Screwed 1: Projekt Frankenstein (Comic)

Tyler Kirkham & Keith Thomas
Screwed 1
Projekt Frankenstein
(Screwed 1-6, 2014)
Aus dem Amerikanischen von Kerstin Fricke
Cover und Zeichnungen von David Miller
Panini, 2014, Paperback, 148 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-95798-048-9

Von Christel Scheja

Zenescope Entertainment scheint sich darauf spezialisiert zu haben, Klassiker neu zu interpretieren und dabei vor allem starke Heldinnen in den Vordergrund zu rücken, die zudem auch noch sehr gut aussehen. So nutzt nun Tyler Kirkham die Gelegenheit, in „Screwed“ eine alte Geschichte anders zu erzählen, die auch im Titel der ersten Graphic Novel gleich zum Programm wird: „Projekt Frankenstein“.

Anne Gallo kommt in einem Krankenhaus wieder zu sich und erfährt, dass man eigentlich nicht damit gerechnet hat, dass sie nach dem heftigen Stromstoß, den sie erlitten hat, noch am Leben ist und sich scheinbar davon erholt zu haben scheint. Die junge Frau ist erschüttert und verwirrt zugleich, fragt sie sich doch auch, woher die vielen Narben am Körper kommen, und wird das Gefühl nicht los, dass viele ihrer Gliedmaßen und Organe nicht zu ihr zu gehören scheinen. Aber die Erinnerung an das „Davor“ ist entweder gar nicht da oder besteht nur aus immer wieder verblassenden Bildern. Und da ist noch mehr. Ihr Körper ist belastbarer, ausdauernder und stärker als er sein dürfte.

Aus diesem Grund bricht Anne aus dem Krankenhaus aus, in dem man sie festhalten will, und macht sich allein auf die Suche nach der Wahrheit, nicht ahnend, in was für eine groß angelegte Intrige sie verwickelt ist… Denn sie hat mit einigen Problemen zu kämpfen, die ihr ebenso zu schaffen machen. Nicht nur ihr Körper hat gelitten, auch Seele und Geist. Denn sie kann nicht kontrollieren, wann der reine Überlebensinstinkt sie übernimmt – und hinterlässt dabei eine Spur aus Leichen. Das sind nicht nur Fremde, die es ganz offensichtlich auf sie abgesehen haben, sondern auch Unschuldige, die in ihrem Weg stehen.

Gleichzeitig wird FBI-Agentin Scott von ihrer Vergangenheit eingeholt, denn ein Serienkiller, der eigentlich tot sein müsste, scheint wieder sein Unwesen zu treiben. Er hinterlässt eine Spur von Leichen, die seine Handschrift tragen und tötet auch den Partner, der sie damals gerettet hat…

„Screwed“ arbeitet damit, dass der Leser schnell mehr weiß als die junge Heldin. Während Anne Gallo noch im Dunklen tappt, was ihre Erinnerungen angeht, und nur ein paar Bilder im Kopf hat, konnte der Leser bereits im Auftakt miterleben, dass sie offensichtlich im Fokus einer ganzen Schar von Horror-Gestalten steht, die sie in ihre Gewalt bringen wollen. Und wer ist der Wissenschaftler, der ein ganz besonderes Interesse an ihr hat?

Nach und nach deuten die immer wieder eingestreuten Hinweise darauf hin, dass nicht nur ein Verrückter und ein Serienkiller im Hintergrund die Fäden ziehen, sondern vermutlich auch ein Konzern und vielleicht sogar die Regierung. Diese Andeutungen bleiben aber vage genug, um neugierig auf die Fortsetzung zu machen.

Der erste Band nutzt die Gelegenheit nicht nur, um den Hintergrund vorzustellen, sondern erlaubt sich auch, eine weitere Figur einzubringen; eine junge FBI-Agentin, die durch ihre Vorgeschichte und das daraus entstandene Trauma enger mit Anne Gallo verbunden ist, als beide Frauen am Anfang ahnen.

Die Geschichte wird routiniert und flott erzählt, spielt mit den Versatzstücken moderner Verschwörungsthriller genau so wie mit den Elementen des klassischen Romans. Die Heldin verkörpert hierbei die tragische Kreatur, die sich ihrer Natur noch nicht wirklich bewusst ist und sich durch eine sichtbar feindliche Umgebung kämpfen muss. Dabei wird natürlich nicht an Action und Schock-Momenten gespart, denn Anne muss sich in fast jedem Kapitel ihrer Haut erwehren und nicht nur einmal um ihr Leben kämpfen. Sie mag zwar gut gebaut sein und immer wieder viel blanke Haut zeigen, aber Erotik kommt dabei nur in den seltensten Fällen auf, so dass Voyeure, die mehr Sex erwarten, eher zu kurz kommen.

Tatsächlich spricht „Projekt Frankenstein“, der erste Band von „Screwed“, in erster Linie Leser an, die actionreiche Horror-Thriller mögen, deren Geschichte zwar einerseits überschaubar ist, aber doch immer noch Überraschungen bietet und durch geschickte Hinweise auf einen komplexeren Hintergrund Lust auf die Fortsetzung macht. Dass die Heldinnen der Story dabei auch noch gut aussehen, dürfte ein netter Nebeneffekt sein, der aber nicht die Handlung bestimmt.