X-Men Sonderheft 23 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 21. Juni 2009 01:00
Mike Carey
X-Men Sonderheft 23
Secret Invasion
(Secret Invasion: X-Men 1–4, 2008/09)
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Petz
Titelillustration von Terry Dodson
Zeichnungen von Cary Nord, Ma Sepulveda, Dave McCraig u. a.
Panini, 2009, Heft, 96 Seiten, 6,95 EUR
Von Irene Salzmann
Nachdem fast das ganze Skrull-Imperium zerstört wurde, suchen die Gestaltwandler nach neuen Lebensräumen. Auch die Erde soll erobert werden, und die Mittel dazu gaben ausgerechnet die Illuminati diesem Gegner in die Hand. Schon seit Jahren wird die Bevölkerung infiltriert, werden Mutanten und Menschen durch Skrull ersetzt – und bloß der Zufall brachte es ans Licht. Doch zu diesem Zeitpunkt war es bereits zu spät, die Invasion aufzuhalten.
Die Skrull scheinen den Sieg davonzutragen, doch noch immer kämpfen Rebellen um die Freiheit ihres Planeten, darunter die X-Men, die durch Guerilla-Taktiken dem Feind arg zusetzen. Schließlich drohen die Skrull damit, unschuldige Gefangene zu ermorden, wenn sich die X-Men nicht ergeben. Cyclops geht notgedrungen auf den Handel ein, auch wenn niemand weiß, ob die Skrull ihr Versprechen halten und die Menschen frei lassen werden. Allerdings tragen die X-Men ein Ass im Ärmel …
Die Comics haben schon oft bewiesen, dass sie zeitnah sind und gern Themen aufgreifen, die die Menschen beschäftigen. Die Stimmung der Bevölkerung, Ängste und Hoffnungen schlagen sich in den Heften nieder. Auch die Feindbilder wurden aktualisiert. Nur noch selten begegnet man dem ›bösen Russen‹ oder dem ›fanatischen Nazi‹. Seit der Libyen-Krise in den 1980er Jahren und mehr noch seit dem ›11. September‹ trägt der Terror ein neues Gesicht.
Die Mentalität und die Aktionen der Skrulls machen das deutlich. Ihre Invasionspläne und der Machthunger werden von religiösen Motiven bemäntelt. Skrupellos töten sie jeden, der sich ihnen widersetzt. Auch die eigenen Leute werden geopfert oder gehen freiwillig in den Tod, wenn es der Sache dient. Die Skrull führen keinen Krieg, der sich an ethische Grundsätze hält, sondern bringen den absoluten Terror und Vernichtung über die Menschen. Eine Verständigung mit den Skrull ist unmöglich.
Die X-Men sind gezwungen, viele ihrer Prinzipien über Bord zu werfen, um die Katastrophe abzuwenden. Notgedrungen greifen sie zu Mitteln, die ihnen früher nie in den Sinn gekommen oder sogleich verworfen worden wären. Wolverine, der einst als Hardliner galt und deshalb im Team einen schweren Stand hatte, steht mit seinen Ansichten längst nicht mehr alleine da.
Dieser Ruck hin zur Gewalt, der präventive Einsatz von Massenvernichtungswaffen und das Töten, bevor man selbst getötet wird, sind aufgrund der bitteren Realität in den Comic-Serien gängige Themen geworden, die ihre Akzeptanz finden. Daran merkt man die Angst der Amerikaner vor einem Gegner, der keine Skrupel kennt und den Terror und den Kampf in ihr Land tragen könnte, ihren Wunsch nach einem ›starken Mann‹, der es den Feinden mit der gleichen Münze heimzahlt und die Amerikaner und ihre Verbündeten beschützt (wie bereits im Golden Age der Comic-History).
Eingebettet ist dieser Hintergrund in eine spannende, Action reiche Story, deren zeichnerische Umsetzung comichaft anmutet und Geschmackssache ist. Nicht immer sehen die Charaktere so aus, wie man sie aus anderen Bänden kennt, und die Titelillustrationen von Terry Dodson sind keineswegs repräsentativ für den Inhalt. Von daher sollte man, wenn man kein Alles-Sammler ist, ein wenig in dem Heft blättern, ob der Stil gefällt.
Das 23. »X-Men«-Sonderheft ist Teil des großen »Secret Invasion«-Crossover und kann, wenn man einigermaßen mit dem Hintergrund der Storyline und den Charakteren vertraut ist, auch ohne große Kenntnisse der aktuellen Serienhandlung gelesen werden. Der hier komplett abgedruckte Vierteiler liefert ein relativ in sich abgeschlossenes Abenteuer, von dem auch Gelegenheitsleser gut unterhalten werden.
Setzt man die Story in Zusammenhang mit den gegenwärtigen politischen Entwicklungen, ist der Band sehr interessant und erlaubt einen Einblick in die Denkweise der Amerikaner. Man sollte Comics als Stimmungsbarometer nicht unterschätzen.