Robert A. Heinlein: Raumjäger (Buch)

Robert A. Heinlein
Raumjäger
(Have Space Suit – Will Travel, 1958)
Deutsche Übersetzung von Heinz Nagel
Heyne, 2014, Taschenbuch, 336 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-453-31628-7 (auch als eBook erhältlich)

Von Gunther Barnewald

Der im Original betitelte Roman „Have Space Suit – Will Travel“ aus dem Jahre 1958 ist eines von Heinleins bekanntesten und beliebtesten Jugendbüchern. Zwar verheißt das Cover, dass der Roman erstmals ungekürzt und vollständig in deutscher Sprache erscheint, aber es handelt sich hier um die Übersetzung von Heinz Nagel, die 1982 (beziehungsweise als Nachauflage 1983) unter der Nummer 06/3862 bei Heyne unter dem reißerischen Titel „Invasion der Wurmgesichter“ erschienen ist (nur dass die aktuelle Ausgabe der neuen Rechtschreibung angepasst wurde).

Erstmals erschien das Buch 1960 in Deutschland gekürzt unter dem Titel „Piraten im Weltraum“ und später (ebenfalls gekürzt) unter dem Titel „Kip überlebt auf Pluto“. Und da die Ausgabe von 1982/1983 noch die überaus wunderbaren Innenillustrationen von Lota Ponitka aufweist, sollte sich jeder Leser am besten diese Version besorgen, auch wenn das Titelbild damals nicht ganz optimal war.

Obwohl das wunderbare Jugendbuch nicht mehr ganz dem Zeitgeist entspricht und nicht zu Heinleins allerbesten Werken gehört (hier ist natürlich der grandiose Roman „The Red Planet“ von Heinlein zu nennen, sein sicherlich bestes Jugendbuch, oder der ebenfalls tolle Roman „The Door Into Summer“), so bietet es doch noch immer sehr viel Lesevergnügen. George R. R. Martin schwärmt heute noch immer von dieser Geschichte, die er in seiner Jugend las.

Bewundernswert an Heinlein sind auch hier wieder der flüssige Stil und die geniale Art des Autors, einen nahezu perfekten Spannungsbogen zu konstruieren, was sich beim vorliegenden Werk sehr deutlich studieren lässt.

Die überaus sturen und stolzen Charaktere (typisch Heinlein) sind dagegen nur bedingt goutierbar, jedoch die zehnjährige Peewee ist endlich einmal eine selbstbewusste weibliche Figur, die zwar nur eine Nebenrolle hat, in der US-amerikanischen SF der 50er aber schon fast ein Novum darstellte (lediglich Heinleins Kollege James H. Schmitz kann sich wirklich rühmen, hier die Klischees mehrfach durchbrochen zu haben).

Erzählt wird die Geschichte des jungen Clifford C. Russell, von allen nur Kip genannt, der gerade die High School abgeschlossen hat und die Sehnsucht nach dem Weltraum im Blut trägt. Als dann ein Seifenhersteller für einen guten Werbespruch einen Flug zur Mondstation auslobt, ist der junge Mann Feuer und Flamme. Leider gewinnt er stattdessen nur einen ausrangieren Raumanzug. Doch Kip ist begeistert über diese Stück Technologie, bringt es in Schuss und tauft ihn Oscar. Als dann bei einem seiner Ausflüge mit Oscar zwei UFOs auftauchen, gerät Kip in ein Abenteuer, welches ihn nicht nur zum Mond, sondern auch zum Pluto, auf die Wega und sogar in die Kleine Magellansche Wolke, also eine fremde Galaxis außerhalb der Milchstraße, bringt. Dort wird jedoch über das Schicksal der Menschheit verhandelt und nur Kip und Peewee können diese noch vor der Vernichtung retten...

Auch wenn Heinlein bei seinen Charakteren zu viel Schwarzweiß malt und Klischees bemüht (abgrundtief böse Aliens versus mütterlich supergute Aliens) und er zudem gegen Ende zu viele neue Themen anreißt (die Zeitreise ist völlig unnötig und wirft viel zu viele Fragen auf, etwa, warum die Menschheit dann nicht von Zeitreisenden genau überwacht, studiert und ihrer potentiellen Gefährlichkeit wegen im Auge behalten wird) und zweifelhafte Empfehlungen ausgibt (etwa bezüglich der neuen hochtechnologischen Erkenntnisse, welche die beiden Reisenden mit zurück bringen: würden diese nicht vielleicht mehr Unheil anrichten als helfen, so wie dies Jack McDevitt in seinem genialen Roman „Erstkontakt“ beschreibt); insgesamt ist das vorliegende Buch aber doch noch immer lesenswert.

Der hohe Spannungsgehalt, liebenswerte Eigenheiten der ansonsten eher sperrigen (aber sehr lebendigen) Charaktere, wie zum Beispiel Kips Gespräche mit seinem Raumanzug Oscar, welche ihm in einer Situation das Leben retten und die Rettung des treuen Anzugs vor der Zerstörung (fast kann man Oscar als eigene Person innerhalb der Geschichte werten, so wie den platten Basketball Wilson, der Tom Hanks im Hollywoodfilm „Castaway – Verschollen“ an die Wand spielte, sic!), machen auch die schlimmsten Querköpfe dann wieder liebenswert.

Sicherlich kein Meisterwerk, aber immer noch sehr lesbar und überaus empfehlenswert (wenn auch besser in der alten Heyne-Ausgabe wegen der tollen Innenillustrationen!).

Heinleins Jügendbücher in chronologischer Reihenfolge (in Klammern die meines Wissens nach letzte deutsche Publikation):

BL = Bastei Lübbe Taschenbuch

1947: Rocket Ship Galileo (dt. Reiseziel: Mond; BL 24293)
1948: Space Cadet (dt. Weltraumkadetten; BL 23220)
1949: The Red Planet (dt. Der rote Planet; BL 23214)
1950: Farmer in the Sky (dt. Farmer im All; BL 24286)
1951: Between Planets (dt. Zwischen den Planeten, BL 23263)
1952: The Rolling Stones (dt. Die Tramps von Luna; BL 24311)
1953: Starman Jones (dt. Gestrandet im Sternenreich; BL 24220)
1954: Star Beast (dt. Die Sternenbestie; BL 24163)
1955: Tunnel in the Sky (dt. Tunnel zu den Sternen; BL 23201)
1956: Time for the Stars (dt. Von Stern zu Stern; BL 23191)
1957: Citizen of the Galaxy (dt. Bewohner der Milchstraße; Heyne TB 06/3054)
1958: Have Space Suit – Will Travel (dt. Invasion der Wurmgesichter; Heyne TB 06/3862 bzw. aktuell als Raumjäger als Heyne 31628)

1963: Podkayne of Mars (dt. Bürgerin des Mars, Goldmann TB 23354)