Mead, Richelle: Blaues Blut – Vampire Academy 2 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 02. Juli 2009 01:00
Richelle Mead
Blaues Blut
Vampire Academy 2
(Frostbite)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Michaela Link
Titelillustration von Patricia Malina
Lyx, 2009, Paperback mit Klappenbroschur, 298 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8202-8
Von Irene Salzmann
Rose Hathaway ist eine Dhampir und besucht eine spezielle Schule, an der sie ausgebildet wird, um bald ihrer Berufung zur Wächterin nachgehen zu können. Ihr Wunsch ist es, Lissa Dragomir zugeteilt zu werden, einer Moroi-Prinzessin, mit der sie nicht nur durch Freundschaft sondern auch durch ein geistiges Band, das aber bloß in eine Richtung funktioniert, verbunden ist. Was einerseits sehr hilfreich ist, wenn Lissa Gefahr droht, kann andererseits zu peinlichen Situationen führen, denn Rose möchte nicht heimliche Beobachterin sein, wann immer Lissa mit ihrem Freund Christian Ozera zusammen ist.
Der beschauliche Alltag an der »Vampire Academy« nimmt ein jähes Ende, als eine Mordserie an Moroi alle Clans erschüttert. Das Überraschende daran ist, dass sich mehrere Strigoi – Vampire, die anders als die Moroi ihre Opfer töten, unsterblich und sehr stark sind, aber keine Magie beherrschen – zusammenschließen und Menschen benutzen, um die Verbrechen zu begehen; das hat es in der Geschichte noch nie gegeben. Die erwachsenen Moroi fürchten um das Leben ihrer Kinder und bringen sie in einem Ski-Camp in Sicherheit.
Dort lernt Rose den geheimnisvollen Adrian Ivashkov kennen. Er ist nur wenig älter und nicht wirklich sympathisch, aber etwas veranlasst sie, seine Einladungen anzunehmen. Anscheinend interessiert er sich auch für Lissa – aber warum? Sowohl Christian wie auch Mason Ashford, der gern mehr als nur ein Freund für Rose wäre, reagieren eifersüchtig.
Und auch Rose ist bekümmert. Zum einen grollt sie ihrer Mutter, dass diese ausschließlich ihren Pflichten als Wächterin nachkommt und nie für ihre Tochter da ist. Des Weiteren macht das Gerücht die Runde, dass einer der Trainer, Dimitri Belkov, in den Rose verliebt ist, die Academy verlassen und eine Beziehung zu der Moroi Tasha Ozera eingehen wird. Etwas Besseres könnte Dimitri nicht passieren, denn Dhampire vermögen nur mit einem Moroi Kinder zu zeugen. Um über Dimitri hinweg zu kommen, wendet sich Rose Mason zu.
Dann jedoch holt das Grauen die Schüler auch in ihrem Versteck ein. Ganz in der Nähe soll die Strigoi-Bande ihr Unwesen treiben. Zu den jüngsten Opfern zählt die Mutter der Moroi Mia Rinaldi. In einer Kurzschlussreaktion beschließen Mason, Mia und ein Klassenkamerad, den Feind anzugreifen. Als Rose merkt, dass die drei verschwunden sind, bittet sie Christian um Hilfe und folgt ihnen. Etwas Dümmeres hätten die Teenager nicht tun können – und sie zahlen teuer dafür …
Der zweite Band von »Vampire Academy« ist nicht ganz so komplex wie das erste Buch. Das liegt vor allem daran, dass man als Leser bereits mit dem Hintergrund vertraut ist und kein großer Erklärungsbedarf besteht. Was man wissen muss, lässt sich dem Prolog und der Handlung entnehmen. Allerdings gibt es auch nicht mehr gar so viele Problemstellungen: Lissa spielt lediglich eine Nebenrolle, Rose hat sich mit Christian arrangiert, es gibt keine miesen Schüler-Intrigen, der Konflikt mit der Mutter wird nicht unnötig ausgewalzt, Adrian bleibt vorerst eine Nebenfigur, die Beziehungen von Rose zu Dimitri und Mason entwickeln sich sehr langsam weiter.
