der einzige Weg? Ausgerechnet Tris steht mehr denn je zwischen den Fronten, denn sie scheint eine besondere Rolle in dem ganzen Konflikt zu spielen, vor allem als sie selbst erfährt, was die Ferox eigentlich suchen. Schließlich bleibt ihr nur noch eine Wahl, um ein weiteres Blutbad zu verhindern. Und so trifft sie eine folgenschwere Entscheidung.

Die Geschichte von „Insurgent“ schließt direkt an die von „Divergent“ an, sind doch gerade einmal drei Tage vergangen, seit Tris ihre Freunde aus dem Griff der Simulation gerettet und die ersten Machenschaften ihrer Gegenspielerin enthüllt hat.

Da der Film sich nicht mehr mit Rückblenden aufhält, ist es wirklich angeraten, sich den ersten Teil der Saga noch einmal vor dem Kinobesuch anzusehen, wenn man das längere Zeit nicht getan hat oder dies noch nicht getan hat, da es sonst schwer werden könnte, in die Handlung zu finden.

Wie zu erwarten war, bricht die heile und friedliche Welt der scheinbar perfekten Gesellschaft nun zusammen, wie man im friedlichen Dorf der Amite miterleben kann. Aber auch die jungen Helden haben Narben zurückbehalten, die ihnen zu schaffen machen. Nicht nur der Tod ihrer Eltern belastet Tris, auch die Gewissheit, einen Freund erschossen zu haben, der in diesem Moment nicht sie selbst war. Dementsprechend viele verwirrende Visionen gibt es, die die Handlung gelegentlich ausbremsen – so wie der Film ohnehin gerne mit virtuellen Realitäten spielt, was sich gerade im letzten Drittel besonders bemerkbar macht.

Die Parallelen zur „Panem“-Reihe sind leider unübersehbar. Auch hier sind die Menschen nach einer großen Katastrophe in Amerika in ein streng reglementiertes Kastensystem eingebunden und können sich Versagen oder Widerstand nicht erlauben, denn dadurch landen sie buchstäblich auf der Straße oder sterben. Auch hier gibt den skrupellosen Anführer und seine Handlanger, die die Macht in Händen halten und diese einfach nicht mehr hergeben wollen und die Rebellen auf der anderen Seite – statt eines Distrikts sind es eben die Fraktionslosen, die sich in den Ruinen eines zerfallenen Teils von Chicago verstecken.

Futuristisch saubere High-Tech-Szenarien vermischen sich mit der ansonsten eher dystopischen Endzeit-Welt. Nicht zuletzt stehen natürlich wieder gutaussehende, erstaunlich gestylt wirkende, durchtrainierte junge Leute im Mittelpunkt der Geschichte – angeführt von einer tragischen Heldin, die eher unfreiwillig in ihre Rolle als Auserwählte geschubst wird und natürlich den Mann ihres Lebens findet. Tod und Gewalt sind allgegenwärtig und machen dabei nicht einmal vor Unschuldigen halt.

Man meint – auch wenn die Vorzeichen vielleicht ein paar andere sind und auch der Film einen etwas anderen Verlauf nimmt – alles von irgendwoher zu kennen, weil man es bereits mehrfach gesehen hat.

„Die Bestimmung – Insurgent“ spult zwar eine routiniert gestrickte Handlung mit viel Action und hübschen Spezialeffekten ab – aber irgendwie erinnern die in tausend Splitter zerberstenden Simulationen an andere SF-Filme wie „Inception“. Die Handlung selbst bleibt überschaubar und bietet nur wenige überraschende Wendung. Gerade erfahrene Zuschauer werden die deutlichen Hinweise schnell deuten können und damit den Figuren im Film weit voraus sein. Ebenso ist auch der Hintergrund auf das Mindestmaß reduziert und so weit vereinfacht, dass das Setting seine Glaubwürdigkeit behält.

Bemerkenswert ist allenfalls, dass überraschend viele Frauen die führenden Rollen in der futuristischen Gesellschaft und der Geschichte einnehmen und nicht in die zweite Reihe gedrängt werden. Jeanine Matthews und Evelyn Eden sind akzeptierte Anführerinnen aus eigenem Recht und Kämpferinnen unter den Ferox wirken nicht wie Ausnahmen, genauso wie es auch Männer gibt, die sich eher mit passiven Rollen zufriedengeben. Allerdings bleiben auch sie eher blasse Figuren, ähnlich wie die Helden, die mehr oder weniger den heute modernen Archetypen entsprechen – der rebellischen jungen Frau auf dem Weg zum Erwachsenwerden und dem ihr Seite gestellten meist doch geheimnisvoll wirkenden Partner für die romantischen Momente und als Retter in der Not.
Alles in allem bekommen Action und Schaueffekte eine Menge Raum. Deshalb dürfen sich die Helden sehr oft mit ihren Gegenspielern prügeln oder durch nett anzuschauende utopische Landschaften klettern.

Leider wird die physische Seite ihrer Fähigkeiten übertrieben betont. Gewalt gehört zum Film und ist oft hart an der Grenze zu einer höheren Altersfreigabe, auch wenn die Szenen ab einem bestimmten Punkt ausgeblendet werden und man nichts mehr sieht, sondern nur noch die entsprechenden Geräusche hört. Die Spannung erhöht sich dadurch allerdings nicht, da sich die Action-Szenen mehrfach wiederholen und gerade im Mittelteil des Films – als die Ferox ein Gebäude stürmen – etwas zu sehr in die Länge gezogen werden.

Auch für diesen Film wirkt die 3D-Konvertierung eher überflüssig, da sich die meisten Szenen ohnehin rein auf die Menschen konzentrieren und den Hintergrund eher verschwimmen lassen. Selbst in den durchaus gut animierten Simulationen, wenn zum Beispiel Menschen und Gegenstände in Zeitlupe durch die Luft fliegen, fällt die erwartete Raumtiefe so gut wie gar nicht auf.

„Die Bestimmung – Insurgent“ hat durchaus seine Schauwerte und genau die richtige Laufzeit (oder besser: das Maß an Action), um nicht langweilig zu werden, aber dennoch hat man als Zuschauer danach nicht das Bedürfnis. den Film sofort noch einmal oder möglichst bald die Fortsetzung sehen zu wollen.

Das Gefühl, alles von irgendwoher zu kennen, angefangen mit der großäugigen, tragisch dreinblickenden Heldin, über das schmuddelige dystopische Endzeit-Szenario mit Hightech-Elementen bis hin zu den computergenerierten Spezialeffekten und Landschaften, lässt einen danach nämlich nicht mehr los.

Was bleibt ist ein eher zwiespältiger Eindruck: Der Film ist zwar für den Moment kurzweilige Unterhaltung mit netten Effekten zum Anschauen, aber man hat ihn bereits kurz nach dem Kinobesuch wieder vergessen, da weder die Handlung noch die Figuren Eindruck hinterlassen.