Clark Ashton Smith: Die Stadt der Singenden Flamme (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 24. Januar 2015 09:48
Clark Ashton Smith
Die Stadt der Singenden Flamme
H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens 24
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Malte S. Sembten, Alexander Amberg, Andreas Diesel
Festa, 2011, Hardcover, 396 Seiten, 28,00 EUR, ISBN 978-3-86552-083-8 (auch als eBook erhältlich)
Von Frank Drehmel
Stellt man das phantastische Werk des US-amerikanischen Schriftstellers und Künstlers Clark Ashton Smith in den Mittelpunkt einer Rezension, so kommt man nicht umhin, H. P. Lovecraft – einen der bedeutendsten Horror- und Phantastik-Autoren des 20. Jahrhunderts – zumindest zu erwähnen. Die beiden Männer verband nicht nur eine lange Freundschaft, Lovecraft nutzte ein ums andere Mal seine Stellung als erfolgreicher, vielgelesener Literat, um als Fürsprecher Storys seines Freundes, den er für einen herausragenden Autoren seiner Zeit hielt, beim Pulp-Magazin „Weird Tales“ unterzubringen.
Und in der Tat stellten Smiths Geschichten – neben denen Lovecrafts und Robert E Howards – die Highlights des Magazins dar. Dennoch stand ihr Schöpfer stets im Schatten seines Freundes und Förderers, sodass sein Werk in einem eher kleineren Kreis von Phantastik-Freunden Wertschätzung erfuhr, während Lovecraft zumindest für Genre-Fans fast schon ikonische Züge annahm.
In seiner Reihe „H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens“, in deren Titelwahl sich eben jene Bedeutung und Wertschätzung Lovecrafts widerspiegelt, veröffentlicht der im Phantastik-Segment äußerst umtriebige Festa Verlag eine umfangreiche, mehrbändige Sammlung der Erzählungen Smiths, deren vorliegender erster Band insgesamt 19 Geschichten sehr unterschiedlicher Länge enthält, von denen elf zu Smiths „hyperboreischen“ Geschichten-Zyklus gehören, also auf einem vorzeitlichen, nördlichen Kontinent, bewohnt nicht nur von menschlichen Wesen, angesiedelt sind.
Nicht nur hinsichtlich ihres Umfangs gestalten sich die Storys sehr unterschiedlich, auch thematisch decken sie ein großes Spektrum ab, angefangen beim eher viktorianisch-klassischen Grusel über stark Sword & Sorcery geprägte Ansätze bis hin zu Science Fiction lastigem, spacigem Horror und dem Grauen im Angesicht uralter kosmischer wahnsinniger Entitäten.
Die eher kurzen, betulich „irdischen“ Storys – wie „Der Malaiische Kris“ oder „Die Auferweckung der Klapperschlange“ – sind zwar ebenfalls gefällig verfasst, wirken aber vergleichsweise konventionell und vorhersehbar. Smiths Stärke liegt eindeutig im Erschaffen vollkommen fremder und fremdartiger Welten, ihrer bizarren Bewohner und der surrealen Landschaften, welchen er – ähnlich Lovecraft – adjektivreich, wenn auch im Duktus etwas nüchterner, Leben einhaucht.
Smith malt mit Worten Bilder und ganze Panoramen, die umso plastischer und vielschichtiger erscheinen, je mehr phantastisches Vorwissen der Rezipient mitbringt. So entwirft er in „Die Abscheulichkeiten von Yondo“ eine Landschaft, die vielen Salvatore-Dali-Gemälden in nichts nachsteht, oder kreiert in „Die Schrecken der Venus“ eine Situation, die einem modernen SF-Horror-Crossover würdig wäre. Mit ihrem Bezug auf Astronomie, Raumfahrt und Wissenschaft wirken viele Storys erstaunlich zeitgemäß, in ihren Bezügen und Referenzen zum Lovecraft’schen Pantheon und Cthulhu-Mythos stellen sie sich in einen größeren Kontext.
Etwas, das Smith von seinem Freund Lovecraft unterscheidet, ist der Humor, der in vielen Geschichten aufblitzt und den der Autor insbesondere in der Story „Das Tor zum Saturn“, in welcher sich zwei ziemlich großkotzige Erzfeinde, die es in eine ihnen fremde Welt verschlagen hat, zusammenraufen müssen, wollen sie die Fährnisse, die das Leben dort bereithält, heil überstehen, fast schon überschwänglich zelebriert und beinahe ins Komödiantische steigert.
Abgerundet wird dieser erste Sammelband sowohl durch zwei umfangreiche redaktionelle Beiträge; im einen wird das Leben und der Werdegang Smiths ausführlich nachgezeichnet, im anderen der hyperboreische Geschichtenzyklus in einen größeren – auch historischen – Zusammenhang gestellt. Den Abschluss bilden zahlreiche bibliografische Anmerkungen zu den meisten der dargebotenen Storys, welche vorderst Smiths Probleme illustrieren, seine Ideen im „Weird Tales“-Magazin unterzubringen.
Fazit: Ein erster gelungener Ausflug in das Œuvre eines Lovecraft’schen Weggefährten, der gerade im sprachgewaltigen Entwurf surrealer Welten und kosmischen Grauens dem großen Phantasten in nichts nachsteht. Wer Lovecraft liebt, kommt auch an Clark Ashton Smith nicht vorbei!