In Folge hat man ein wenig das Gefühl, als würde die Autorin vor allem die Weichen stellen wollen für die kommenden Bände. Der Titel »Schattenträume«, unter dem der dritte Roman angekündigt ist, lässt vermuten, dass es darin um die magischen Kräfte von Lissa und Adrian gehen wird, deren Erforschung in »Blaues Blut« ebenso legitimiert wurde wie die bislang verbotene Benutzung der Magie als Waffe. Leider verrät das Buch auch diesmal nicht, warum Moroi und Strigoi seit Jahrhunderten verfeindet sind. Zwar versuchen die Strigoi, die Moroi-Clans und ihre Wächter auszulöschen und wenden neue Taktiken an, auf die ihre Opfer reagieren müssen, wollen sie überleben, aber das Warum bleibt schleierhaft.
Man kann bloß hoffen, dass die Autorin an anderer Stelle die Antworten auf alle offenen Fragen geben wird. Bis dahin bleiben die Strigoi ein relativ gesichtsloser Gegenspieler, der einfach nur als ›böse‹ und extrem gefährlich gilt, was man bedauert, denn die anderen Akteure werden ausführlich und differenziert beschrieben: Rose, die Hauptfigur, aus deren Sicht die Ereignisse geschildert werden, hat nicht nur ›gute‹ Eigenschaften, sondern bringt durch ihre aufbrausende Art regelmäßig vermeidbaren Ärger über sich, Lissa muss ihre psychischen Probleme in den Griff bekommen, das kleine Ekel Mia wächst auf überraschende Weise über sich hinaus – um einige Beispiele zu nennen.
Die großen und kleinen Konflikte sind so angelegt, dass sie die Handlung fortwährend in Fluss halten. Immer wieder liefern sie den Anstoß für eine neue Entwicklung und treiben die Geschichte in die gewünschte Richtung, auf den Höhepunkt am Ende des Buches zu. Dabei erhält man einen tiefen Einblick in das Denken der 17jährigen Rose. Sie und die anderen Figuren sind realistisch aufgebaut, ihre Motive und Reaktionen sind nachvollziehbar, keiner von ihnen mutiert zum Superhelden – sie bleiben Teenager mit allen bekannten Kümmernissen und sind auch auf die Hilfe dritter angewiesen.
Die Romanzen bleiben ›clean‹ und ergänzen die spannende Story, was eine wohltuende Abwechslung darstellt, denn die meisten Lyx-Titel rücken die Beziehungen in den Mittelpunkt und sparen nicht mit grafischen, oftmals deftigen Beschreibungen, sehr zu Lasten des eigentlichen Plots. Durch ihre anderen Schwerpunkte ist »Vampire Academy« auch für junge Leser empfehlenswert, die den Mix aus School-Soap, actionreiche Mystery und Romance mögen und durch Titel wie »Bis(s) zum Morgengrauen«, »Die Prophezeiung der Schwestern« oder »Tagebuch eines Vampirs« auf das phantastische Genre aufmerksam wurden.
Der zweite Band der Serie »Vampire Academy« bietet ein abgeschlossenes Abenteuer. Man muss den ersten Roman, »Blutsschwestern«, nicht kennen, um der Handlung folgen zu können, doch ist das Lesevergnügen ungemein größer, beginnt man mit diesem die Lektüre.
Die Geschichte um junge Vampire und ihre Wächter ist spannend und fesselnd, die Protagonisten sind sympathisch und können überzeugen, die Autorin schreibt flüssig und zieht in den Bann – »Blaues Blut« ist ein weiterer Pageturner von Richelle Mead.
Die Reihe wendet sich in erster Linie an ein weibliches Publikum ab 15 Jahren, das sich mit der Hauptfigur identifizieren kann, aber auch reifere Leserinnen und Leser werden bestens unterhalten. Dank einer intelligenten, abwechslungsreichen Handlung, welche nicht dem üblichen Schema vieler Paranormal Romances folgt, die zu sehr auf deftige oder ›cleane‹ Beziehungen fixiert sind, darf man »Vampire Academy« wärmstens empfehlen.