Albatros 3: Seelengeflüster (Comic)

Albatros 3
Seelengeflüster
(Albatros: Le Murmure des Âmes)
Text & Artwork: Vincent
Übersetzung: Tanja Krämling
Lettering: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2008, Hardcover, 48 Seiten, 12,80 EUR, ISBN 978-3-939823-88-9

Von Irene Salzmann

Ombeline und Alyette fliehen aus dem Etablissement der Madame Couradille und werden mehr oder weniger von Kapitänin Emerance und ihren Piraten an Bord des Luftschiffes Albatros geduldet. Während Ombeline die Freundschaft der zwielichtigen Crew und einen sicheren Platz in ihrer Mitte erlangen will, möchte Alyette lieber zurück in die scheinbare Sicherheit des Kabaretts, denn sie erkennt die Skrupellosigkeit von Emerance und ihren Männern, vor der Ombeline ihre Augen verschließt.

Als das beschädigte Schiff notlanden muss und von Soldaten eingekreist wird, zieht sich Emerance bei dem Versuch, die Gegner in die Flucht zu treiben, eine üble Verletzung zu. Ombeline und Smutje wagen sich daraufhin in die Stadt, um ein Schmerzmittel aufzutreiben. Omeblines Bemühungen, ihre andere Freundin Rosaline ebenfalls zum Weglaufen zu bewegen, enden in einem Desaster – und es kommt noch schlimmer:
Smutje wird verhaftet und soll wegen eines Mordes gehenkt werden, den er nicht begangen hat. Die Crew meutert und will Emerance den Soldaten ausliefern. Der Zustand der Kapitänin verschlechtert sich weiter; sie ist kaum noch transportfähig. Alyette trennt sich von Ombeline … Gibt es überhaupt noch Hoffnung?

»Seelengeflüster« ist der dritte und abschließende Band der Serie »Albatros«, mit der der Künstler Vincent debütierte. Nahtlos knüpft die spannende Geschichte an die vorherigen Ereignisse an und steuert konsequent auf den dramatischen Höhepunkt zu. Der Leser erfährt vom weiteren Schicksal der Hauptfigur Ombeline und ihren Wegbegleitern. Wie zu erwarten war, gibt es nicht für jeden ein Happy End, und selbst über diejenigen, die mit einem blauen Auge davon kommen, legt sich ein Schatten.
Leider werden nicht alle offenen Fragen erschöpfend beantwortet. Zwar erfährt man, warum die Seevögel in Band 1 die Bewohner der Hafenstadt angegriffen haben, doch einige andere Details, wie Ombelines wahre Herkunft, bleiben vage und der Spekulation überlassen. Was sich im Kabarett hinter den Kulissen abspielt, macht deutlich, dass nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick hin scheint. Man hat das Gefühl, als wären ursprünglich ein, zwei weitere Bände in Planung gewesen, denn das Potenzial der Handlung wurde längst nicht ausgeschöpft.
Trotzdem ist das Ende überzeugend und befriedigend. Die Idee an sich, auch wenn sie etwas an Hitchcocks »Die Vögel« erinnert, ist originell, die Charaktere sind vielschichtig und interessant, die detailreichen, eigenwilligen Zeichnungen runden gelungen ab. Die überwiegend düstere Kolorierung, die von Blaugrün- und Gelbbraun-Nuancen beherrscht wird, dazu der fahle Teint von Ombeline und Emerance, unterstreicht die unheilvolle, krankhafte Atmosphäre, die man im Kabarett, auf der Albatros, aber auch in den Häusern der Stadt spürt – ein Zeichen für Lug, Betrug und Verfall, die alles und jeden mit sich reißen und Träume zerstören.

»Albatros« ist eine spannende, reizvolle Serie in drei Bänden, die vor allem ein reiferes Publikum anspricht, das nach weniger konventionellen Themen sucht und einen geschickt aufgebauten Plot zu schätzen weiß.