Chester, Deborah: Die Tränen des Lichts – Lichtbringer 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 02. Juli 2009 01:00
Deborah Chester
Die Tränen des Lichts
Lichtbringer 1 (von 2)
(The Pearls, 2007)
Aus dem Amerikanischen von Inge Wehrmann
Goldmann, 2009, Paperback, 382 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3-442-47025-9
Von Irene Salzmann
Nachdem Caelan den alten Kaiser und die Schattengötter besiegen konnte, wird er von vielen als Lichtbringer verehrt. Allerdings muss er sich als kluger Herrscher erst noch bewähren – und es gibt überall Personen, die nur auf einen Fehler des jungen Monarchen warten, sei es in den Ländern entlang der Grenzen, sei es in seinem eigenen Reich. So mancher, der den alten Göttern nicht abschwören wollte, hat wegen Caelan alles verloren und sinnt auf Rache.
Das gilt auch für Lord Wordekai, Kriegsherr der Provinz Ulinia, der seinem Land die Unabhängigkeit bringen möchte. Mit einem gewagten Plan wendet er sich an seinen Bruder Shadrael, einen ehemaligen Praetor, der einst seine Seele opferte, um ein ›Donare‹ zu werden. Obwohl durch das Verschwinden der Schattengötter nicht mehr viel dunkle Magie vorhanden ist, verfügt Shadrael noch immer über Reserven. Es ist weniger das Geld, das Wordekai ihm bietet, als die Aussicht, Caelan einen schweren Schlag zu versetzen, die Shadrael veranlasst, auf den Handel einzugehen.
Zusammen mit seiner Meute entführt er Prinzessin Lea, die Schwester des Kaisers. Schon bald merkt Shadrael, dass er den Gegner unterschätzt hat. Die Begleiter der jungen Frau lassen sich nicht abschütteln und folgen den Söldnern beharrlich, wenden schließlich selbst die verbotene Schattenmagie an. Auch Lea weiß zu überraschen: Die zerbrechlich wirkende Prinzessin erträgt tapfer ihr Schicksal und verwirrt Shadrael durch ihre Persönlichkeit und ihre Lichtmagie.
Schließlich muss Shadrael eine Entscheidung fällen: Soll er Lea zu Wordekai bringen, wie vereinbart, obwohl ihr Plan bereits durchschaut wurde? Oder darf er den ›Vindikanten‹ vertrauen, die ihm eine Seele versprochen haben, falls er ihnen die Prinzessin ausliefert?
Deborah Chester startete ihre Karriere als Autorin von Liebesromanen und versuchte sich schon bald auch in anderen Genres (teilweise unter den Pseudonymen Jay D. Blakeney und Sean Dalton). Sie schrieb u. a. Bücher zu Media-SF-Serien wie »Alien« und »Earth 2« sowie zahlreiche Fantasy-Romane. »Die Tränen des Lichts« ist ihr jüngster Titel, auf den ein zweiter und letzter Band, »Die Krone des Lichts«, folgen wird.
Man merkt dem aktuellen Buch an, dass die Autorin aus dem Romance-Bereich kommt – und damit schwimmt sie auf der vor allem bei Leserinnen derzeit beliebten Welle der Romantic Fantasy mit. Der Roman ist flüssig geschrieben und gut zu lesen, doch nach der Lektüre fragt man sich, was in der Geschichte eigentlich passierte, um rund 380 Seiten zu rechtfertigen, denn ein richtiger Höhepunkt fehlt. Die Handlung plätschert gemächlich vor sich hin, die Protagonisten reden und reflektieren viel, flirten, zanken und intrigieren, es wird auch hin und wieder gekämpft oder ein Anschlag verübt, doch alles ist so vorhersehbar, dass einfach keine Spannung aufkommen will.
Es fängt schon damit an, dass die Autorin auf den ersten Seiten sehr viel fabuliert und die Klischees vom öden Land mit seinem simplen, skrupellosen Lord sowie den schmutzigen, rauen Söldnern mit ihrem eiskalten Anführer bemüht. Eine düstere Atmosphäre soll erzeugt werden, aber das Setting wirkt viel zu harmlos. Außerdem kann sich Deborah Chester nicht für einen Kulturkreis entscheiden, sondern holt sich Anleihen bei den Römern, den Völkern des vorderen Orients, den Slawen und Chinesen. Selbst phonetisch lassen manche Termini erkennen, woher sie stammen und wofür sie stehen (z. B. Gault = Gott, Quai = Qui, Shadrael = gefallener Engel …); die Eigennamen weisen in Folge keine klare Linie auf.
Die Protagonisten entsprechen gängigen Archetypen und entwickeln keine individuellen Eigenarten: Shadrael ist düster, aber vor allem verzweifelt und nicht annähernd so böse, wie er sich gibt; natürlich sieht er sehr gut aus. Lea ist sein lichtes, hübsches Gegenstück, mutiger und stärker, als man annimmt, und sie erkennt sogleich, dass ihr Schicksal mit dem Shadraels verknüpft ist. Mit Ausnahme von Shadraels Zenturio bleiben die Söldner nahezu gesichtslos, und das gleiche gilt für Leas Rotröcke, unter denen vor allem der alte, treue Kämpe, der arrogante und ambitionierte Offiziers-Schnösel und der schmierige Mönch auffallen. Caelan und sein Hof haben nur geringe Handlungsanteile und bleiben blass. Über seinen Werdegang erfährt man ebenso wenig wie über den Feind im Hintergrund, der die Macht der Schattengötter restaurieren möchte.
Von daher bleibt alles sehr vage, die Handlung orientiert sich an bekannten Mustern. Das zentrale Thema ist die Beziehung von Shadrael und Lea, das Übrige nur schmückendes Beiwerk. Man fühlt sich ein wenig an »La belle et la bete« erinnert, denn Lea ist so tugendhaft wie jede gute Märchenprinzessin – weint sogar Perlen (der Titel!) –, und unter Shadraels schwarzer Rüstung verbirgt sich ein gequälter, schöner und ehrenhafter Adliger, der sich eine Seele wünscht, um wieder ein richtiger Mensch zu sein.
Mag man diese Art der zuckrig-romantischen Fantasy, dann wird man von »Die Tränen des Lichts« bestens unterhalten. Legt man hingegen Wert auf eine abwechslungsreiche, phantastische Handlung und originelle Charaktere, könnte der Roman eine Enttäuschung sein, denn mehr als eine Liebesgeschichte im Anfangsstadium mit ein bisschen Magie wird leider nicht geboten.